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Dr. Reinhard Brandner von der Technischen Universität Graz © Günther Jauk

BSP muss international standardisiert werden

Ein Artikel von Günther Jauk | 21.04.2016 - 15:24
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Dr. Reinhard Brandner von der Technischen Universität Graz © Günther Jauk

In gut 20 Jahren ist die BSP-Produktion auf über 600.000 m3/J angewachsen. 90 % der Mengen werden in der DACH-Region, 60 % davon in Österreich hergestellt. Die Wachstumsrate in den deutschsprachigen Ländern lag 2015 allerdings nur noch bei 3 %. Wie und vor allem wo sehen Sie die Zukunft der BSP-Produktion?

Großes Potenzial gibt es in Japan und Nordamerika. In Japan wurde das Bauen mit BSP unter anderem aufgrund der positiven Eigenschaften hinsichtlich Erdbebensicherheit sogar zum Regierungsthema. In beiden Regionen sind weitere Produktionsstätten in Planung. In Japan und Nordamerika ist in nur fünf Jahren das gelungen, woran Europa bereits seit über 20 Jahren arbeitet.

Und das wäre?
Neben einer fertigen Produktnorm auch einen Entwurf für eine Bemessungsnorm vorzulegen, ohne dass es große Hersteller gibt. In Europa ist die Brettsperrholz-Produktnorm noch unveröffentlicht. Gegenwärtig geht es darum, die Aufnahme von BSP in die EN 1995, besser bekannt als Eurocode 5, voranzutreiben. In der nächsten Version dieser Norm sollen europaweit verbindliche Bemessungsgrundlagen für Brettsperrholz vorliegen.

Warum ist eine solche Norm dermaßen wichtig?
Brettsperrholz muss ein standardisiertes Produkt werden. Derzeit ist die Bauweise in BSP oftmals um rund 10 bis 15 % teurer als jene in Ziegel oder Beton. Erst wenn BSP ein vom Hersteller unabhängiges, standardisiertes Produkt ist, kann es seine Stärken, insbesondere bei Leistungsausschreibungen, voll ausspielen. Die europäische Bemessungsnorm ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Außerdem würden sich mehr auch weniger auf Holzbau spezialisierte Planungsbüros an BSP-Projekte heranwagen. In Großbritannien etwa – einem Land, in dem sehr viel in BSP gebaut wird – realisiert nur eine Handvoll Ingenieurbüros sämtliche BSP-Bauten.

Die Stärken des Produkts, wie etwa die massive, rasche und trockene Bauweise, sind in der Branche hinlänglich bekannt. Wo liegen die Schwächen von BSP?
Es gibt einige Punkte, an denen wir arbeiten. Ich denke aber, dass Schwächen dafür der falsche Ausdruck wäre. Ein Mangel an Wissen beziehungsweise Transfer der bereits vorliegenden, sehr umfangreichen internationalen Forschungsergebnisse und Erfahrungen über ein noch junges Produkt trifft es wohl besser. In Graz forschen wir in die Richtungen Modularisierung, Tragmodelle und Gebäudetechnik. Modularisierung bedeutet dabei aber auf keinen Fall Plattenbau, sondern eine architektonisch ansprechende Bauweise mit mitunter multifunktionalen Anschlüssen. Speziell in der Verbindungstechnik sehe ich noch großen Handlungsbedarf. Tragmodelle, mit denen man von den Bretteigenschaften auf die Produktkenngrößen hochrechnen kann, wären vor allem dann wichtig, wenn neue Holzarten und Festigkeitsklassen ins Spiel kommen.

Und in puncto Gebäudetechnik sind das die Themen Schall- und Feuerschutz?
Weder noch. Schallschutz ist im Allgemeinen kein Problem mehr und die Brandeigenschaften von Holz sind auch für den mehrgeschossigen Holzbau mehr als ausreichend. Feuer ist mehr ein emotionales als ein technisches Thema. Wir beschäftigen uns gerade mit Lösungen für die Gebäudetechnik, um mögliche Leckagen von wasserführenden Leitungen besser kontrollieren und Schäden damit vermeiden zu können. Es existieren bereits gute Lösungen, wie man Wasser- und andere Leitungen überwachen und relativ einfach sanieren kann: Die Zugänglichkeit ist hier wichtig.