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Frischeis-BSP-Team mit dem Holzbauverantwortlichen in Linz, Andreas Lexmüller (ganz re.) © Hannes Plackner

Da schau her!

Ein Artikel von Hannes Plackner | 02.10.2015 - 09:14
Rund 30 Besucher schlendern interessiert durch den Rohbau des Einfamilienhauses. Immer wieder streicht eine Hand über edle Holzoberflächen, die sich über Wände und Decken ziehen. Mit Handykameras werden Details festgehalten -etwa wie die Wände mit den Deckenelementen verbunden wurden oder sich die Elektro-Leerverrohrung durch die vorgefertigten Massivholzwände zieht.

Wir befinden uns in der oberösterreichischen Marktgemeinde Weyer, unweit des Nationalparks Kalkalpen. Die Linzer Filiale von Mitteleuropas größtem Holzhändler, der J. u. A. Frischeis-Gruppe mit Stammsitz in Stockerau, hat dorthin zum Tag der offenen Baustelle geladen. Auf einem Anwesen, etwas über der Enns, entsteht ein bemerkenswerter Brettsperrholz-Bau. 146 m2 Wohnfläche hat das Erdgeschoss, 65 m2 das Obergeschoss. Die Besonderheiten liegen in der feinen Oberfläche. Die Bauherren wollten das Holz sichtbar lassen. Wände werden weiß lasiert, behalten aber ihre Maserung. Die Decken erhalten nur einen farblosen UV-Schutzanstrich.

Dieser spezifische Wunsch nach sichtbarem Holz löste eine Reihe von Empfehlungen und Entscheidungen aus, die schlussendlich dazu führte, dass am Tag der offenen Baustelle Autos aus halb Mitteleuropa parkten. Denn der ästhetisch anspruchsvolle Bau wurde mit tschechischen Massivholzelementen von Agrop Nova, Ptení, umgesetzt. Und das zog sogar Interessenten aus dem Sauerland nach Weyer. Dreh- und Angelpunkt in diesem Bauvorhaben war aber auch Holzbauexperte Andreas Lexmüller von Frischeis. Aber der Reihe nach.

Der Kunde will Holz sehen
Das Haus der Familie Ritt-Wöhrenschimmel ist bemerkenswert. Sein Erdgeschoss wird auf drei Seiten mit einer Steinmauer verkleidet. Innen überwiegt der wärmere Naturbaustoff, das Holz.

Als Michael Sonnleitner von der ortsansässigen Zimmerei Leichtfried mit dem Projekt konfrontiert wurde, war er sich der Herausforderung bewusst. Insbesondere im Winter neigt Brettsperrholz zu Rissbildung. Er fragte daher bei Lexmüller nach, dem Holzbauverantwortlichen für die Frischeis-Niederlassung in Linz. Der kennt nicht nur die Herausforderungen bei Sicht-BSP, sondern hat auch die richtige Antwort parat gehabt.

Die Vorteile der Deckschicht
Frischeis hat in den vergangenen Jahren gezielt Kompetenz im Massivholzbau aufgebaut (s. Kasten). Der Händler vertreibt gegenwärtig BSP von drei Herstellern (Binderholz Bausysteme, Hasslacher Norica Timber, Novatop) an die Zimmereien. Damit ist man in der Lage, je nach Anforderung das richtige Produkt zu empfehlen. Im Falle des Hauses in Weyer waren es Novatop-Elemente aus Tschechien. „Bei Sichtoberflächen hat dieses Produkt große Vorteile“, schildert Lexmüller, der sich als gelernter Tischler, Zimmerer und Absolvent der Holztechnik-HTL Mödling mit edlem Holz perfekt auskennt.

Als Wandelemente empfahl der Frischeis-Experte Novatop-Solid-Elemente, die aus zwei verleimten Dreischichtplatten bestehen. Deren Deckschicht ist 9 mm stark und wird mit lediglich 8 % Holzfeuchte ausgeliefert. Damit schwinden die Decklamellen so wenig, dass es praktisch (Lexmüller: „zu 99 %“) keine Risse gibt. Der Aufbau aus zwei Dreischichtplatten bringt einen weiteren Vorteil bei der Elektroinstallation. Die Kanäle werden beim Hersteller noch vor dem Zusammenfügen der Dreischichtplatten eingefräst. Damit ist die komplette Plattenfläche bearbeitbar. Es gibt keine Restriktionen wie bei klassischem BSP, wo beim CNC-Abbund üblicherweise nicht tiefer als 50 cm in die Platten hineingebohrt wird. Da bei Novatop-Platten alle Elektrokabel problemlos im Inneren verschwinden, gibt es auch im Haus keine Vorsatzschalung.

Trotz dieser Argumente brauchte es noch einen Besuch in Deutschland, um die Bauherren restlos zu überzeugen. Als sie bei einem Tag der offenen Baustelle in Burghausen aber sahen, wie gut die Novatop-Oberfläche in der Realität aussieht, waren sie überzeugt. Damit ging die Arbeit für Lexmüller und das Frischeis-Holzbauteam erst los.

Plan hin, Bemessung zurück
Basis der weiteren Arbeit ist der Einreichplan, den der Zimmermeister an Frischeis Linz schickte. Dort wurde eine Vorbemessung errechnet. Frischeis verwendete dafür die Bemessungssoftware von Wallner Mild und ein Programm, das Novatop für die Dimensionierung seiner Decken zur Verfügung stellt.

Stichwort Decke: Dort kam kein Vollholz, sondern Hohlkastenelemente mit 24 cm Stärke zum Einsatz. Diese sind leichter und erlauben größere Spannweiten. Mit ihrer Untersicht aus Dreischichtplatten sind sie ebenso schön wie die Novatop-Solid-Wandelemente.

Auf Basis der statischen Vorbemessung von Frischeis wurde das verbindliche Angebot mit 3D-CAD-Plänen (Software Hsbcad) kalkuliert. Als vom Kunden grünes Licht kam, bestellte die Zimmerei Leichtfried die Massivholzelemente bei seinem vertrauten Frischeis-Ansprechpartner. Der Holzhändler schickte daraufhin die 3D-Pläne des Kunden an Agrop Nova. In der Arbeitsvorbereitung wurden die letzten Details festgelegt. Den Abbund erledigte eine moderne CNC-Portalbearbeitungsanlage von Hundegger. Die Innenwände wurden auf Gehrung geschnitten, was toll aussieht und bei Agrop Nova keinen Aufpreis kostete. Jedes Element wurde zum Schluss mit einem eindeutigen Code etikettiert.

Wenn alles passt, wie es soll
Der ausführende Zimmereibetrieb bekam also nicht nur die Holzelemente geliefert, sondern auch einen detaillierten Verlegeplan. „Die Elemente passten beim Versetzen exakt. Das funktionierte super“, lobt Zimmermeister Sonnleitner die Qualität des Zuschnitts. Dass die Decke sofort nach Verlegung begehbar ist, erleichtert den Bauablauf weiter.

Achtung bei Sichtoberflächen
Was bei der Arbeit mit Sicht-BSP akribisch eingehalten werden muss, sind die Sauberkeit und Sorgfalt auf der Baustelle. Hier darf der Elek­triker nicht mehr schnell eine Liste mit benötigten Kabeln auf der Wand notieren. Direkt nach dem Versetzen ist die Oberfläche heilig. Mitunter wird sie daher mit Planen verhüllt, um Verschmutzung zu vermeiden. Davon hält Sonnleitner wenig: „Wenn einer mit seiner Alulatte dagegenrennt, hab ich erst wieder eine Schramme drin.“ Kommt das oft vor? „Nicht mehr. Erfahrene Betriebe und deren Poliere wissen schon, wie sie mit Sichtoberflächen umzugehen haben“, ergänzt Lexmüller aus Erfahrung.

Noch eine Anmerkung für besonders detailverliebte Leser: Die Novatop-Solid-Elemente haben eine durchgehende Deckschicht. Bis zu 6 m ziehen sich die Lamellen dort ohne störende Keilzinkenverbindung. Bald wird Agrop Nova sogar bis zu 8 m lange Elemente ohne Zinkung anbieten. Bei den bis zu 12 m langen Novatop-Deckenelementen kann dagegen ein General-Keilzinkenstoß der unten liegenden Dreischichtplatte nötig sein. Das war auch in Weyer der Fall, fiel den anwesenden Baustellenbesuchern aber erst auf, nachdem sie von Alexander Pogner, dem österreichischen Agrop Nova-Vertreter, darauf hingewiesen wurden.

Sparsam und schöner
Neben der Topoberfläche waren bei der Wahl der Novatop-Elemente auch die eleganten Elektroinstallationen ausschlaggebend. „Novatop verwendet hier auch bessere Werkzeuge, als beim BSP-Abbund sonst üblich sind“, erklärt Lexmüller. Feine Details, wie etwa die angefaste Steckdoseneinfassung, belegen diese Detailverliebtheit.

Von der Kostenrechnung her seien die innen liegenden Kabelkanäle ebenfalls nicht zu unterschätzen. „Ich spare mir die Material- und Arbeitskosten für die Vorsatzschalung und bekomme mehr Nettowohnfläche“, betont Sonnleitner.

Ein weiterer Vorteil (den in dieser Form nur moderner Massivholzbau bietet): Wenn in ein paar Jahren eine zusätzliche Steckdose gewünscht wird, braucht man nur im CAD-Plan nachzusehen, wo ein Kabelkanal existiert. Dort wird gebohrt und schon gibt es einen zusätzlichen Auslass.

Vorfertigung ist auch bei den Deckenelementen möglich. Auf Wunsch werden die Kammern mit Wärmedämmung ausgefacht oder zum Schallschutz mit Kalkgrit gefüllt. Die Novatop-Elements können schon im Werk mit Leerverrohrung für einfache und effiziente Elektroinstallation versehen werden. In diesem Fall wird die obere Abdeckung nur angeheftet, damit sie für den Elektriker auf der Baustelle wieder zugänglich ist.

Nächstes Jahr wird eingezogen
Die Baustelle wurde Ende September begutachtet. Der Rohbau stand schon. Fenster, Böden und der komplette Innenausbau fehlten noch. Die Bauherren werden erst nächstes Jahr einziehen. Die Vorfreude darauf war ihnen aber schon jetzt anzusehen.

Geballte BSP-Kom­petenz des Handels

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Frischeis-BSP-Team mit dem Holzbauverantwortlichen in Linz, Andreas Lexmüller (ganz re.) © Hannes Plackner

Schon vor zehn Jahren erkannte die Frischeis-Gruppe den Trend zu Brettsperrholz und darin einen Markt, den man betreuen wollte. Das ist unüblich für einen Holzhändler, denn Brettsperrholz ist kein Produkt, das man wie OSB-Platten verkaufen kann. Daher wurden über Jahre Kompetenz, Mitarbeiter, Lieferantenbeziehungen und Softwareinfrastruktur aufgebaut. Allein in Österreich sind sechs Mitarbeiter mit diesem Produkt beschäftigt. Die Holzbauexperten kennen sich bei der statischen Vorbemessung ebenso aus wie in den Produktkatalogen der Lieferanten (Binderholz, Hasslacher, Agrop Nova) und natürlich beim Baustellenablauf. Heute ist der Massivholzbau bei Frischeis nicht mehr wegzudenken. Rund 2000 Projekte haben die Experten bereits abgewickelt. Der Schwerpunkt liegt – typisch für Brettsperrholz – in Österreich. Mit seinem weitverzweigten Filialnetz hilft Frischeis aber auch bei der Verbreitung der Massivholzbauweise in Osteuropa. Kunden von Frischeis haben den Vorteil, dass aus mehreren Herstellern das richtige Produkt ausgewählt wird und neben dem Massivholz auch alle anderen Holzprodukte geliefert werden können – bis hin zur Terrasse. Nicht zu unterschätzen ist auch die Unterstützung bei Bemessung und Kalkulation. Dadurch werden teure Fehler vermieden.
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Ein Besucher am Tag der offenen Baustelle betrachtet die Oberfläche der Novatop-Solid-Wandelemente genau (Anm. des Fotografen: nicht von der per Fisheye-Linse geschossenen Perspektive täuschen lassen: Alle Linien sind gerade - und die betrachtete Wand absolut senkrecht) © Hannes Plackner

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Perfekt vorgefertigte Elektroinstallation mit innen liegender Fräsung und angefaster Steckdosenöffnung © Hannes Plackner

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Erleichtert die Identifizierung: Jedes Brettsperrholz-Element wird mit einer © Hannes Plackner

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Dieses Einfamilienhaus in Weyer wurde für interessierte Besucher geöffnet © Hannes Plackner

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Geht nur mehr in Ausnahmefällen: Die Wände auf der Baustelle beschriften © Hannes Plackner

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Detail: Die BSP-Wände sind mit Stahlwinkeln am Schwellenholz befestigt © Hannes Plackner

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Sieht doch gut aus! BSP-Experte Andreas Lexmüller von Frischeis, Friedrich Leichtfried (Eigentümer der Dachdeckerei & Zimmerei Leichtfried), Bauherrin Karina Wöhrenschimmel und Zimmermeister Michael Sonnleitner (v. li.) freuen sich über den gelungenen Rohbau © Hannes Plackner