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Die Industrie 4.0 stand beim Kongress der Säge- und Holzindustrie im Mittelpunkt der Vorträge © Martina Nöstler

Chancen und Risiken

Ein Artikel von Martina Nöstler | 23.02.2016 - 08:19
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Die Industrie 4.0 stand beim Kongress der Säge- und Holzindustrie im Mittelpunkt der Vorträge © Martina Nöstler

Ist die Forst- und Holzindustrie bereit für die digitale Vernetzung? In vielerlei Hinsicht wird an der Digitalisierung der Daten gearbeitet, wie etwa die automatische Poltervermessung oder diverse ERP-Systeme in Sägewerken zeigen. Ebenso gibt es in den Sägewerken selbst reichlich Mess- und Steuerungssysteme, welche detaillierte Einblicke in die Produktionen und Abläufe geben. Sind jedoch alle Beteiligten bereit, sich in die Karten schauen zu lassen beziehungsweise die Daten im Sinne der digitalen Vernetzung weiterzugeben? Gefordert und betont wurde dies von allen Rednern in Würzburg. Wie transparent ein Unternehmen in Bezug auf Industrie 4.0 sein will, müsse jedes für sich entscheiden.

Tendenzen in der Sägeindustrie

Die Perspektiven für Sägewerke bis 2018 präsentierte Ulf Weber von Schwärzer & Partner, München, am Kongress der Säge- und Holzindustrie im Februar in Würzburg. Die Unternehmensberatung schickte 2014 über 800 Fragebögen an Betriebe mit einem Einschnitt zwischen 1200 und 2 Mio. fm/J aus, um eine Tendenz in der Branche zu ermitteln. Die Rücklaufquote betrug 6 %. „Anhand der Antworten lässt sich feststellen, dass rund ein Viertel der zur Verfügung stehenden Kapazitäten nicht genutzt werden“, resümierte Weber in seinem Vortrag. Im Vergleich zur vorigen Befragung ist die Reduktion etwas gleichmäßiger über die Größenklassen verteilt.
Bei den befragten Unternehmen ist bis 2018 eine moderate Mengensteigerung zu erwarten. Bei allen Größenklassen wollen rund 60 % auch in zwei Jahren genauso viel schneiden wie 2014. Während bei kleineren (<80.000 fm/J) und mittleren Sägewerken (bis 500.000 fm/J) jeweils rund ein Viertel der Befragten eine Mengensteigerung plant, sind dies bei Großsägewerken über 40 %.

Digitale Daten

Die Möglichkeit, den Materialfluss im Betrieb lückenlos mittels Software verfolgen zu können, ist Voraussetzung für eine weitere Digitalisierung im Sinne einer „Sägeindustrie 4.0“. Kleine Unternehmen kommen aufgrund ihrer geringen Größe und Komplexität der Produktion häufig ohne intensiven Softwareeinsatz aus. Dieser ist in Großbetrieben weitgehend Standard. Bei mittleren Sägewerken ist die Digitalisierung im Vergleich zum Bedarf am geringsten ausgeprägt, ergab die Befragung von Schwärzer & Partner. „Bei der Digitalisierung bieten sich noch viele Möglichkeiten, die Effizienz innerbetrieblich wie auch organisationsübergreifend zu verbessern“, erläuterte Weber.
Als größte Risiken für die Sägeindustrie 2018 nannten die Befragten Rundholzpreis und -verfügbarkeit, Überkapazitäten, Feuerversicherung, Wettbewerbsverzerrungen und Fachkräftemangel. Die größten Chancen sind der Ausbau kundenspezifischer Produkte und Dienstleistungen, der Ausbau der Veredelung, die Produktionskostensenkung, der Abbau von Wettbewerbsverzerrungen sowie die Optimierung von Struktur und Prozessmanagement angegeben. „Wenn, wie erwartet, das Angebot künftig stärker zunimmt als die Nachfrage, wird der Wettbewerbsdruck weiter steigen. Die Chanceneinschätzung zeugt von einer realistischen und auf die eigenen Möglichkeiten achtenden Sicht der Dinge“, erläuterte Weber den Kongressteilnehmern.

Fazit: kein Standardkonzept

„Bei der Industrie 4.0 gibt es kein Standardkonzept“, erklärte Manfred Schwärzer von Schwärzer & Partner. Jeder müsse sich selbst die kritische Frage stellen: Wo gibt es Defizite? „Prozesse zu optimieren und zu analysieren, ist auch für kleine und mittelgroße Betriebe richtig und wichtig. Die Verbände können mit Kongressen wie diesem lediglich eine Plattform zum Informationsaustausch bieten beziehungsweise Hilfestellung leisten“, meinte Steffen Rathke, DeSH-Vizepräsident und Sprecher der Plattform Forst und Holz, in der anschließenden Diskussion in Würzburg. „Wir können unser Potenzial nutzen und die Reserven mobilisieren“, zog AGR-Präsident Leonhard Nossol ein Resümee zum AGR- und DeSH-Kongress und meinte: „Industrie 4.0 ist appetitanregend. Es wird den Beteiligten aber schwerfallen, die Daten offenzulegen. Aber die Forst- und Holzindustrie müssen gemeinsam Defizite anpacken.“
„Für die Sägeindustrie gibt es keine ultimative Lösung. Fangen Sie in kleinen Schritten in Ihrem Unternehmen an. Es wird auch Rückschläge geben – lassen Sie sich davon nicht entmutigen“, ermunterte DeSH-Präsident Carsten Doehring die Teilnehmer.
Insbesondere in der überbetrieblichen Vernetzung beziehungsweise Öffnung – vom Wald bis zum Kunden – liegen auf jeden Fall hohe Potenziale, die es zu nutzen gilt.