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Wappen-Baden-Württemberg © Archiv

Kartell-Kompromiss wurde aufgekündigt

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 26.01.2015 - 14:18
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Dem gemeinsamen Holzverkauf in Baden-Württemberg droht erneut ein jähes Ende. Ein im Vorjahr ausgehandelter Kompromiss wurde heute aufgekündigt. Forstminister Alexander Bonde hat die Zusagen des Landes gegenüber dem Bundeskartellamt heute zurückgenommen.

Der Grund: Das Kartellamt habe die ausgehandelten Verpflichtungszusagen im Dezember 2014 „völlig unerwartet in einem neuen Kontext“ bewertet. So werden etwa die Forsteinrichtung, die forsttechnische Betriebsleitung im Körperschaftswald und der Revierdienst nun doch als „wirtschaftliche Tätigkeiten“ eingestuft. Damit wären sie auch von einer Ausgliederung betroffen.

„Dem können wir nicht zustimmen. Das ist sehr ärgerlich und kein verantwortungsvoller Umgang mit dem Wald, den Waldbesitzenden und den Menschen, die im Wald arbeiten“, schimpfte Bonde. Jetzt liegt der Ball beim Bundeskartellamt. Es wird möglicherweise reagieren, indem es demnächst den gemeinsamen Holzverkauf förmlich untersagt, erläuterte der Minister. Für diesen Fall sei das Land bereit, die Causa vor Gericht auszutragen.

Das Bundeskartellamt bedauert diese Entscheidung. Dessen Präsident Andreas Mundt, betont, dass das Anhörungsschreiben vom Dezember keine neuen Forderungen oder überraschenden rechtlichen Bewertungen enthielt. „Wir werden unser Verfahren jetzt zügig fortsetzen.“

Der Verband der Säge- und Holzindustrie Baden-Württemberg (VSH) verlangt vor diesem Hintergrund eine sichere Grundversorgung der lokalen Sägewerke. 300 mittelständische Betriebe seien betroffen. Diese dürfen von der Holzbelieferung aus dem Staatswald ausgeschlossen werden.

Hintergrund

Das jetzige Kartellverfahren geht auf eine Beschwerde der Sägeindustrie aus 2002 zurück. 2008 wurde diese mit einer Verpflichtungszusage des Landes abgeschlossen wurde. Die umgesetzten Maßnahmen waren nach Ansicht des Kartellamts aber nicht erfolgreich. Deshalb hat das Bundeskartellamt 2012 ein neues Verfahren gegen das Land Baden-­Württemberg zum gemeinschaftlichen Holzverkauf und das Betreuungsangebot der staatlichen Forstverwaltung im Körperschafts­ und Privatwald eröffnet.

Im Beschlussentwurf vom Dezember 2013 stand Folgendes:
• eine strukturelle Trennung der Holzvermarktung zwischen dem Staatswald einerseits und dem Körperschafts­ und Privatwald andererseits beginnend bei der Holzauszeichnung
• mehr Eigenverantwortlichkeit für Waldbesitzer und mehr Wettbewerb bei der Kommunal­ und Privatwaldbetreuung
• kostendeckende Entgelte für forstliche Dienstleistungen öffentlicher Anbieter

Damals drohte eine unmittelbare Untersagungsverfügung des Kartellamtes. Damit wäre der Holzverkauf (einschließlich Holzauszeichnen) für Körperschafts-­ und Privatwälder über 100 ha durch staatliche Bedienstete mit sofortiger Wirkung untersagt gewesen. Das Land hat daher in Abstimmung mit den kommunalen Landesverbänden eine Verpflichtungszusagenentscheidung des Bundeskartellamtes (§32b des Gesetzes über Wettbewerbsbeschränkungen) angestrebt. Diese beinhaltete Zusagen zu Änderungen der Forststruktur.

Baden-Württembergs Ministerrat fasste sogar einen entsprechenden Beschluss im November 2014. Dessen Eckpunkte konzentrierten sich auf den Landeswald. Privaten und körperschaftlichen Waldbesitzern sollten Änderungen erspart bleiben. Das geht dem Bundeskartellamt offenbar nicht weit genug. Es hat darauf aufbauend den eingangs erwähnten ablehnenden Entwurf der Verpflichtungszusagenentscheidung verfasst. Das Verhandlungsergebnis wird grundsätzlich in Frage gestellt. Forsteinrichtung und die forsttechnische Betriebsleitung im Körperschaftwald werden ebenso wie der Revierdienst als wirtschaftliche Tätigkeiten eingestuft. Die ursprünglich vereinbarte Ausstiegsklausel für den Fall einer Änderung des Bundeswaldgesetzes werde zudem für wirkungslos erklärt, informiert das Ministerium.