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Christian Benger, Landesrat für Land- und Forstwirtschaft, Kunst und Kultur sowie Tourismus und Wirtschaft in Kärnten © Martin Heidelbauer

„Grüne“ Enteignung?

Ein Artikel von Martin Heidelbauer | 23.09.2014 - 16:35
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Dr. Nikolaus Lienbacher, Landwirtschaftskammer Salzburg © Martin Heidelbauer

Kommt Waldeigentum unter die Räder? Dieses wird nur als Objekt für Besteuerungswünsche, wie Vermögenssteuern, betrachtet. Derzeit besteht eine Tendenz zur Aushöhlung des Eigentums“, warnte Kammeramtsdirektor Dr. Nikolaus Lienbacher, Landwirtschaftskammer Salzburg, im Zuge des Kärntner Waldbauerntages am 7. September auf der Klagenfurter Holzmesse. Weiters hinterfragte er, ob die Bewirtschaftungsbeschränkungen und deren Unbestimmtheit zum Ende der Waldnutzung führen könnten.

Waldeigentum bald „nacktes Recht“?

„Eingriffe in das Eigentumsgrundrecht bedürfen neben einer gesetzlichen Grundlage auch des Vorliegens eines öffentlichen Interesses. Zudem muss der Eingriff verhältnismäßig und angemessen sein. Eigentumsbeschränkungen sind differenziert zu betrachten. Es gibt eine Zunahme von Beschränkungen im öffentlichen Interesse. Diese betreffen vor allem Natur- und Umweltbelange. Hinzu kommt die steigende Bedeutung EU-rechtlicher Normen“, informierte Lienbacher. Man müsse aufpassen, damit das Eigentumsrecht nicht zu einem „nackten Recht“ verkomme. Dies bedeutet, der Grundbesitzer kann aufgrund der vielen gesetzlichen Vorschriften nicht mehr selbst entscheiden, wie die Bewirtschaftung zu erfolgen hat. „Durch die Unzahl von rechtlichen Bestimmungen ist ein Wechsel vom Land- und Forstwirt zum Verwaltungswirt zu befürchten“, kritisierte Lienbacher. Weiters führte er ein Zitat des em. Univ.-Prof.s Manfried Welan an: „Der Weg der Land- und Forstwirtschaft führt in die öffentliche Knechtschaft.“
Zum Wiederaufbau der Wälder wurde 1852 das Reichsforstgesetz erlassen. Dieses wurde vom Forstgesetz 1975 abgelöst. Darin ist die Öffnung des Waldes zu Erholungszwecken erlaubt. „Die Gesellschaft stellt immer mehr Ansprüche an den Wald. Wir müssen uns daher entsprechend wehren“, betonte Lienbacher.
Zu den Rechtsbereichen mit Einfluss auf das Waldeigentum zählen internationale und völkerrechtliche Bestimmungen, europarechtliche Normen, Bundes- und Landesrecht. Laut Lienbacher greift die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie am weitesten in die Bewirtschaftungsautonomie und Dispositionsfreiheit des Eigentümers ein. Weitreichende Bewirtschaftungseinschränkungen mit finanziellen Einbußen seien die Folgen. „Als wichtiger Lösungsansatz gilt der Vertragsnaturschutz. Hier erfolgt eine freiwillige, entgeltliche Vereinbarung zwischen Grundeigentümer und Behörde. Die Waldbesitzer sind von Beginn an eingebunden“, hob Lienbacher hervor.

Naturschutzkonflikte aus der Praxis

Um eine 4,5 ha große Waldfläche zu erschließen, plante Waldbauer Stefan Meir, Metnitztal, einen 400 m langen, Lkw-befahrbaren Forstweg. Ein 25 bis 30 m langer Trassenabschnitt verlief über eine Nassstelle. „Bei der betreffenden Fläche handelt es sich nicht um ein Feuchtgebiet gemäß Kärntner Naturschutzgebiet, lautete eine forstfachliche Beurteilung. Die Wirtschaftlichkeit wurde mir ebenfalls bestätigt, wobei sich die Baukostenschätzung auf 10.000 € belief“, erklärte Meir. Weiters wurden die ökologischen Auswirkungen als unbedeutend bezeichnet. Aus der Sicht des Naturschutzes ginge die Forststraße durch einen Erlenquellhangwald (gefährdeter Biotoptyp laut Roter Liste). Die Ersatzgeldleistungen wurden mit 30.000 € festgelegt. Da diese Aufwendungen eine wirtschaftliche Holznutzung nicht mehr ermöglichten, verzichtete Meir auf den Wegebau. Stattdessen musste er einen Kahlschlag durchführen.
Ein weiterer Konflikt betraf Landwirt Hermann Irrasch, Treffling. Er beantragte eine Rodungsbewilligung für eine Waldfläche der I. und II. Altersklasse. Nach einem positiven Bescheid führte er die Rodung durch und entfernte drei Dornenhecken. Angeblich sollen drei Paare Neuntöter in den Hecken gebrütet haben. Nach einer AMA-Kontrolle wurde ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Vogelschutz- sowie Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie festgestellt. Daher sollte es eine 30 %ige Kürzung der Ausgleichszahlungen, Tierprämie, ÖPUL-Maßnahmen und Betriebsprämie für Irrasch geben.

Vorschlags- und Forderungskatalog

Dr. Franz Hartlieb, Leiter Betriebswesen, Landwirtschaftskammer Kärnten, appellierte an den Gesetzgeber, die stark angezogene „Krawatte“ zu lockern, um der Land- und Forstwirtschaft mehr Luft zum Wirtschaften zu geben. In Kärnten gibt es 50.000 ha Natura 2000-Flächen mit Verschlechterungsverbot. Hartlieb präsentierte einen Forderungskatalog mit folgenden Punkten:
- Rechtsicherheit für die Waldbewirtschafter
- transparente, nachvollziehbare Naturschutzbestimmungen
- kürzere Verfahrensdauer
- Entschädigungspflicht bei Einschränkungen in Natura 2000- und Europa-Schutzgebieten
- Aufnahme von zwei Vertretern der Landwirtschaftskammer in den Naturschutzbeirat

Liberales Forstgesetz

„Vielfältige Bewirtschaftungsmethoden sind die Schlüssel zu einem vielfältigen Wald. Das österreichische Forstgesetz ist liberaler als das der Nachbarländer und gewährt den Waldbesitzern viel Eigenverantwortung“, meinte der Forstwirt und Grüne-Landtagsabgeordnete Michael Johann. Nur auf 1 bis 2 % der Waldflächen gebe es aufgrund von Gesetzen oder freiwilligen Verträgen keine forstlichen Eingriffe. „Für Zwecke des Naturschutzes sind keine Enteignungen erlaubt, sondern nur Bewirtschaftungseinschränkungen vorgesehen“, erläuterte Johann.

Übertriebene Bürokratie hinderlich

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Christian Benger, Landesrat für Land- und Forstwirtschaft, Kunst und Kultur sowie Tourismus und Wirtschaft in Kärnten © Martin Heidelbauer

„Wald ist die gesündeste Fabrik der Welt, die keine Schadstoffe, sondern lebenswichtigen Sauerstoff produziert. Damit das System im Kreislauf gehalten wird, benötigt der Wald ständige Pflege und Nutzungseingriffe“, unterstrich Christian Benger, neuer Landesrat für Land- und Forstwirtschaft, Kunst und Kultur sowie Tourismus und Wirtschaft in Kärnten. Holz sei ein hochwertiges Produkt. „Wir sind Weltspitze im Holzsektor und globaler Innovationstreiber“, verwies Benger.
„Ich verstehe die übertriebene Bürokratie in Naturschutzfragen nicht“, kritisierte Benger. So drohe vonseiten der EU ein Vertragsverletzungsverfahren für Natura-2000-Gebietsausweisungen. Dies solle nur die Anzahl der unterschiedlich ausgewiesenen Schutzgebiete und nicht den Flächenbedarf betreffen. „Sensible Lebensräume gehören geschützt – aber unter Einbeziehung der Grundeigentümer. Es fehlt mir der Respekt gegenüber den Waldbesitzern. Das Thema ist so komplex, dass es nur gemeinsam gelöst werden kann“, appellierte Benger.