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Stylish: die gefütterten Ankle Boots mit Weidensohle und hochwertigem Leder © Woody

Auf leisen Sohlen

Ein Artikel von Martina Nöstler | 31.01.2017 - 14:22
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Stylish: die gefütterten Ankle Boots mit Weidensohle und hochwertigem Leder © Woody

Ehrlich gesagt – als ich mich auf den Weg nach Sittersdorf in Kärnten machte, dachte ich auch: „Holzschuhe? Sind die nicht laut und unbequem?“ Aber ich wurde eines Bessern belehrt: Spätestens nach ein paar Gehversuchen weiß ich jetzt, dass die „Woodys“ das komplette Gegenteil sind: hoher Tragekomfort und auch auf harten Untergründen leise.

Familienbetrieb goes Fashion Week

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Aus den Holzklötzen (re.) entstehen mit Kopierfräsen im nächsten Schritt die Sohlen © Martina Nöstler

Wie kommt man aber dazu, Holzschuhe zu fertigen? Michael Piroutz gründete das Unternehmen 1922 und fertigte Holzrechen, Heugabeln und Sensenstiele. Seit Beginn an produzierte man aber auch immer wieder Holzzockel (Holzpantoffel), damals noch für die Landwirtschaft. Im Lauf der Jahre spezialisierte man sich immer mehr auf die Holzschuherzeugung. Mittlerweile führt Gerhard Piroutz in vierter Generation die Geschicke von Woody Wood-o-Flex in Sittersdorf. Er startete Ende der 1990er-Jahre mit der Marke Woody so richtig durch.
Besonderes Highlight war wohl ein Telefonanruf vor zwei Jahren: Die britische Modedesignerin Vivienne Westwood wollte spezielle Woodys für ihre Laufstegshow anlässlich der Fashion Weeks in Paris und Mailand. „Wir schafften es binnen weniger Wochen, die Wünsche der Designer zu erfüllen“, erinnert sich Silvia Olipp zurück. Sie ist für das Marketing und Controlling bei Woody zuständig.
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Flexibel: Hier ist bereits die Kautschukmasse eingearbeitet, welche die Sohle biegsam macht © Martina Nöstler

In dem Zusammenhang verweist sie auf die Maschinen und die Mitarbeiter. „Wir haben keine CNC-Anlagen oder Fließbänder. Aufgrund der aufwändigen Fertigung und der hohen Qualität setzen wir gezielt auf das Können unserer Mitarbeiter.“ Der Betrieb kauft vorgetrocknetes Schnittholz zu. Zum Großteil ist es Weide. Seit zwei Jahren führt Woody auch Zirbenschuhe im Programm. Die Weide stammt aus den kroatischen Donau-Auen, die Zirbe aus der Region. Rund 350 m³ sind es jährlich. Zunächst kappen die Mitarbeiter das Schnittholz - je nach Modell und Schuhgröße – in verschieden große Holzklötze. Kopierfräsen bringen die Rohform der Sohle auf das Holz, Kreissägen erzeugen die Trennschnitte für die Biegezonen. Als Nächstes folgen das Raspeln und das Entgraten, um die Kanten zu brechen.
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Feinschliff: Die Mitarbeiterin bürstet raue Stellen am Holz glatt © Martina Nöstler

Im nächsten Schritt folgt die Besonderheit von Woody: die biegsame Sohle. Dafür muss das Holz zunächst für etwa zwölf Stunden erwärmt werden, bevor es der Mitarbeiter in eine Vorrichtung legt. Dort gießt er einen speziellen Naturkautschuk darüber, meist in Schwarz, Weiß, Hell- oder Dunkelbraun. Unter Hitze verfestigt sich der Kautschuk und verbindet sich mit dem Holz. Danach heißt es wieder warten – rund 24 Stunden. Erst dann hat sich der Kautschuk richtig verfestigt und schmiert bei der weiteren Bearbeitung nicht. Danach fräsen Maschinen das Fußbett in die Sohle und sorgen für die perfekte Außenform. An mehreren Stationen verpassen die Mitarbeiter der Sohle einen Falz für die Befestigung des Schuhoberteils, runden die Kanten ab, schwabbeln Kanten und Fußbett und beizen die Sohle. Danach muss sie für einige Stunden trocknen, bevor es an das Polieren und Reinigen geht.

Absolute Handarbeit

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Der Profi klammert mit schnellen Handgriffen das Leder an die Holzsohle © Martina Nöstler

Bis aber jemand – egal, ob Designerin oder Redakteurin – in die Holzschuhe schlüpfen kann, bedarf es einer Menge Arbeit. „35 Arbeitsschritte sind bei uns notwendig, bis ein Woody fertig ist“, erzählt Olipp. Sie hat sogar einmal sämtliche Handgriffe von der Baumfällung bis zum Verkauf gezählt. „Es waren über 560.“ Bevor es in die Produktion geht, noch schnell eine Frage: „Wie viele Schuhe produzieren Sie?“ „Pro Jahr sind es bis zu 50.000 Paar Sohlen. Ein Großteil davon verlässt als fertiger Schuh das Werksgelände.“ 

Sohlenhochzeit

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Fabriksverkauf: In Sittersdorf können die Kunden nach Lust und Laune probieren - und kaufen © Martina Nöstler

Im Anschluss erhält das Original sein „Original“: In die Sohle wird das Logo eingebrannt. Und hier feiert man auch Hochzeit: Die linke und rechte Sohle treffen zum ersten Mal aufeinander, wie sie später im Schuhkarton zu finden sind. In einer weiteren Halle erfolgt die Fertigstellung: Piroutz fährt selbst nach Mailand, um das hochwertige Leder auszuwählen. In Ungarn erfolgt die Stepperei, in Sittersdorf klammern die Mitarbeiter das Leder auf das Holz. Mithilfe von Dampf weicht er das Leder auf, um es mit Leisten in Form zu bringen. Über Nacht trocknen die Schuhe aus. Dann folgen die Endkontrolle, das Finish und die Verpackung. Mit der Lagerung sind wir beim eingangs erwähnten 35. Arbeitsschritt angekommen. Dabei sind die unentwegten Qualitäts- und Passformkontrollen durch die rund 40 Mitarbeiter in der Produktion nicht mitgezählt.
Und dann geht es ab in den Verkauf: entweder direkt vor Ort in Sittersdorf, zu ausgesuchten Fachhändlern oder online. Denn obwohl der Woody eigentlich keine besondere Pflege verlangt, empfiehlt der Hersteller einige Handgriffe, damit man lange Freude an den Holzschuhen hat.