Aufstieg und Fall eines Riesen

Ein Artikel von Günther Jauk | 17.02.2016 - 07:55
2004 gegründet, schaffte es Peter Leibold in nur einer Dekade, German Pellets, Wismar/DE, zum weltweit größten Pelletsproduzenten aufzubauen. Mit rund 600 Mitarbeitern ist das Unternehmen in Deutschland, Österreich und den USA tätig. Alleine in Deutschland verfügt der Pelletierer (ohne Partnerwerke) über rund 850.000 t/J Produktionskapazität. Das entspricht in etwa einem Viertel der deutschen Gesamtkapazität oder dem gesamten österreichischen Pelletsverbrauch 2015.
Nachdem German Pellets in Deutschland mehrere Werke auf die grüne Wiese stellte, übernahm das Unternehmen 2011 die Firestixx-Gruppe, Vilsbiburg/DE. 2012 folgte die Übernahme der österreichischen Hott´s-Gruppe mit drei Produktionsstätten. Zudem ist das Unternehmen für den Vertrieb von WUN Bioenergie, Biopellet Magdeburg/DE sowie Sonnen Pellets, Buchholz/DE, zuständig. Außerdem zählen unter anderem die German Horse Pellets GmbH, die German Pellets Wärme GmbH sowie die German Pellets Genussrechte GmbH zur Unternehmensgruppe.

Über den Atlantik

2013 eröffneten die Wismarer in Woodville/Texas ihr erstes US-amerikanisches Pelletierwerk mit 500.000 t Produktionskapazität. Mittlerweile verfügt das Unternehmen in Übersee über 1,7 Mio. t Kapazität – Mengen, die zu 100 % für den europäischen Markt bestimmt sind. Zur Finanzierung der US-Werke sowie zum Ausbau der Logistik gab man die Unternehmensanleihen 2011 und 2013 aus, welche knapp 150. Mio. € in die Kasse spülten. Bereits bei der Zeichnung dieser Anleihen kritisierten Wirtschaftsexperten, dass die Eigenkapitalquote mit nicht einmal 12% sehr gering sei.
Zudem plante das Unternehmen, in Woodville nebst der Pelletieranlage ein Sägewerk für 250.000 m3 Schnittholz zu errichten.

Refinanzierung unklar

Akut wurden die Probleme des Unternehmens in den vergangenen Monaten, als die Kurse der German Pellets Anleihen einzubrechen begannen. In wenigen Wochen rutschte das Papier massiv ab und notierte zuletzt nach Angaben der Stuttgarter Börse bei unter 0,5% des Nennwertes. Als Grund für die rasante Talfahrt nannten Börsianer die nach wie vor ungeklärte Refinanzierung der Anleihe 2011/16 in der Höhe von 52,4 Mio. €, welche Ende März fällig gewesen wäre.
Um sich Zeit zu verschaffen, setzte das Unternehmen am 10. Fe-bruar eine Gläubigerversammlung an. In selbiger wollte German Pellets den Gläubigern vorschlagen, die Inhaber-Teilschuldverschreibung 2011/16 aufzuwerten und anzupassen. Vorgesehen waren die Verlängerung der Anleihe um zwei Jahre sowie eine erstrangige Besicherung durch 50 % der Gesellschaftsanteile an German Pellets. Zudem sollte der Zinssatz von bisher 7,25 auf 5,25 % reduziert werden.

Produktionsstillstände

Anfang der vergangenen Woche berichteten immer mehr Medien von zeitweiligen Produktionsstillständen an mehreren German Pellets-Standorten. „Ausbleibende Rohstofflieferungen aufgrund unbeglichener Rechnungen“, war von Branchenkennern als Ursache in Erfahrung zu bringen. German Pellets wollte entsprechende Medienberichte gegenüber dem Holzkurier nicht kommentieren. Eines der Unternehmen, welches einen Lohnfertigungsvertrag mit German Pellets aufgrund ausstehender Zahlungen kündigte, war die Holzindustrie Torgau (HIT).

Insolvenz statt Gläubigerversammlung

Am 10. Februar folgte dann der Paukenschlag. Anstatt die geplante Gläubigerversammlung abzuhalten, stellte das Unternehmen einen Insolvenzantrag am Amtsgericht Schwerin. Anders als von German Pellets beabsichtigt, wurde der Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung abgelehnt. Das erklärte der neue Interimsgeschäftsführer Frank Günther gegenüber dem Handelsblatt. Als externe Insolvenzverwalterin wurde Bettina Schmudde von der internationalen Kanzlei White & Case eingesetzt.

Staatsanwalt ermittelt

Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Rostock gegen Leibold ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. „Es geht um die Verletzung von Eigentumsrechten“, erklärte ein Sprecher der Rostocker Generalstaatsanwaltschaft gegenüber dem Handelsblatt.
Ein Lieferant dürfte bereits vor der Insolvenzanmeldung Strafanzeige wegen Unterschlagung erstattet haben. Zudem gibt es auch Anzeigen von Anleihengläubigern wegen Kapitalanlagebetrugs.