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Broschüre "Baumartenwahl im Gebirge" - Herausgeber: Amt der OÖ Landesregierung © Amt der OÖ Landesregierung

Baumartenwahl im Gebirge

Ein Artikel von Dr. Otto Moser | 24.02.2015 - 15:00
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Broschüre "Baumartenwahl im Gebirge" - Herausgeber: Amt der OÖ Landesregierung © Amt der OÖ Landesregierung

Die Broschüre „Baumartenwahl im Gebirge“ des Oberösterreichischen Landesforstdienstes wurde am 13. Januar mit begleitenden Vorträgen im Agrarbildungszentrum Salzkammergut in Altmünster vorgestellt. Darin werden Ratschläge und Tipps zur standortgerechten Waldbewirtschaftung in Kalkgebieten angeführt. Die Grundlagen für alle waldbaulichen Maßnahmen müssen eine umfassende Kenntnis und Berücksichtigung der standörtlichen Situation sein. Das gilt für das Kalk- und Dolomitgestein, wo die Bodenverhältnisse oft auf kleinstem Raum wechseln, in besonderem Maße. Eingangswerte für die Standortbestimmung sind Grundgestein, Seehöhe, Geländelage, Gründigkeit des Bodens und Exposition. Die Bodenvegetation kann bei der Standortansprache wertvolle Dienste leisten.

Empfindliche Humuskarbonatböden

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Auf Rendzina-Böden ist der Humus entscheidend für den Wasser- und Nährstoffhaushalt © Amt der OÖ Landesregierung

Der Humus stellt auf den Rendzina-Böden die hauptsächliche Basis für das Baumwachstum dar. Die Wasserspeicherung und die Versorgung mit Nährstoffen werden durch die Art und die Mächtigkeit des Humus bestimmt. Unter dem Schirm eines Baumkronendaches geht der Humusabbauprozess langsam vor sich und frei werdende Nährstoffe können von den Baumwurzeln genutzt werden. Dagegen verläuft die Humuszersetzung nach Kahlhieb, Windwurf mit Beschädigung der Bodendecke oder unpfleglicher Holzernte sprunghaft schnell ab. Außerdem fließen die frei werdenden Nährstoffe mit dem Niederschlagswasser ungenutzt ab. Direkte Sonneneinstrahlung in südseitiger Lage und Abschwemmung des Bodens bei zunehmender Geländeneigung bewirken auf empfindlichen Standorten eine radikale und nachhaltige Schädigung des Bodens.
Da Rendzina-Böden keinen oder nur einen recht geringen Lehmanteil haben, „leben“ sie praktisch von dem, was über den Streuabfall laufend nachgeliefert wird. Laubbäume und Tanne wirken sich auf die Humusbildung günstig aus, die Nadelstreu der Fichte ist schwerer zersetzbar und führt insbesondere in Reinbeständen zu ungünstigeren Humusformen.

Mischbaumarten stabilisieren den kalkalpinen Bergwald

Die wichtigsten Baumarten im Kalkalpenbereich sind Fichte, Tanne, Lärche, Buche und Bergahorn, die je nach den standörtlichen Verhältnissen und der waldbaulichen Behandlung in wechselnden Anteilen vorkommen. Diese bilden im mittleren Seehöhenbereich häufig Mischwälder. Die Fichte bleibt die wirtschaftlich wichtigste Baumart. Sie sollte aber im natürlichen Mischwaldgebiet keine Reinbestände bilden. Die Tanne ist durch die Bewirtschaftungsweise und den Wildverbiss vom Verschwinden bedroht, muss aber aus ökologischen und ökonomischen Gründen unbedingt erhalten bleiben. Die Lärche ist sturmfester als die Fichte und trägt wesentlich zur Erhöhung der Bestandsstabilität bei. Die Bedeutung der Buche liegt auf Rendzina-Standorten weniger in ihrem Holzertrag als mehr in ihrer bodenpflegenden Wirkung. Der Bergahorn ist eine geschätzte Mischbaumart, im Schluchtwald kann er bestandsbildend werden.

Gezielte Maßnahmen auf sensiblen Standorten

Die Stürme der vergangenen Jahre haben im Bergwald auf Kalk- und Dolomitgestein großflächige Schäden verursacht. Diese Situation mahnt dazu, auf flach- bis mittelgründigen Rendzina-Standorten entsprechende Vorkehrungen zu ergreifen. Dies betrifft:
– standortangepasste Baumartenwahl
– Lenkung der Baumartenanteile in allen Altersklassen
– stufigen Bestandsaufbau anstreben
– in Altbeständen frühzeitige Naturverjüngung
– Räumung von Altbeständen erst nach reichlicher Verjüngung
– keine Kahlhiebe
– Astmaterial auf der Fläche verteilt belassen
– auf Freiflächen jeglichen Bewuchs erhalten
– Wildstand der Verjüngungssituation anpassen
Die beste Vorkehrung gegen Bodenverluste in gefährdeten Lagen ist die rechtzeitige Herbeiführung einer reichlichen und artgemäßen Verjüngung. Da das Ankommen oder Ausbleiben einer flächendeckenden Naturverjüngung keineswegs nur vom Waldbau abhängt, sondern wesentlich durch den Wildverbiss bedingt wird, muss diesem Faktor größte Aufmerksamkeit gewidmet werden. Es ist nicht leicht, den negativen Einfluss des Verbisses als Ursache für das Ausbleiben der Verjüngung zu erkennen, weil oft schon die Sämlinge abgebissen werden. Kleine Kontrollzäune (5 mal 5 m), verteilt auf mehrere geeignete Standorte, können schon nach wenigen Jahren Klarheit über den Einfluss des Verbisses (auch Keimlingsverbiss) schaffen.

Prekäre Verjüngungs- und Verbisssituation

Nach den Erhebungen des Oberösterreichischen Landesforstdienstes sind die Verjüngungs- und die Verbisssituation insbesondere auf den großen Windwurfflächen im Gebirge prekär. Der Humusschwund ist allerorten deutlich zu sehen, wodurch neben dem Waldwachstum auch die Wasserführung ganzer Regionen sehr negativ beeinflusst wird. Vor orkanbedingten Zerstörungen wird man nie gefeit sein, aber die negativen Folgen dürfen nicht zusätzlich durch einen untragbaren Verbiss verschärft werden.
Gegenwärtig klaffen in dieser für den Fortbestand des Bergwaldes so entscheidenden Frage Wunsch und Wirklichkeit noch meilenweit auseinander.