Krise nicht beendet

Ein Artikel von Gerd Ebner | 09.09.2014 - 08:12
350 Besucher lauschten am 5. September einer hochkarätigen Rednerrunde am Internationalen Holztag in Klagenfurt. „Ende des Vorjahres hofften wir noch auf einen Aufschwung 2014. Diese Hoffnung ist nun vorbei“, eröffnete Dr. Bernhard Felderer, Präsident des österreichischen Fiskalrates, die vom Fachverband der Holzindustrie organisierte Veranstaltung. Als ein Hauptpro-blem für Europa erkennt Felderer, dass nicht nur die üblichen Verdächtigen, wie Italien, Probleme haben, sondern selbst noch größere Volkswirtschaften, wie Frankreich („ähnliche Probleme wie Italien“), oder selbst Deutschland („überraschender Exporteinbruch“). Beide sorgen nicht für Wachstum in der EU. „Mit 1 % Wachstum kann man gar nichts machen“, bilanzierte der Wirtschaftsforscher.
Italien ist schon wieder in der Rezession. Vom „Stagnationsland Europas“ – Frankreich – erwartet sich Felderer keine Reformen. Lediglich Spanien sieht er im Aufwind, nachdem ein Tal der Tränen zu durchschreiten war. Mit Neid blickt Felderer über den Atlantik, wo die USA schon wieder üppig mit 3 % wachsen.

Italien muss noch ins „Tal der Tränen“

Italien ist das Negativbeispiel für hohe Lohnstückkosten. Während sich faktisch alle anderen Länder verbesserten, war es in Italien umgekehrt. So verlor man die Weltführung bei leichten Industrieprodukten – das Land ist gegenüber asiatischen Ländern nicht mehr konkurrenzfähig: „Die Löhne sind zu hoch“, analysierte Felderer. „Italien steht der Gang durch das Tal der Tränen noch bevor – Spanien hat das hinter sich.“
Dass am 5. September die Europäische Zentralbank den Leitzins auf 0,05 % senkte, reicht laut dem österreichischen Wirtschaftsforscher nicht, „um zu wirken“.
Bei der Baukonjunktur ist bemerkenswert, dass es in Deutschland nach der Wiedervereinigung 1989 faktisch bis 2009 eine Talfahrt gab. 2010 bis 2012 kam es zu einer leichten Erholung. „Jetzt sucht der deutsche Bau ein neues Niveau“, skizzierte Felderer. In Spanien und Italien sackte die Bauwirtschaft ab. Da muss man fast zufrieden sein, dass in Österreich der Bau „stabilisiert“ ist. Für Gesamteuropa sieht Felderer, dass es eine leichte Bauerholung gebe, aber keinen Boom.

Abgabenquote muss runter

Als ein Hauptübel für viele Volkswirtschaften in Europa – insbesondere Österreich – erkennt Felderer die hohe Abgabenquote. „Wir liegen fast bei 50 %, weniger als 40 % ließe uns mehr Luft für die Zukunft“, appellierte er.
Franz Titschenbacher, Präsident der Landwirtschaftskammer Steiermark, sieht nach einem schwierigen 1. Halbjahr mit dem Schneebruch nun eine Stabilisierung der Marktlage am Sägerundholz-Markt. Titschenbacher appellierte an den Kleinwald, das Holzpotenzial bestmöglich zu nutzen. Für den Gesamtmarkt erkennt er eine „realistische Zuversicht“.
Dass wieder mehr Rundholz importiert werden könne, hob Christoph Kulterer, Vorsitzender der österreichischen Sägeindustrie, in seinem Referat am Holztag als positiv hervor. Ebenfalls erfreulich sei das kleine Plus im Nadelschnittholz-Export in Richtung Italien: „Die italienischen Importe sind zwar nur noch 50 % dessen, was 2007 benötigt wurde. Aber jetzt zeichnet sich ein Ende der Talfahrt ab.“ Trotz „stärkster Konkurrenz aus Skandinavien konnten wir außerdem in der Levante unsere Anteile halten“, war ein weiterer positiver Aspekt.

Erlösschere + Minderproduktion

Kulterer zeigte den Besuchern aber auch, dass die heimische Sägeindustrie seit 2010 ein Margenproblem habe: Die Kurve der Rundholzpreise (zuletzt 103 €/fm frei Säge) stieg wesentlich stärker als die Schnittholzpreise (zuletzt 191 €/m3 ab Werk). Verschärft wird das Erlösproblem von einer immer geringeren Anlagenauslastung. Selbst mit 9,4 Mio. m3 Nadelschnittholz (+5/6 %) produziert die österreichische Holzindustrie nur 83 % der Menge von 2007. In Europa matcht sich Österreich auch nur noch um Platz 4 und 5 mit Finnland, während etwa Deutschland mit über 20 Mio. m3 deutlich stärker wuchs.
Mit drei Zahlen der italienischen Statistikbehörde ISTAT umriss Carl-Erik Torgersen, Vorsitzender des österreichischen Holzhandels, die Situation in Italien: weiterer Rückgang der Konsumgüterproduktion, erneute Rezession und hohe (Jugend-) Arbeitslosigkeit. „Früher hätte man mit Geldentwertung reagiert, das geht in Eurozeiten nicht mehr“, so Torgersen. Und selbst in Österreich sehen seine Händlerkollegen den sonst robusten Heimatmarkt eingebrochen.
Großbritannien wäre ein Markt, auf dem man Chancen hätte – diese wurden bisher nicht genutzt.
Gleichwohl gestand Torgersen ein, dass es für die Produzenten sehr schwer wäre, mit einem teuren Rohstoff international zu reüssieren. Hier forderte er Rücksichtnahmen der Waldbesitzer ein.

Grün ist die Hoffnung

Mit einer grünen Krawatte (= Farbe der Hoffnung) absolvierte Dr. Domenico Corà seinen ersten offiziellen Auftritt als Präsident der Impor-teursvereinigung Fedecomlegno. Seine Datensammlung zeigte Rückgang, bestenfalls Stagnation in Italien: Bau ging vom I. auf das II. Quartal nochmals zurück (–5 %) – schon 2013 waren es –10 % gewesen. Der Rückgang am Bau erfolgt im siebten Jahr in Folge. Heuer werden 58.000 Baueinheiten errichtet – so viel wie zuletzt 1956.
Ein Hoffnungsschimmer sind aber die +10 % bei den Baukrediten im ersten Halbjahr. „Wir Italiener überraschen immer mit unserer Flexibilität – das wird uns auch jetzt helfen“, ist Corà zuversichtlich. Für den Herbst hofft Corà, dass der Angebotsdruck aus Österreich nicht zu stark sein werde. „Der italienische Handel wird nur das ordern, was benötigt wird.“ Corà forderte auch dazu auf, die Handelsbeziehungen mit Italien auf neue Beine zu stellen: „Es gibt zu viele Vertreter in Italien. Organisieren Sie Ihren Verkauf neu.“
Corà erkannte auch, dass die italienische Seite die Werbeplattform promo_legno zu wenig unterstützte. Das könnte sich künftig ändern.
Am Schluss meinte Kulterer zusammenfassend: „Es macht keinen Sinn, sich über das Wetter zu beklagen – dieses lässt sich nicht verändern. Genauso ist es sinnlos, sich über die Marktlage zu beschweren. Suchen wir neue Wege, dann kommt der Aufschwung.“