Soziales Wohnen zwischen Stadt und Natur
Besonders die Gemeinschaft stand laut Architekt Prof. Arch. Fabrizio Rossi Prodi bei der Planung im Vordergrund. Auf dem Areal sollen die Bewohner soziale Verbindungen zueinander bilden. Ziel war es, an unterschiedliche Familiengrößen und persönliche Bedürfnisse angepasste Wohnungen anbieten zu können. Laut Prodi war deshalb die Individualität der Wohnräume ein maßgebliches Kriterium für einen modernen Holzbau. Er setzte damit konsequente Anforderungen an das Baumaterial Brettsperrholz. Das Modell für dieses Konzept entlehnte der Architekt aus der Idee des Lebens auf einem Bauernhof. In der Via Cenni solle eine Verbindung zwischen Natur und gesellschaftlichem Leben geschaffen werden, wie auf einem Bauernhof. Dafür werden große Teile des Geländes begrünt und mit Bäumen bepflanzt. Den 1000 m2 großen „Park“ rund um die Holztürme will man schließlich allen Mailändern zugänglich machen.Holzbau soll alltäglich werden
Laut Bauleiter Arch. Michele D’Ambrosio liege die Baustelle im Interessensfokus vieler großer Business-Player. Denn es sei das erste Mal, dass man in Italien in so großem Stil mit Holz baut. Seiner Aussage nach ermögliche das die moderne industrielle Fertigung von Holz, welche jener von Beton oder Stahl in nichts nachstehe. Dementsprechend hochwertig sei auch die Ausführung vor Ort: „Alle Wohnungen sind nach höchsten Standards inklusive Bodenheizung und Lüftungsanlage gebaut“, so D’Ambrosio.
Brandschutz kein Problem?
Selbst Treppen- und Liftkörper des Mailänder Holzbaus sind aus BSP. Die Holzplatten ermöglichten die Ausführung eines Kastentragwerks, das aus den Wänden und Decken des Gebäudes gebildet wird. Wie erwartet, musste Tragwerksplaner Prof. Ing. Andrea Bernasconi erhöhte Konzentration für die Erdbebensicherheit des Konstrukts aufbringen: „Mailand ist zwar sicher kein Zentrum erhöhten Erdbebenrisikos, aber in Italien ist man generell besonders empfindsam bezüglich dieser Thematik. Da wir über vier Stockwerke hinaus gebaut haben, brauchten wir eine Sondergenehmigung.“ Bernasconi erklärt, dass sich die vier Holztürme, welche jeweils eine Grundfläche von 13,5 mal 19 m ausbilden, zwar äußerlich sehr ähnlich, aber aus Sicht der Tragwerksplanung nicht identisch sind. Statisch getrennt von den zweigeschossigen Bauten, wurde jeder Turm einzeln gerechnet.Für die Wände im Erdgeschoss kommt 20 cm dickes BSP zum Einsatz. Nach oben hin abnehmend, sind es im zweiten, dritten und vierten Stock nur noch 18 cm dicke Elemente. Decken mit einer Spannweite von bis zu 5,8 m sind 20 cm stark. Spannweiten bis 6,7 m überbrückte man mit 23 cm starkem BSP. „Mit dieser Ausführung haben wir sowohl den statischen Anforderungen als auch jenen bezüglich des Komforts Genüge getan“, so Bernasconi. Den Brandschutz habe man nach geltenden Vorschriften behandelt und durch die Doppelbeplankung mit Gipskartonplatten Widerstandsklasse RE60 erreicht. In Italien gibt es für Holzbauten keine Sonderbestimmungen bezüglich des Brandschutzes. „Brandschutz war nicht das Hauptproblem. Auch der Fluchtweg geht über die Stiegenhäuser. Brandüberschlag an der Fassade ist in Italien ebenfalls kein Thema“, informiert Bernasconi kurz und bündig.
6100 m3 in drei Wochen
Situation in Italien
Das Projekt in der Via Cenni führt imposant vor Augen, dass mehrgeschossiger Holzbau bis neun Geschosse Stand der Technik ist. (Unter Fachleuten spricht man sogar von zehn Geschossen.) Es beweist, dass, wenn man in Holz bauen darf und die Reglementierungen nicht zu streng sind, in sehr kurzer Zeit moderne, technisch einwandfreie und günstige mehrgeschossige Holzbauten in bisher kaum da gewesenen Dimensionen entstehen können. Die „Via Cenni“ ist ein zusätzlicher Meilenstein auf dem Weg zur Selbstverständlichkeit gegenüber dem Holzbau.