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Zwei blockverleimte Fichten-BSH-Träger nehmen Zugkräfte auf - Drucklasten entstehen in der aufgegossenen Betondecke © Schaffitzel+Miebach

Brückentechnologie

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 30.06.2014 - 10:46
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Zwei blockverleimte Fichten-BSH-Träger nehmen Zugkräfte auf - Drucklasten entstehen in der aufgegossenen Betondecke © Schaffitzel+Miebach

Eine Holz-Beton-Verbundbrücke ersetzt seit Kurzem in Lohmar/DE die altersschwache und hochwassergeschädigte Aggerbrücke. Der Entwurf des Bauwerks kommt ganz aus der Nähe. Für Planung und Bauüberwachung war das Ingenieurbüro Miebach verantwortlich, welches seinen Sitz nur 4 km entfernt hat.
Neun Monate dauerten die Bauarbeiten an der neuen Aggerüberquerung zwischen Wahlscheid und Schiffarth. Am 16. Juni wurde das Bauwerk offiziell eingeweiht. Die alte Verbindung zwischen zwei Lohmarer Ortschaften musste im September 2013 unter anderem wegen Hochwasserschäden abgerissen werden.

Baufortschritt in sechs Akten

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Mächtige Widerlager nehmen Zugkräfte auf, was ein schlankes Brückenprofil ermöglichte © Schaffitzel+Miebach

Die geschwungenen BSH-Träger kamen komplett vorgefertigt auf die Baustelle. Erzeugt hat sie die Schaffitzel Holzindustrie in Schwäbisch Hall (vom Holzkurier als „Holzindustrie des Jahres 2014“ ausgezeichnet, s. Holzkurier Heft 51-52/13, S. 20–21). Auf deren neuer BSH-Anlage entstanden aus festigkeitsüberprüften Fichtenlamellen zunächst 14 geschwungene BSH-Träger. Daraus wurden die zwei mächtigen Träger mit abgetrepptem Profil blockverleimt. Nach dem Abbund erhielten die Binder einen Wetterschutzanstrich. So vorgefertigt, ging es auf die Baustelle. Vor Ort gliederte sich der Bau in sechs Abschnitte:
    Herstellung der Gründung (Pfähle, Widerlager, Zwischenpfeiler)Montage der BSH-Träger mit BaustellengeländerMontage der SchalungBetonieren der Bodenplatten und KappenAufbringung von Abdichtung und GussasphaltMontage der Geländer und abschließende Arbeiten

Optimaler Mix aus zwei Baustoffen

„Die neue Brücke reizt die statischen Eigenschaften von Beton und Holz optimal aus“, erklärt Frank Miebach, welcher das Ingenieurbüro leitet. In der überwiegenden Druckzone der Brücke ist eine Betonplatte als Fahrbahn angeordnet. Das Holz dagegen ist als Hauptträger in der Zugzone eingesetzt. Dadurch werde von den natürlichen Fasern ein beachtlicher Teil der auftretenden Zugspannungen abgetragen, womit der Betoneinsatz auf eine dünne Fahrbahnplatte reduziert werden konnte, heißt es.
Um den Blockträger in der Feldmitte zusätzlich zu entlasten, wurden die Endbereiche am Widerlager mit Zugstäben rückverankert. „Auf diese Weise haben wir außerdem eine geringere Bauhöhe erzielt“, sagt Miebach.
Durch den Holzeinsatz sei zudem ein ökologisches und nachhaltiges Bauwerk entstanden, welches sich optimal in die landschaftliche Umgebung einpasse. Die Umweltfreundlichkeit lässt sich leicht nachrechnen: In der Brücke sind 112 m³ Holz verbaut. Das entspricht einer CO2-Speicherung von 112 t. Noch viel größer ist aber der Vermeidungseffekt. Alternativ hätte sich der Bauherr (Rhein-Sieg-Kreis) auch für Stahl oder noch mehr Beton entscheiden können. Diese Baustoffe erzeugen aber schon in ihrer energieaufwendigen Produktion große Mengen an CO2.
Trotzdem ist der Einsatz von Beton in Kombination mit Holz sinnvoll. Die Verbindung der beiden Materialien verleiht der Brücke eine Belastbarkeit, die auch Schwerlastverkehr standhält. Zudem bietet die Betonplatte dem darunter liegenden Holz idealen konstruktiven Schutz. Das soll die Lebensdauer der Brücke auf mindestens 60 Jahre verdoppeln. Optisch verleiht der geschwungene Holzträger eine besondere Note. Aus holztechnischer Sicht sind übrigens nicht nur die blockverleimten Träger interessant, sondern auch das Geländer. Dessen frei bewitterter Handlauf wurde von der Schaffitzel Holzindustrie aus Accoya verleimt. Das zertifiziert nachhaltige Pinus Radiata-Holz erreicht durch Acetylierung höchste Dauerhaftigkeitsklassen.

Vier Holzbrücken in zwei Jahren

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Drei hölzerne Hilfsstützen hielten die Holz-Beton-Brückenkonstruktion über die Agger während der Bauphase © Schaffitzel+Miebach

Mit den Holzbrücken über die Agger geht es Schlag auf Schlag. Vier neue Überquerungen hat das auf Holzbrückenbau spezialisierte Ingenieurbüro dort in den vergangenen zwei Jahren geplant. Bei den drei anderen Bauwerken handelt es sich um eine moderne Pylonbrücke (Naturschule in Lohmar), eine Holzbogenbrücke (Kreuznaaf/Höngesberg) sowie eine Brückenerweiterung bei Wahlscheid. Der Einsatz von Holz ist aus Miebachs Sicht ein großer Schritt auf dem Weg zu einem ökologisch-nachhaltigen Brückenbau.

Holz-Beton-Verbundbrücke Lohmar
Dimensionen: 39 m lang, 5,2 m breit
Einzelfeldweiten: 5,4 m/28,1 m/5,2 m
Holzeinsatz: 112 m³ Fi-BSH GL28c für den Träger; 1,5 m³ Accoya-BSH für den Geländerholm
Planung: IB Miebach, Lohmar/DE
Ausführung: Busmann, Schüttdorf/DE
Blockträger: Schaffitzel Holzindustrie, Schwäbisch Hall/DE