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Univ.-Prof. Gerhard Schickhofer, TU Graz © TU Graz

Das Potenzial ist riesig

Ein Artikel von Hannes Plackner | 11.02.2015 - 09:49
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Univ.-Prof. Gerhard Schickhofer, TU Graz © TU Graz

Einen interessanten Vortrag hielt Univ.-Prof. Gerhard Schickhofer anlässlich der Hundegger-Innovationstage Mitte Januar in Hawangen/DE. Der Grazer Forscher sprach über sein Spezialthema: Brettsperrholz.
Obwohl das globale Interesse wächst, ist BSP eine alpenländische Domäne: „90 % der BSP-Produktion stammen aus Mitteleuropa, zwei Drittel davon aus Österreich“, setzte Schickhofer die Maßstäbe.

So groß wie BSH

Das Potenzial für weiteres Wachstum ist enorm. Schickhofer hält es für möglich, dass BSP in der kommenden Dekade in ähnlichem Ausmaß wie BSH erzeugt wird. (Anm. d. Red.: Für den deutschsprachigen Raum erhebt der Holzkurier eine BSH-Produktion von 3 Mio. m³/J, s. Holzkurier Heft 40/2014. Das würde einer Versechsfachung der gegenwärtigen Brettsperrholz-Produktion gleichkommen).
Für den weiteren Boom sprechen die Vorteile von BSP (Vorfertigung, schneller Bau). In Hawangen betonte der Professor zudem die Baustellenlogistik in der Stadt. Je nach Objektgröße seien für einen BSP-Bau sieben- bis zehnmal weniger Transportwege als beim mineralischen Massivbau nötig.
Selbst bei der skizzierten Versechsfachung würde BSP übrigens ein Nischenbaustoff. Das Produktionsvolumen von Stahlbeton beträgt 12 Mrd. m³/J.

Normen auf allen Ebenen

Die Standardisierung zieht dem boomenden Baustoff nach. Die Brettsperrholz-Norm liegt derzeit noch zur Überprüfung vor, befindet sich aber kurz vor Umsetzung. Konkrete Auswirkungen wird die Aufnahme von Brettsperrholz in die EN 1995 haben. Der besser als „Eurocode 5“ bekannte Standard wird gegenwärtig überarbeitet. In dessen nächster Version sollen europaweit verbindliche Bemessungsgrundlagen für Brettsperrholz enthalten sein. Noch nicht abschätzbar ist der Termin der Veröffentlichung. Normenexperten rechnen mit einem mehrjährigen Bearbeitungszeitraum für den Eurocode 5.
Die Massivholzbauweise wird mittlerweile auch vom globalen Normenkomitee ISO/TC 165 Timber Structures behandelt, was seine wachsende Bedeutung unterstreicht.
Bemerkenswert ist, dass die BSP-Produktnormen Japans und in Nordamerika schon fertig sind, ohne dass es große Hersteller gibt.

Tipps vom Profi

Für die anwesenden Verarbeiter, von denen viele noch keine BSP-Erfahrung haben, hatte Schickhofer ein paar Ratschläge parat:
    Konstante Spannweiten verwenden. Der Bau wird einfacher und günstiger, wenn möglichst viele Räume mit derselben Weite überspannt werden. Im Wohnbau sind 5 m üblich.Als Decke eignet sich in der Regel eine fünfschichtige Platte mit 14 bis 20 cm Stärke.Als Wand eignet sich in der Regel eine fünfschichtige Platte mit 9,5 bis 10 cm Stärke.Öffnungen stets raumhoch planen - das spart Verschnitt.Bei BSP-Flachdächern eine zugängliche, zweite Ebene einziehen, um nachträgliche Reparaturen zu ermöglichenKeine auskragenden BSP-Elemente als Balkon verwenden, weil dieses Element zwei unterschiedlichen klimatischen Bedingungen und damit unterschiedlichen Nutzungsklassen ausgesetzt istAufpassen bei der Verwendung von Wärmedämm-Verbundsystemen. Der Naturbaustoff Holz und eine dichte EPS-Dämmebene sind ein Widerspruch. Es gibt gegenwärtig keine zugelassenen Systeme, die sich über Holz, Verbundsystem und Dämmung erstrecken.
Schickhofer betonte, dass Feuchteschutz und Holzphysik beim Brettsperrholz noch zu wenig beachtet werden. Wasser sei in der Gebäudehülle ebenso kritisch wie bei den Installationen.
„Die großen Themen im Holzbau sind nicht der Brand, sondern Feuchte, Gebäudehülle und Gebäudetechnik. Das gilt zumindest, wenn vom Geschosswohnbau die Rede ist“, brachte er es auf den Punkt.