14120911956321.jpg

Ein Tragwerk aus Eschen-BSH GL48 besitzt die Parkgarage in Innerarosa - die hohe Festigkeit der Träger ermöglicht zarte Geometrien © Neue Holzbau

Wenn Fichte nicht reicht

Ein Artikel von Günther Jauk (für Timber-Online bearbeitet) | 02.10.2014 - 07:55
14120911956321.jpg

Ein Tragwerk aus Eschen-BSH GL48 besitzt die Parkgarage in Innerarosa - die hohe Festigkeit der Träger ermöglicht zarte Geometrien © Neue Holzbau

Die BSH-Bezeichnung „GL24“ steht für Glue Laminated Timber mit einer Biegefestigkeit von 24 N/mm2 und bezeichnet im Wesentlichen die Tragfähigkeitseigenschaften eines handelsüblichen Nadelbrettschichtholz-Trägers. Je nach Konstruktion wird ein solcher Träger entsprechend den statischen Anforderungen dimensioniert, wobei große Spannweiten und hohe Lasten breite und vor allem hohe Leimbinder bedeuten.
Verlangt der Bauherr oder Architekt schlanke Geometrien, muss auf Alternativen zurückgegriffen werden. Entweder kommt in solchen Fällen aufwändig festigkeitssortiertes Nadelholz oder gleich Laubholz zum Einsatz. Einer der Vorreiter bei BSH aus Laubholz ist das eidgenössische Unternehmen „neue Holzbau“ aus Lungern. In den vergangenen 14 Jahren wurden dort BSH aus Esche, Buche, Eiche, Robinie sowie Sonderbauteile aus anderen Laubholzarten hergestellt.
„Durch den Einsatz von qualitätsgeprüften Brettern aus Laubholz sind Träger der Klasse GL 48 kein Problem“, erklärt Bruno Abplanalp, Geschäftsführer der neuen Holzbau. Doppelt so hohe Festigkeit ermöglicht den Bau wesentlich zarterer Konstruktionen.
„Dazu kommt die deutlich höhere Leistung von Verbindungsmitteln im Laubholz. Ein Verbindungsmittel mit eingeklebtem Gewindestab ist in Esche eineinhalbmal leistungsfähiger als in Fichte“, versichert Abplanalp weiter. Zu diesem Zweck hat die neue Holzbau vor wenigen Jahren den GS-Anker (Gewindesystem-Anker) entwickelt. Dabei werden profilierte Stahlstäbe mit zweikomponentigem Epoxidharz ins Holz geklebt. Im Vergleich zu herkömmlichen Einklebeankern werden dabei Holz, Stahl und Epoxid genau aufeinander abgestimmt. Dadurch erreicht die Verbindung zusätzlich zu ausreichender Festigkeit und Steifigkeit auch noch eine hohe Duktilität. Besonders stolz ist Abplanalp auf eine neun Tonnen schwere Holzskulptur in Ingenbohl-Brunnen/CH, wenngleich die Festigkeit hier kaum zählt. Das dreiteilige Werk besteht aus 4 m langen, blockverleimten Eichenholzträgern mit einer Stärke von 0,5 m und einer Höhe von 2,5 m . Verstärkt wird die Skulptur durch GS-Anker. Die Kreuzfiguration, geschaffen von Adrian Künzi, steht auf einem Kreisverkehr und ist so angeordnet, dass immer das „Schweizerkreuz“ zu erkennen ist, egal wie der Kreisverkehr befahren wird.

Punktgenauer Einsatz

14120911938660.jpg

Skulptur von Adrian Künzi aus blockverleimtem Eichenholz © Neue Holzbau

Warum Laubholz-BSH nicht viel häufiger eingesetzt wird, hat einfache Gründe: das fehlende Know-how, das Manko an Erfahrung von Ingenieuren sowie den Preis. Das gilt aber nicht nur für Laubholz-BSH, sondern auch für Nadelholz-BSH GL36. „Massenware ist derart billig, dass ein Bauteil in GL24 trotz fast doppelten Kubikmeterverbrauchs an Holz günstiger zu stehen kommt als ein Bauteil mit gleicher Leistung in GL48“, erläutert Abplanalp und führt weiter aus: „Die Kosten des Laubholzes beeinflussen das Konstruieren. Der Ingenieur muss Lösungen mit möglichst wenig Materialeinsatz finden. Nur auf diese Weise hat das Laubholz gegenüber dem Nadelholz eine wirkliche Chance.“
Die neue Holzbau hat bereits einige solcher Materialeinsparungen zuwege gebracht. Eine Möglichkeit ist der kombinierte Einsatz von Laub- und Nadelholz. Als einfachste Methode werden reine Laubholz- und Nadelholz-BSH-Träger in einem Bauwerk verbaut. Komplizierter sind:
hybride Trägeraufbauten
örtliche Verstärkungen von Nadelholz-BSH-Trägern mit Laubholz
Hybrider Aufbau bedeutet, dass ein Nadelholzträger an den beiden Außenseiten mit Laubholzlamellen verstärkt wird. Bei örtlichen Verstärkungen wird ein Teil des Trägerquerschnitts eines Nadelholzträgers durch Laubholz ersetzt. Was auf den ersten Blick relativ simpel erscheint, bedarf aufgrund der unterschiedlichen Klebeeigenschaften sowie Quell- und Schwindverhaltens einzelner Holzarten einige Entwicklungsstunden. Genau dieser Forschungsaufwand ist es, welcher der neuen Holzbau immer wieder zu innovativen und europaweit einzigartigen Entwicklungen verhilft. Man darf gespannt sein, womit das Unternehmen nach GS-Ankern (s. Holzkurier Heft 21/13, S.17), „BSH mit Loch“, (s. Holzkurier Heft 34/13, S. 14-15) und diversen Laubholz-BSH-Varianten als Nächstes von sich hören macht.