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Eine halbe Tonne Holz: Mit sieben Hobel- und Schleifaggregaten wird die Kündig Technic Botop-7 auch mit diesem "Monsterblock" fertig © Sven Gutknecht

500 kg Holz in 30 Sekunden

Ein Artikel von Günther Jauk (für Timber-Online bearbeitet) | 01.04.2015 - 14:23
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Eine halbe Tonne Holz: Mit sieben Hobel- und Schleifaggregaten wird die Kündig Technic Botop-7 auch mit diesem "Monsterblock" fertig © Sven Gutknecht

Vater Conrad Boos konstruierte auf drei Beinen stehende Massivholzblöcke, die in Schmiedewerkstätten die Schwingungen dämpfen sollten, welche durch die Hammerschläge auf den Amboss entstehen. Sein Sohn, John Boos, fand heraus, dass man diese Böcke auch gut für das Trennen von Fleischstücken mit dem Hackbeil verwenden konnte, und lieferte die ersten „Butcher Blocks“, hierzulande als Hackstock bekannt, an regionale Metzger. Das war vor 125 Jahren. Daraus wuchs John Boos & Co in Effingham/USA zu einem der größten Hersteller für Lebensmittel-Verarbeitungsinventar heran. Hauptprodukt sind nach wie vor professionelle Butcher Blocks und Schneidebretter in allen erdenklichen Formen und Größen.

Butcher Blocks

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Mit Hobelaggregaten, Kalibrierwalzen und Elektronikschuh-Aggregaten schafft die Kündig Botop-7 alle erforderlichen Arbeitsprozesse in einem Durchgang © Sven Gutknecht

Die Hackblöcke bestehen aus verleimten Hirnholzstäben in Ahorn, amerikanischer Nuss oder Eiche. Die Oberfläche der Rohlinge ist durch verleimbedingten Höhenversatz uneben und zusätzlich mit dicken Leimtränen überzogen. Die Werkstücke liefen deshalb bisher bis zu vier Mal durch die vorhandene Dreiband-Schleifmaschine, um eine verwendbare Oberflächenqualität zu erzielen: „Dazwischen mussten wir die Blöcke zur beidseitigen Bearbeitung auch noch manuell wenden. Die dickeren Modelle konnten wir aufgrund der zu geringen Durchlasshöhe dieser Schleifmaschine überhaupt nicht maschinell bearbeiten“, erläutert Produktionsleiter Jacob Emmerich. Die Spezialisten für Massivholz-Bearbeitungsanlagen von Weinig USA empfahlen John Boos & Co deshalb, mit dem Schweizer Schleifmaschinenhersteller Kündig in Wetzikon zu reden. Beim amerikanischen Traditionsbetrieb war man ziemlich überrascht, als Stephan Kündig mit Selbstverständlichkeit davon sprach, alle Arbeitsschritte in nur einem Durchgang vereinen zu wollen: „Die Zuversicht bei Kündig, eine solche Maschine bauen zu können, hat uns überzeugt“, erklärt Emmerich.

Sieben Aggregate versus 500 kg Holz

Mit sieben Aggregaten, aufgeteilt auf eine oben und eine unten schleifende Partition, einer Arbeitsbreite von 1600 mm und einer Durchlaufhöhe von über 45 cm ist die Botop-7 selbst für den erfahrenen Schleifmaschinenhersteller eines der größten, je umgesetzten Projekte. Beidseitig wird zunächst mit Hobelaggregaten die Oberfläche egalisiert. Eine beziehungsweise zwei Kalibrierwalzen und jeweils ein Diagonalaggregat mit elektronischem Schleifschuh sorgen danach bei den anspruchsvollen Hirnholz-Oberflächen für einen spurenfreien, feinen Schliff.

Weitere Herausforderung: das Gewicht der Werkstücke. Vor allem der unten schleifende Teil der Maschine erforderte eine solide Konstruktion, da seine Aggregate ihre Arbeit unter fast 500 kg Belastung verrichten müssen. Bei der oben schleifenden Maschine sei das hingegen kein Problem: „Da unsere Maschinen über eine Oberteilverstellung und somit einen festen Einlauftisch verfügen, könnte man sie sogar mit bis zu 1 t belasten“, erläutert Stephan Kündig. Bereits die ersten Schleiftests in den Kündig-Produktionshallen funktionierten reibungslos. Tatsächlich konnten alle Arbeitsschritte, vom beidseitigen Egalisieren mit Spanabnahmen von bis zu 3 mm bis zum feinen Oberflächenfinish, in nur einem Durchgang realisiert werden.

440 kg und 45 cm in 30 Sekunden

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Freude nach dem erfolgreichen ersten Durchgang, gleichermaßen bei der John Boos & Co-Delegation wie den Kündig-Mitarbeitern © Sven Gutknecht

Das „Meisterstück“ allerdings, ein 440 kg schwerer und 45 cm dicker Luxus-Hackblock, sollte in Anwesenheit der eigens für dieses Testschleifen aus den USA angereisten Kunden bearbeitet werden. Die leicht angespannte Atmosphäre bei der Generalprobe sei, rational gesehen, gar nicht gerechtfertigt, meinte Kündig: „Es gibt keinen Grund, wieso dies nicht ebenfalls pro- blemlos funktionieren sollte.“ Damit sollte er Recht behalten. In nur 30 Sek. hatte die Maschine eine Arbeit erledigt, die bis dato mehrere Stunden in Anspruch nahm. Die Stimmung der amerikanischen Gäste war dementsprechend euphorisch: „Wir sind mit großen Hoffnungen angereist. Trotzdem übertrifft dieses Ergebnis all unsere Erwartungen“, urteilte Emmerich.

Unübliche Zentimetertoleranzen

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Der 440 kg-Block wird zum Probeschleifen in die Anlage eingehoben, deren Ausmaße man hier ein wenig erahnen kann © Sven Gutknecht

Die Verschiffung in die USA war dann die letzte Herausforderung. Die 1600 mm breiten Modelle – und damit auch die Maschine für John Boos & Co – sind auf 3 cm so konstruiert, dass sie exakt in den breitesten aller gängigen Schiffscontainer, den „40 Foot Open Top High Cube“, passen. Dies war wohl eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen man bei Kündig von „Zentimetertoleranzen“ sprach – ein Wort, das dort sonst so gut wie nie fällt. Vor allem nicht, wenn es ums Schleifen geht.