1224505645.jpg

Flagge Schweden © Archiv

Leben ohne Überkapazität

Ein Artikel von DI Hannes Plackner | 27.06.2012 - 08:06
13407802380141.jpg

Anders Ek, Managing Director SCA Timber Supply © Ek

Wenn die Einschnittkapazität dem Einschlag angepasst ist, sieht das Leben für die Sägewerke gleich etwas einfacher aus. SCA Timber, Sundsvall/SE, ist der größte Schnittholzproduzent nördlich von Stockholm und besitzt 2,6 Mio. ha Wald. Trotzdem wird akribisch darauf geachtet, eine Balance zwischen Zuwachs und Rundholzernte zu erhalten, berichtet Anders Ek, Managing Director SCA Timber Supply, im Holzkurier-Marktgespräch. Die aktuelle Lage sieht er ambivalent. Die saisonüblichen Lagerstände seien ein gutes Zeichen, aber der hohe Rundholzpreis nagt am Profit. Anders als mitteleuropäische Sägewerke kann SCA Timber aus einer stärkeren Position heraus verhandeln.
1224505645.jpg

Flagge Schweden © Archiv

Holzkurier (DI Hannes Plack­ner): Sehr geehrter Herr Ek. Wie sieht die Lage für Schwedens Sägeindustrie aus?
Anders Ek: Trotz normaler Lagerstände ist es eine angespannte Situation. Wenn man in die Vergangenheit blickt, gibt es stets eine gute Korrelation zwischen Schnittholzpreis und Lagerstand. Mit dem Verbrauch hat der Schnittholzpreis bei Weitem nicht so viel zu tun, zeigen unsere Aufzeichnungen. In Finnland und Schweden waren im April rund 1,3 Mio. m³ Kiefernschnittholz auf Lager. Das sind 10 % weniger als im Vorjahr. Bei Fichte ist der Lagerstand mit knapp über 1,6 Mio. m³ 1 % unter dem Vorjahr. Das sind für diese Jahreszeit normale Lagerstände. Signifikant niedriger waren sie nur zu Boomzeiten 2007. Wesentlich höher dafür in den Krisenjahren 2008 und 2009. Das Problem ist aber, dass die Stimmung in den Absatzmärkten nicht allzu gut ist. Und natürlich schmerzt uns der hohe Rundholzpreis.

HK: Aber die Einkaufssituation sieht in Schweden anders aus als in Mitteleuropa.
Ek: Ja das stimmt – aber nicht überall. In Südschweden gibt es ebenso wie in Zentraleuropa eine Überkapazität. In Nordschweden ist das nicht so schlimm. Hier achten wir akribisch da-rauf, dass die Einschnittkapazität die Erntemenge nicht übersteigt. SCA ist als großer Waldbesitzer und Rundholzkäufer in der Lage, dieses Verhältnis aktiv zu steuern. Wenn wir neue Kapazitäten in unseren Ziel-Sägewerken Bollstabruk, Tunadal, Munksund und Gällö aufbauen, werden kleinere Einheiten geschlossen. Unlängst wurden von SCA etwa die Sägewerke Jämtlamell mit 300.000 fm/J und Tjärnvik mit 240.000 fm/J Einschnittkapazität geschlossen. Das Wichtigste ist, die Balance zu wahren. Es darf nicht geschehen, dass das Verhältnis zwischen Einschnittkapazität und Erntemenge so unausgewogen wird wie in Zentraleuropa oder Südschweden.

HK: Da SCA gleichzeitig Wald- und Sägewerkseigentümer ist, gibt es wohl mehr Verständnis für die Lage des Anderen.
Ek: Der Graben zwischen der Forst- und Holzindustrie ist hier viel kleiner als in Mitteleuropa. In Schweden können wir uns aus dem Wald selbst versorgen. Die Rundholzimportmengen sind sehr gering. Ähnliches gilt für Finnland. Nachdem Russland 2007 die Rundholzzölle drastisch nach oben gefahren hat, reduzierte die Sägeindustrie ihre Kapazitäten um 25 %. Finnland hat Großunternehmen, wie Stora Enso oder UPM, die sich das leisten können, Sägewerke zu schließen. Heute ist die finnische Sägeindustrie mit einer Einschnittkapazität von 9 bis 10 Mio. fm/J in der Lage, sich im Inland zu versorgen und damit in einer starken Position.

HK: Wie sehen Sie die Lage in Österreich?
Ek: Als Beobachter von außen schätze ich die Lage in Österreich diametral anders ein. Hier ist man auf Rundholzimporte angewiesen, aber die gehen zurück. Das bringt die Forstwirtschaft in eine unglaublich starke Verhandlungsposition. Ich habe den Eindruck, dass die Österreichischen Bundesforste nicht imstande sind, die Bedürfnisse der Holzindustrie zu erfüllen.

HK: Welche Auswirkungen haben alle diese Entwicklungen auf die europäische Schnittholzproduktion?
Ek: Die fünf wichtigsten Erzeugerländer – Österreich, Deutschland, Finnland, Schweden und Russland – haben im Vorjahr 76 Mio. m3 Nadelschnittholz erzeugt. Wenn sich die Produktionszahlen der ersten paar Monate heuer fortsetzen, rechne ich mit einer Abnahme um 4 % auf 72,7 Mio. m³. Die größten Rückgänge sollte es in Österreich, Deutschland und Russland geben, – vorausgesetzt, dass sich der Trend fortsetzt. Nach den jüngsten Zahlen im Mai zeichnet sich auch in Schweden ein minimaler Rückgang ab. Der ist hauptsächlich einem geringeren Fichteneinschnitt in Südschweden geschuldet.

HK: Mit dem fallenden Euro müssten sich die schwedischen Produzenten gerade auf den mitteleuropäischen Absatzmärkten schwer tun.
Ek: Korrekt, kurzfristig frisst uns das die Marge weg. Langfristige Währungsänderungen werden im Endeffekt aber vom Forst getragen werden. Da wir hier nur geringe Überkapazitäten haben, sind wir dazu in der Lage.

HK: Wie läuft es auf Ihren Absatzmärkten?
Ek: In aller Kürze: In Schweden bleiben die Neubauzahlen deutlich unter dem Boom von 2006 und 2007. Viel bedeutender ist die Sanierung, die eigentlich seit zehn Jahren konstant zunimmt und mittlerweile doppelt so viele Wohneinheiten betrifft als der Neubau. Europaweit war der Schnittholzverbrauch im 1. Halbjahr geringer als 2011. Es gibt aber große regionale Unterschiede. Der deutschsprachige Raum und die nordischen Länder laufen gut oder befriedigend. England, Frankreich und der Mittelmeerraum zeigen eine Abschwächung. Die Levante hat mengenmäßig zum Vorjahr deutlich zugelegt. Exporte nach Libyen sind bereits wieder auf einem Normalniveau. Positiv könnte der Ramadan sein, der heuer in den Juli fällt. Da wird aufgrund der Hitze ohnehin wenig gebaut. Die Exporte nach Japan blieben zum Vorjahr unverändert. Der Chinamarkt hat sich etwas abgekühlt, die Mengen sind aber trotzdem noch auf einem historischen Rekordniveau.

HK: Können Sie abschließend noch einen Preisausblick auf die zweite Jahreshälfte geben?
Ek: Die Schnittholzpreise sind in Mitteleuropa zuletzt stärker gestiegen als in Schweden. Das hat auch mit dem schwächeren Euro zu tun. Im III. Quartal rechne ich mit einer Stagnation der Erlöse für nordisches Schnittholz. Steigerungen sind vielleicht bei Kiefer möglich, bei Fichte nur marginal. Aber von einer Schnittholz-Verbilligung ist nicht auszugehen.