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Ausgangsware sind günstige Seitenbretter © Hannes Plackner

Blockverleimt: Verwertung statt Verschnitt

Ein Artikel von Hannes Plackner | 05.05.2015 - 17:09
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Weinigs stumpf gestoßene Blockverleimung bringt Vorteile von Ausbeute über Qualität bis Logistik © Hannes Plackner

Die Holzverarbeitung hat seit jeher ein geometrisches Problem. Aus dem runden Stamm sollen rechtwinkelige Produkte entstehen. Das resultiert – je nach Technologie – schon im Einschnitt in Ausbeuten von nur 50 % bis maximal 70 %. Zudem fällt ein kaum gefragtes Koppelprodukt an: die Seitenware. Bei der Weiterverarbeitung wird aufgrund von Ästen, Rissen und Faserabweichungen weiter fleißig ausgekappt. Am Ende bleibt vom Stamm gar nicht mehr viel übrig, was als Massivholz verwendet werden kann. Das könnte sich nun ändern. Der deutsche Maschinenbauer Weinig hat sein patentiertes System der „stumpf gestoßenen Blockverleimung“ zur Marktreife entwickelt. Bei den Holzwerken Pröbstl im bayerischen Fuchstal kommt es erstmals zum Einsatz. Der Block ist dort das Zwischenprodukt bei der Mittellagenfertigung. Klingt unspektakulär und doch bringt es Vorteile von der Sägelinie bis zur Plattenpresse. Der Holzkurier das System im Praxiseinsatz begutachtet. Das Fazit vorab: Diese Technologie bringt nicht einfach nur bessere Ausbeute, sie öffnet ganz neue Möglichkeiten in der Holzverarbeitung.

Blick in Pröbstls Werkshalle

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Der Begutachter wirft einen strengen Blick auf die Lamellen - so krumme Ware, wie am Querförderer daherkommt, wird mit einem Trennschnitt gefügig gemacht © Hannes Plackner

Um das Prinzip Blockverleimung zu verstehen, folgen wir am besten einem Brett Seitenware in Pröbstls neuer Mittellagenfertigung. Unser Stück Holz ist kein besonders schönes. Die 5 m lange besäumte Seitenware ist – wie bei Starkholz typisch – von Flügel- und Ausfallästen geprägt. Wo keine Äste stören, ziehen sich die Jahrringe liegend durch das Brett. Es misst im Querschnitt 23 mm mal 20 cm. Da es später in der Massivholzplatte für Innenanwendung vorgesehen ist, wurde es auf 8 % Holzfeuchte heruntergetrocknet. Nachdem es einige Wochen auf Lager lag, kommt Bewegung ins Paket. Ein Stapler setzt es auf die Kippentstapelung. Dort rutscht die Lage mit unserem Exemplar ab. Dieses biegt sich sofort krumm. Doch schon im nächsten Moment geht es in den Egalisier- und Trennhobel. Der Weinig Powermat P2400 zieht das Brett ein, bringt es mit schwimmenden Wellen und minimaler Spanabnahme auf eine uniforme Stärke. Abschließend wird die Lamelle mittig aufgetrennt. Es wartet der Beurteiler. Mit einer Fluoreszenzkreide markiert er etwa Waldkanten, Harzgallen, stirnseitige Einrisse. In unserem Fall zeichnet er lediglich einen Trennungsschnitt an, um die nach wie vor starke Krümmung auszugleichen. Die zahlreichen Äste im Brett sind egal.
Nun kommt die Lamelle auf die Kappstrecke. Dort werden die Kreidestriche gescannt. Auf Basis dessen berechnet die Weinig-Steuerung in Sekundenbruchteilen die idealen Teilstücklängen. Mindestens 30 cm müssen die Teile messen. Berücksichtigt wird auch, wo später im Block die Stöße liegen. Nebeneinander ist nicht erlaubt.
Unsere Lamelle wird bei der Markierung und 43 cm vor dem Brettende getrennt. Die einzelnen Stücke sind nun erstens wesentlich weniger gekrümmt und passen zweitens zentimetergenau in die 6 m lange Lagenformung. Dort wird gewartet, bis eine Länge komplett vorliegt. Im Beispielsfall besteht diese aus sieben stumpf gestoßenen Einzelteilen. Eine Keilzinkung ist nicht nötig. Diese Methode hat Weinig patentiert.
Ein Schieber befördert die Hölzer durch einen Leimvorhang. Im 8 mm-Abstand werden Raupen mit HB S-Klebstoff von Henkel Purbond aufgebracht. Die Menge ist mit 60 g/m2 minimal. Sekunden später ist die beleimte Lamelle in der Presse. Die Weinig Profipress C6100 bringt den Lamellenstrang in die Senkrechte, presst horizontal und vertikal an, drückt stirnseitig, um die Stöße zu schließen, und bringt den endgültigen Pressdruck auf. Bei Erreichen der gewünschten Blockhöhe wird eine Nullfuge, also eine nicht beleimte Lamelle eingefahren. Unser Beispielstück härtet bereits beim waagrechten Weitertransport zu einem Block aus. Die Presszone, in der die Lamellen unter Druck gehalten werden, ist 4 m lang. Der Vorgang dauert 10 bis 20 min. Das Resultat ähnelt einem BSH-Träger mit dünnen Lamellen. Es wird mit einem Vakuumheber gestapelt.

Stehende Jahrringe, feste Äste

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Die fertige Mittellage, in der selbst große Äste problemlos verarbeitet wurden © Hannes Plackner

Der Block ist bei Pröbstl Ausgangsprodukt für die Mittellagenfertigung. Dafür wird er erneut per Kippentstapelung vereinzelt und dem Hobel- und Spaltautomaten Powermat 2500 zugeführt. Der hobelt den Rohling auf allen vier Seiten und trennt ihn mit einer horizontal schneidenden Doppelwellenkreissäge auf. Sieben Kreissägenblätter verarbeiten den Block zu acht Mittellagen. Beim Holzkurier-Besuch war eine asymmetrische Sägenanordnung in Verwendung. Die sechs oberen Lagen waren 8,5 mm stark, die beiden unteren 25 mm. Unsere krumme und astige Ausgangslamelle findet sich damit in acht tadellos verleimten Mittellagenbrettern wieder. Abschließend werden die Lamellen bei Pröbstl manuell sortiert und auf Länge gekappt. Die Mittellagen kommen in der eigenen Dreischichtplattenfertigung zum Einsatz oder werden weiterverkauft.

Pröbstl: „Mindestens 10 % bessere Ausbeute“

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Dr. Otto Leible und Richard Rister (Weinig) posieren mit Irmi, Elisabeth und Helmut Pröbstl vor der neu entwickelten Profipress?C?6100 © Hannes Plackner

Seit 1987 werden in Fuchstal Dreischichtplatten erzeugt. Der Familienbetrieb hat also Erfahrung, ist aber gegenüber Innovationen nicht abgeneigt. Als die bestehende Anlage 2013 von einem Feuer beschädigt wurde, entschied man sich für Weinigs stumpf gestoßene Blockverleimung. Nach den ersten Wochen im Betrieb kann Vertriebsleiterin Elisabeth Pröbstl abschätzen, ob die hohen Erwartungen eingehalten wurden. „Absolut. Wir haben eine um mindestens 10 % höhere Ausbeute als mit einer herkömmlichen Stäbchen-Mittellage“, erklärt sie. Die Vorteile ziehen sich durch das ganze Werk. Beim Starkholzeinschnitt wurde etwa von 23 mm auf 30 mm starke Seitenware umgestellt. Das verbessert die Produktivität im Sägewerk und bei der Blockproduktion. Weiters ging der Personalaufwand der Mittellagenfertigung zurück. „Biegefestigkeit und Verleimqualität des Endprodukts sind ebenfalls besser“, ergänzt Geschäftsführer Helmut Pröbstl.
Von der Kapazität her sind die oberbayerischen Holzwerke auch gut ausgestattet. Mit 12.000 m3/J Einschichtleistung ist dieser Schritt auf absehbare Zeit kein Flaschenhals mehr. Weiters bringt die patentierte Weinig-Technologie eine verbesserte Betriebssicherheit. Die Blöcke können vorbereitet und auf Lager gelegt werden. Erst direkt bei der Herstellung wird die Dimension des Endprodukts bestimmt. In einem Arbeitsgang sind – wie in unserem Beispiel – gleich mehrere Querschnitte herstellbar. Ein weiterer Aspekt wird von Elisabeth Pröbstl mit spürbarer Freude aufgenommen. Die Vertriebsleiterin muss keine Seitenbretter mehr verkaufen. „Seitenware aus Starkholz ist schwierig zu veräußern. Mit der Blockverleimung veredeln wir sie jetzt selbst“, betont sie. Mehr noch: Da mit der Anlage schlechte Qualitäten zu einem hochwertigen Produkt veredelt werden können, erwirbt sie nun bei anderen Werken die günstigere Ware, neben Seitenbrettern auch Ausschussware von BSH- und Duo-/Trioproduzenten.

Leimanteil nur knapp über einem halben Prozent

Bleibt die Frage nach der Wirtschaftlichkeit einer solchen Investition. Mindestens 10 % mehr Ausbeute sprechen natürlich für sich. Höhere Flexibilität, bessere Qualität und produktionstaktische Vorteile sind schwerer zu beziffern, aber nicht weniger wichtig. Die Produktionskosten sollten ebenfalls überschaubar sein. Mit 60 g/m2 wird nur halb so viel Leim wie bei einer BSH-Herstellung verbraucht. Bei einer Schichtstärke von 30 mm befinden sich im Block 2 kg/m3 PUR-Klebstoff. Das entspricht gewichtsbezogen einem Leimanteil von 0,57 %, Bei 23 mm-Seitenware sind es 0,75 %. In Summe erwartet Elisabeth Pröbstl, dass sich die Blockverleimung in der Mittellagenfertigung binnen drei Jahren amortisiert. Wer Näheres über eine der wenigen echten Innovationen in der Massivholzverarbeitung erfahren will, dem ist ein Besuch auf der Ligna empfohlen. Weinig Concept-Geschäftsführer Dr. Otto Leible und sein Team stellen dort das patentierte Verfahren mit ersten Praxiserfahrungen vor.

Maßgeschneiderter Holzquerschnitt

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Beispiele für Blockaufbau und -auftrennung © Weinig

Der Block wird in der patentierten Weinig-Technologie mit Stumpfstoß an die Endnutzung angepasst. Damit ist eine zielgenaue „interne Optimierung“ möglich. Simpelste Anwendung ist die Verleimung vollflächiger, stumpf gestoßener Lamellen, wie sie etwa bei der Mittellagenfertigung eingesetzt wird. Um den Verschnitt zu minimieren, summiert sich die Länge der Einzelteile immer genau auf die Blocklänge. Dafür ist hinter der Kappsäge eine Aus- und Einschleusstation vorgesehen. Das funktioniert ebenso automatisch wie die Positionierung der Stöße, welche einen Mindestabstand im Block nicht unterschreiten dürfen.

Bei der Blockformung lassen sich auch Fremdlamellen zugeben. Denkbar sind etwa keilgezinkte Hölzer für die äußeren Lagen oder andere Holzarten.

Möglich ist ebenfalls die Verwendung eingeschlitzter oder genuteter Lamellen. Damit wird der Block für seine Endanwendung voroptimiert. Statik und Dämmwirkung lassen sich etwa verbessern. Werden diese Blöcke mit halbseitig eingreifenden Kreissägeblättern aufgetrennt, entstehen stufenförmige Elemente. Diese könnten als Holz sparende Mittellage bei der Brettsperrholzproduktion eingesetzt werden. Weinig nennt diese Technologie „Resortec“. Hinter der Blockverleimung steckt eine Menge Entwicklungsarbeit. Weinig hat sich diese patentieren lassen. Die Technologie zur Anfertigung von stumpf gestoßenen Blöcken gehört den Tauberbischofsheimern.

Die Vorteile der Technologie lauten zusammengefasst:
– höhere Ausbeute und Wertschöpfung – Veredelung minderwertiger Holzsortimente in hochwertige, dimensionsstabile Produkte
– neue Erzeugnisse durch Hybridblöcke –
Variabilität und Flexibilität, da Aufbau und Dimension des Blocks an künftige Anforderungen angepasst werden können
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Weinig Profipress?C?6100: Die Einkanal-Presse mit liegendem Lamellenstrang wurde eigens für die Blockverleimung entwickelt © Weinig

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Ausgangsware sind günstige Seitenbretter © Hannes Plackner

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Die beleimten Lamellen werden vor dem Verpressen aufgerichtet © Hannes Plackner

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Das Endprodukt: die verleimten Mittellagen © Hannes Plackner