423 Mio. fm Holz wurden 2012 in der EU geerntet. Nur 87 Mio. m3 blieben davon als Massivholzprodukte übrig (s. Holzkurier Heft 13, S. 2–3). 80 % der Holzernte werden also im Laufe ihrer Primärnutzung gehackt, zerspant, zerfasert oder verbrannt. Um diese Menge ging es bei einer Podiumsdiskussion am 3. April an der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien. Organisiert wurde sie von der Studienvertretung Forst- und Holzwirtschaft. Rund 100 angehende Forst- und Holzwirte erlebten einen zweistündigen Austausch bekannter Argumente (und so mancher Unfreundlichkeiten). Auf der einen Seite beklagten Papier- und Plattenindustrie die Förderung der energetischen Holzverwertung. Auf der anderen Seite wies der Biomasseverband darauf hin, dass mineralische Brennstoffe in erster Linie von Waldbiomasse und Sägenebenprodukte ersetzt werden müssten. Dazwischen gibt es die Sägeindustrie, welche vor der Abhängigkeit von der Pelletsbranche warnt. Den Forstbesitz freut indes, dass subventionierte Kraftwerke massig Nebensortimente abnehmen.
„Fehlgeleitet“ und „ohne Augenmaß“
Trotz der aktuell guten Versorgung war die Diskussion spürbar angespannt. Die gute Rundholz- und Restholzverfügbarkeit sei nur temporär. „In spätestens drei Monaten“ habe sich die Lage wieder eingependelt, meinte Felix Montecuccoli. Der Geschäftsführer der Land- & Forstbetriebe Österreichs war als Vertreter der Waldbesitzer am Podium. In dieser Funktion begrüßte er natürlich die hohe Nachfrage nach allen Holzsortimenten. Er bekannte sich auch zur Notwendigkeit der Förderung der Biomassekraftwerke – vor allem für Laubhölzer. „‚Fichte kann ich jederzeit verkaufen. Was aber mach‘ ich mit meinen Akazien und Hollerstauden?“, fragte er in den Raum.
Laubholz ist und bleibt uninteressant
proHolz-Obmann und Sägewerksbesitzer Hans-Michael Offner machte seine Meinung zum Laubholz ebenfalls deutlich. Dass in Deutschland schon zu zwei Dritteln mit Laubholz aufgeforstet werde, sei „ein Wahnsinn“. Die anwesenden Professoren forderte er auf, sich zu fragen, was denn mit dem Holz geschehen solle. Die Wirtschaft brauche Nadelholz. Für das gepflanzte Laubholz sei der Bedarf nicht vorhanden. Eine forstliche Brennholzproduktion mache in unseren Wäldern volkswirtschaftlich keinen Sinn.
Neue Erhebungen zu Waldstatistiken
Die Frage, welche Holzmengen in Österreichs Wäldern genutzt werden, ist nicht unumstritten. Offner bezweifelte die amtlichen Statistiken. Tatsächlich wird etwa die Holzeinschlagsmeldung in Österreich skeptisch gesehen. Univ.-Prof. Peter Schwarzbauer erklärte, dass vom FHP ein Forschungsauftrag erteilt wurde, durch welchen die Datengrundlagen für Holzströme in Österreich, unter anderem auch die Holzeinschlagsmeldung, hinterfragt und Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt werden sollten.Um stoffliche und energetische Ziele zu erfüllen, fehlen Europa bis 2030 300 Mio. fm Rohholzäquivalent, merkte Schwarzbauer an. Egal, wie viel Holz in Österreich zur Verfügung steht: Es wird in Zukunft zu wenig sein. Alle am Podium meldeten Bedarf an. Das war nicht zuletzt Dr. Heinz Kopetz. Der Präsident des Welt-Biomasseverbandes verwies auf die Klimaziele. Um CO2-Emissionen zu senken, müsse die Verbrennung fossiler Energieträger zurückgehen. Waldbiomasse werde dabei die wichtigste Rolle spielen, war sich der Klimavordenker sicher. In der EU Fracking zu erlauben, um bei Energiekosten den Anschluss an die USA nicht zu verlieren, sei ein „grundfalscher“ Ansatz.
Kopetz unterstützte die Forderung nach möglichst effizienten Kraftwerken. Denn auch wenn Biomasse ohne kaskadische Nutzung verbrannt werde, müsse das effizient geschehen. Es brauche aber auch in Zukunft Investitions- und Einspeisevergütung. Das begründete er unter anderem damit, dass fossile Energien weltweit wesentlich höher unterstützt würden als erneuerbare.
Verbrennung bringt kaum Arbeitsplätze
Einen für die Studenten wichtigen Aspekt erwähnte Döry in einem Nebensatz. Er war einst für den Aufbau eines 50 MW-Biomassekraftwerks verantwortlich. Darin haben zwei Personen gearbeitet. (Anm. d. Red.: Das entspricht einem Arbeitsplatz je 100.000 fm/J Einschlag – weit weniger, als für die stoffliche Verarbeitung nötig wären). Holzverbrennung vernichte also Wertschöpfung und Jobs.Pellets boomten in den vergangenen Jahren. Offner liefert schon 90 % seiner Sägespäne in diese Branche. Das erzeugt eine unangenehme Abhängigkeit. Der vergangene warme Winter bewies, wie schnell die Späne- und Pelletslager voll sind. Die Platten- und Papierindustrie kauft weniger volatil ein. Einst gab es in Kärnten drei Papiererzeuger. Heute ist nur mehr Mondi in Wolfsberg übrig. „Es darf nicht passieren, dass das geplante Biomassekraftwerk Klagenfurt die letzte Papierindustrie umbringt. Die Abhängigkeit von der Pelletsindustrie bei Spänen ist fatal“, warnte Offner.
Gehört Holzverbrennung gefördert? Jein.
Als die Statements am Tisch waren, fragte der Moderator die Studenten: Ist die Förderung von Holz gut? Die Antwort fiel zu 50 % mit Ja und zu 50 % mit Nein aus. Das entspricht exakt dem Verlauf der Diskussion. Alle Teilnehmer präsentierten valide Argumente. Je nach Horizont (Unternehmersicht, Lobbyistensicht, Weltklimasicht) führt das aber zu konträren Forderungen.Moderiert wurde die Podiumsdiskussion vom stellvertretenden Holzkurier-Chefredakteur Hannes Plackner, der auch diesen Bericht verfassst