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Eingang "Re Teodorico": Der Eingangscontainer zur Messe war durch einen Hinterhof erreichbar © Holley

Legno & Edilizia

Blick nach Süden

Ein Artikel von Dagmar Holley | 01.03.2017 - 09:45
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Eingang "Re Teodorico": Der Eingangscontainer zur Messe war durch einen Hinterhof erreichbar © Holley

Die Legno & Edilizia – in Deutsch: Holz und Bauhandwerk – in Verona zählt zu den wichtigsten Holzbaumessen Italiens. Rund 35 von mehr als 150 ausstellenden Unternehmen kamen aus dem Ausland, vor allem aus Österreich und Deutschland. Nur wenige ihrer Geschäftsführer sind nach Verona gereist. Manchmal waren nicht einmal deutschsprachige Vertreter zu finden. „Wer den Italienern etwas verkaufen will, muss ihre Sprache können und ihre Mentalität kennen“, hörte man von deutschsprechenden Vertriebsmitarbeitern.
Rund 20.500 Besucher zählten die Veranstalter zwischen 9. bis 12. Februar. Die im Zwei-Jahre-Rhythmus stattfindende Messe wandte sich gleichermaßen an das allgemeine wie das Fachpublikum. Die Bandbreite der Aussteller deckte die gesamte Holzbranche und ihre Zulieferer ab: vom Holzhändler über Dachsysteme, Fenster und Türen bis hin zu Maschinen und Software. Der Eintritt war kostenlos, nur eine Registrierung war erforderlich. Viele Schulklassen nutzten die Möglichkeit, einen Einblick in die Holzwirtschaft zu bekommen – und trieben so die Besucherzahlen hoch. Zwei Hallen füllte die Messe. Ein paar Wochen später – von 8. bis 11. März – findet im 160 km entfernten Mailand schon die nächste große Messe der Baubranche statt: die Made Expo. Viele Unternehmen entschieden sich, nur an einer der beiden Veranstaltungen teilzunehmen.

Holz: schnelle Verfügbarkeit gefragt

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Reges Interesse am Messestand der Pfeifer-Gruppe © Pfeifer Timber

Die Pfeifer-Gruppe, Imst, war in Verona mit einem großen Messestand vertreten. An acht Standorten in Österreich, Deutschland und Tschechien erzeugt das Unternehmen neben Schnittholz, verleimten Massivholzprodukten und Palettenklötzen auch Biobrennstoffe und Biostrom aus Rundholz. Geschäftsführer Michael Pfeifer war persönlich vor Ort. „Mit rund 100 Mio. € Umsatz im vergangenen Jahr spielt Italien für die Pfeifer-Gruppe eine ganz besondere Rolle, die in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden soll. 2017 planen wir eine Steigerung um 10 %. Der Trend geht auch in Italien klar zu mehr Nachhaltigkeit und Leistbarkeit - mit Holz geht beides. Darauf bauen wir in den Bereichen Holzbau und Biobrennstoffe auf“, informierte der Geschäftsführer.
Im vergangenen Jahr sei man mit der Absatzentwicklung zufrieden gewesen, pflichtete Christian Webhofer, Verkaufsleiter Mittel- und Süditalien, bei. „2017 hat gut begonnen – in allen Produktsegmenten sind wir über den Vorjahresniveaus. Verpackung und Pellets laufen ebenfalls gut. Die Italiener schätzen die schnelle Verfügbarkeit des österreichischen Holzes“, sprach Webhofer aus Erfahrung.

Nord-Süd-Gefälle im Holzhandwerk

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Der Tilly-Italienverantwortliche Klaus Platzgummer freut sich über eine steigende Nachfrage nach Massivholzplatten © Holley

Österreichische Massivholzplatten sind in Italien ebenfalls gefragt. Tilly Massivholzplatten, Althofen, liefert Ein- und Mehrschichtplatten hauptsächlich an den Plattenhandel.
„Ab 2008 hatten wir eine schwierige Marktentwicklung“, berichtete Klaus Platzgummer, der Italienverantwortliche von Tilly. „Im vergangenen Jahr lief es endlich wieder besser, etwas Stabilität ist eingekehrt. Wir schauen guter Dinge ins Jahr 2017“, sagte Platzgummer.
Die Nachfrage nach Holz werde stärker, ebenso werde das Thema Holzbau vermehrt thematisiert. „Die Holzkultur und das Holzhandwerk kommen aus dem Norden. Hier dringt es in kleinen Schritten vorwärts. Italien ist ein wichtiger Markt, aber mit Ländern, wie Österreich, Deutschland und der Schweiz, kaum vergleichbar“, wusste der Tilly-Mitarbeiter aus langjähriger Erfahrung.

Mehr Anbieter, weniger Abnehmer

Dies bestätigte auch Peter Pürrer, der als Vertriebsrepräsentant von VM Holz und RZ Pellets, Vöcklamarkt, in Verona war. Er erwartet sich mehr vom italienischen Holzbau: „Die Messe nennt sich Legno & Edilizia, aber das ‚Edilizia‘ fehlt noch vielerorts.“ Als Holzindustrie müsse man breit aufgestellt sein und flexibel bleiben.
Wichtige Märkte – neben Italien auch die Levante – würden zunehmend unbeständig: „Italien ist ein wichtiger Markt für Österreich, da wir den Vorteil der kurzen Transportwege und dadurch der geringeren Kosten haben. Allerdings wächst die Zahl der Anbieter. Auch die Skandinavier drängen immer mehr auf den italienischen Markt. Die Abnehmer hingegen werden weniger. Es wird enger.“
Mit der Nachfrage nach Pellets hingegen war Pürrer in diesem Winter sehr zufrieden. „Nach den milden Wintern der vergangenen Jahre konnten wir den Absatz hier wieder wesentlich steigern. In der kommenden Saison plant RZ Pellets eine weitere Absatzsteigerung in Italien. In den vergangenen Jahren haben wir auf fünf Produktionsstandorten in Österreich unsere Kapazitäten kontinuierlich ausgebaut. In Italien sind wir aufgrund der langjährigen Marktpräsenz ein anerkannter und willkommener Lieferant für Qualitätspellets“, informierte Pürrer.

Sonderinitiative „Heizen mit Holz“

Nach einigen milden Wintern haben viele italienische Familien zu wenig Pellets eingelagert. Nun werden die Vorräte knapp, die italienischen Produzenten können den Bedarf nicht decken – ein weiterer Grund, warum die österreichischen Presslinge hier so gefragt sind. Die Messeveranstalter reagierten darauf mit der Sonderinitiative „Heizen mit Holz und Pellets“ und luden Hersteller aus ganz Europa ein. Neben Unternehmen aus Italien und dem deutschsprachigen Raum reisten Vertreter aus Rumänien, Griechenland und Norwegen an, um ihre Presslinge zu vermarkten. Wie in Österreich gibt es in Italien Förderungen, die den Umstieg auf Pellets schmackhaft machen sollen.

Steuervergünstigungen für 4.0

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Luca Dal Bianco, Geschäftsführer Hundegger Italien, und Wolfgang Piatke, Hundegger-Vertriebsleiter (v. li.), präsentierten die Robot-Solo © Holley

Keine Förderungen, sondern großzügige Abschreibungsmöglichkeiten – „ammortamenti“ – gibt es für Investitionen, die italienische Betriebe Industrie 4.0-reif machen. Luca Dal Bianco, Geschäftsführer von Hundegger Italien, schlug den Begriff extra nach, um sicher zu gehen. Die Steuererleichterungen seien massiv erhöht worden. Unternehmen, wie Hundegger, profitieren davon.
„Wir sind noch nicht ganz aus der Krise, aber es geht uns wieder wesentlich besser als noch vor zwei, drei Jahren“, so Dal Bianco. „Nur wenn unsere Kunden genug Arbeit haben, können wir neue Maschinen verkaufen“, erklärte Wolfgang Piatke, Vertriebsleiter von Hundegger, Hawangen/DE, der eigens aus Deutschland angereist war.
Während früher hauptsächlich die Dachstühle aus Holz gefertigt wurden, beginnen nun viele Unternehmen, Häuser komplett aus Holz zu bauen. Vergangene Erdbebenkatastrophen hätten jedoch gezeigt, dass man noch mehr Aufmerksamkeit auf Planung und Konstruktion legen müsse.
In Verona präsentierte Hundegger seine Robot-Solo. Die Maschine zeichnet sich durch hohe Flexibilität bei geringem Platzbedarf und niedrigen Kosten aus. Alle im Zimmereiabbund gängigen Bearbeitungen können damit ohne Umkanten oder Wenden in einem Durchlauf gefertigt werden.

Mobile Helfer aus Deutschland

Mobile Maschinen und Elektrowerkzeuge zur Holzbearbeitung, insbesondere für das Zimmerei- und Schreinerhandwerk, bietet Mafell, Oberndorf/DE. Mit anerkannter Werkstoff- und Technologiekompetenz sowie gelebtem Qualitätsbewusstsein stellt man Produkte her, die den Anwender mit Leistung, Präzision und Langlebigkeit überzeugen, informiert das Unternehmen.
Nico Pfisterer, Mafell-Vertriebstechniker, präsentierte am Messestand stolz die Werkzeuge mit dem roten Schriftzug. Sägen, bohren, schleifen, hobeln und fräsen – sämtliche Holzbauarbeiten, die auf der Baustelle anfallen, sind damit möglich. Sogar eine mobile Zapfenfräse hat man im Sortiment. Als gelernter Zimmermann, der sowohl in Deutschland als auch Italien gelebt hat, kennt Pfisterer die Mentalität und die Besonderheiten des italienischen Holzbaus. „Sowohl die Ansprüche als auch die Verarbeitungsgewohnheiten sind andere als im deutschsprachigen Raum. Traditionell werden hier andere Holzverbindungen verwendet und auch Verbundsysteme häufiger genutzt. Italien ist kein einfacher Markt. Viele Kleinunternehmen klagen über finanzielle Probleme“, berichtete Pfisterer. Mafell glaube an den italienischen Markt und arbeite intensiv daran, ein Netz von Partnerhändlern aufzubauen, um wieder an das Niveau des einst starken Marktes anzuknüpfen.

Erinnerung an bessere Zeiten

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Andrea Pallaver von hsbcad Italien gab Einblicke in die Möglichkeiten der Software © hsbcad

„Die Zeit der großen italienischen Messen ist vorbei“, erzählte Hans Pallaver ein bisschen wehmütig. Seit Kurzem ist der ehemalige hsbcad-Italienvertreter in Pension. Auf der Legno & Edilizia unterstützte er seinen Sohn, Andrea Pallaver, der das Unternehmen erfolgreich weiterführt. Mit seiner jahrelangen Erfahrung in der Branche kann er sich noch an Zeiten erinnern, in denen die Geschäfte besser liefen.
„Die Lage in Italien ist schwierig, besonders in der Bauwirtschaft. Viele Baufirmen sind pleitegegangen. Es werden kaum neue Unternehmen gegründet“, sagte Pallaver. Dennoch lässt ihn der Trend der vergangenen zwei Jahre wieder positiv in die Zukunft blicken. Pallaver sieht weiterhin gute Chancen für den Holzbau: „Die Holzbaubranche ist einer der Wirtschaftszweige, die erfreulich laufen. Das gibt Anlass zur Hoffnung.“ Software zu verkaufen, sei schwieriger geworden, da viele Unternehmen Neuinvestitionen zurückstellen. Besonders Projekte, bei denen es um Brettsperrholz (BSP) geht, laufen laut Pallaver aber gut. Bei zahlreichen namhaften Herstellern, wie Hasslacher, KLH, Mayr-Melnhof, Stora Enso oder Xlam Dolomiti, sei man mit der Software vertreten.
Nach wie vor ist Pallaver überzeugt vom hsbcad-Konzept, welches AutoCAD Architecture als Plattform nutzt: „Alles funktioniert wie es soll, problemlos und wunderbar.“

„Aufgehellte Stimmung“

Die Programmmodule von Dietrich‘s, Neubiberg/DE, sind speziell für den Holzbau entwickelt. Fachgerechte Funktionen unterstützen bei der Erstellung von Profilen, bei Dachausmittlung und Schiftung. Im Holzbauprogramm werden Pläne automatisch für den Handabbund bemaßt, Bauteile nummeriert und längenoptimierte Zuschnittlisten erstellt.
Wolfgang Eppler, Zimmermeister und Vertriebsleiter von Dietrich‘s, betonte die Sprach- und Normenneutralität der Software. Seit acht Jahren werde das gleiche Sicherheitskonzept angewandt, sieben Statiknormen seien integriert. Das Programm sei auch in Italienisch erhältlich.
„Die vergangenen Jahre waren schwierig, aber seit zwei bis drei Jahren spüren wir wieder einen Aufschwung. Obwohl es einen deutlichen Rückgang bei großen Investitionen gegeben hat, haben wir einen guten Zuwachs an kleinen Betrieben“, meinte Eppler und sprach, wie viele andere, von einer aufgehellten Stimmung in der italienischen Holzbranche.
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Mehr als 20.000 Besucher zählten die Veranstalter an den vier Messetagen © Holley

Zuversicht auf höchstem Wert seit neun Jahren: Die Stimmung in den italienischen Unternehmen ist so gut wie schon lange nicht mehr. Der Indikator für das Unternehmensvertrauen in der Industrie notierte im Februar bei 106,3 Punkten (Basis 2010=100), um 1,3 Punkte über dem Januarwert und 4,5 Punkte über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres, zeigen Istat-Daten – der höchste Wert seit Februar 2008. Der Indikator für das Unternehmensvertrauen im Baugewerbe lag wie im Vormonat bei 123,9 Punkten, um 4,6 Punkte über dem Februar des Vorjahres.