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Skizze: Querlagen ohne Fenster und Türen strömen aus der Dimter-Fugenverleimung © Johannes Plackner

Weiter Richtung Brettsparholz

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 13.06.2014 - 13:44
Die provokative These zu Beginn: „Bis jetzt ist die Brettsperrholz-Technologie keine he-rausragende Ingenieursleistung.“ Das sagt Dr. Otto Leible, Geschäftsführer von Weinig Concept, der Planungs- und Projektierungsabteilung des Tauberbischofsheimers Maschinenbaukonzerns.
Als die Idee von BSP vor 15 Jahren geboren wurde, waren die Rahmenbedingungen andere. Günstige Seitenware gab es zuhauf. Es sollte ein marktfähiges Produkt gefunden werden, in dem möglichst viel davon enthalten sei. Die Zeiten des günstigen Schnittholzes neigen sich dem Ende zu, wenn man der überwiegenden Mehrheit der internationalen Marktanalysen glaubt. Freilich wird auch in Zukunft ein massives Wandelement aus Holz am Bau gefragt sein. Allerdings gilt dann nicht mehr möglichst viel, sondern möglichst wenig Rohware darin zu verbrauchen.
Damit kommen wir zurück in jenen Bereich, dem Leible wohl durchaus das Prädikat „herausragende Ingenieurleistung“ verleihen würde. Denn das Weinig-Team hat drei Ansätze entwickelt, mit denen sich gegenüber herkömmlicher Technik über 35 % Holz sparen lässt. Zwei davon haben sich in der Praxis schon bewährt.

Ansatz 1: Fenster und Türen frei lassen

So gut wie alle BSP-Elemente werden nach Auftrag produziert. Das heißt, schon beim Verpressen der Elemente ist klar, wo später Fenster und Türen sein werden. Trotzdem werden jährlich mehrere Zehntausend Kubikmeter in diesen Obsoletvolumina verwendet, nur um sie später wieder entfernen zu müssen. Der Anteil der Vergeudung wird sich eventuell sogar noch verschärfen, denn Architekten verwenden zunehmend größere Fenster.
Weinigs Antwort darauf heißt ProfiPress C. Diese Fugenverleimpresse aus dem Hause Dimter, Illertissen/DE, erzeugt schmalseitenverleimten BSP-Einzellagen unter Berücksichtigung der Tür- und Fensterausschnitte. Verleimt wird mit modernem PUR-Klebstoff. Minimale Auftragsmenge (60 bis 100 g/m2) in Verbindung mit Kaltverleimung soll „sehr wirtschaftliche“ Prozesskosten ermöglichen. Gegenüber voll verleimten BSP-Platten bringe die Fenster- und Türoptimierung eine Holzeinsparung von 10 bis 12 %, so Leible.
Realisiert wurde dieses System bereits bei den Sonnleitner Holzbauwerken, Ortenburg an der Donau/DE. Dieser Fertighaushersteller hat damit sein Blockhausbohlen-Wandsystem um ein kreuzverleimtes Produkt ergänzt. Die Maximaldimensionen liegen bei 3 m Breite, 14 m Länge und 40 cm Stärke. Die Anlage ist dabei so flexibel, dass Sonnleiter auf ihr ebenfalls die bewährten Blockhauswände erzeugt. Doch das ist nicht die einzige Besonderheit in Ortenburg.

Ansatz 2: Lagen mit Mäanderfräsung

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System Vivatec besitzt mäanderförmig eingeschlitzten Lagen - das verbessert den U-Wert © Johannes Plackner

System „Vivatec“ nennt Weinig die mäanderförmig gefrästen Lagen im Brettsperrholz. Das verbessert gleich zweierlei: erstens den U-Wert des Wandelements und zweitens die Holzeffizienz. Denn die Späne können stofflich oder thermisch genutzt werden. Sonnleitner nutzt sie beispielsweise zur nachhaltigen Energiegewinnung am Standort.
Zwar muss so ein Wandaufbau mit eingefrästen Lamellen im Einzelfall zugelassen werden. Wenn das für einen ambitionierten Fertighaushersteller in Niederbayern aber keine Hürde darstelle, könne das für die BSP-Industrie mit ihren wesentlich größeren Produktionsmengen ebenfalls kein Problem sein, ist Leible überzeugt.
Schon vor vier Jahren hat Weinig bei Sonnleitner eine flexible Hobelanlage montiert, die auch die Vivatec-Lamellen anfertigen kann. Diese wurde vor zwei Jahren um die automatische Wandfertigung ergänzt. Das Hobelwerk beginnt mit einer Schrägentstapelung, einer manuellen Kontrolle und einer Fehlerkappsäge. Eine Keilzinkanlage fertigt daraus eine Endloslamelle, die entsprechend der Wandabmessungen abgekappt wird. So geht kein Zentimeter Holz verloren.

Ansatz 3: in der Mittellage Bretter sparen

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Beim System Resortec werden gezielt Freiräume in den Mittellagen gelassen © Johannes Plackner

Noch radikaler ist Weinigs „Resortec“-Technologie. Dabei reduzieren die Tauberbischofsheimer die BSP-Mittellage auf das, was sie statisch gesehen ist: einen Distanzhalter. Das Element erfüllt dabei seine Primärfunktionen einwandfrei. Es ist dank seiner geschlossenen Deckschichten massiv, statisch gesehen eine Scheibe und wesentlich schwerer als ein Holzrahmenbau. Gleichzeitig bringt es mit seinen Ausnehmungen im Inneren Vorteile beim Holzverbrauch und bei der Wärmedämmung.

Bekannter Ansatz: sparen, wo möglich

Selbst wenn in den allermeisten Fällen (noch) keine Schlangen in die Lamellen gefräst oder Mittellagenbretter ausgespart werden: Weinig hilft den bereits heute zahlreichen BSP-Produzenten beim Holzsparen – und zwar in erster Linie beim Hobeln. Schräg gestellte oder schwimmende Spindeln schlagen sich in einem reduzierten Einkaufsmaß nieder. Planparalleles Breitenhobeln sei gerade bei BSP mit allseitigem Pressdruck sehr sinnvoll, heißt es.
Eine weitere Möglichkeit, die Weinig zur erhöhten Holzausbeute propagiert, ist die Blockverleimung von Seitenbrettern oder minderwertiger Ware. Auf diese Weise wird aus dem günstigsten Schnittholz plötzlich feinjährige Halbriftware (s. Kasten li. S.).
Klar ist: Die effiziente Lamellenaufbereitung, Verleimung und Platzierung brauchen Know-how. Dies ist die ein genereller Ansatzpunkt, da bei weit über 90 % der aktuellen BSP-Produktion Türen und Fenster mitverleimt, danach aber weggeschnitten werden. Um diesen Schritt zu vermeiden, gleichzeitig aber „Prozesssicherheit“ (ein Lieblingswort von Leible) zu gewährleisten, braucht es Ingenieurs-Hirnschmalz, wie man sie vom Marktführer bei der Massivholztechnologie erwarten darf.
Langfristig sind die Entwicklungen sinnvoll. Mit jedem Euro, den der Schnittholzpreis anzieht, machen sich Holzsparinvestitionen eher bezahlt. Dass gleichzeitig die Klebstoffe bei Presszeit und Auftragsmenge große Fortschritte machen, beschleunigt diese Entwicklung. Wobei: Einen Wermutstropfen gibt es: Weder Resortec, noch Vivatec-Elemente sind in der (wahrscheinlich) kommenden Norm abgedeckt. „Die Standards müssen so formuliert werden, dass sie Innovationen nicht abwürgen“, betont der Weinig-Manager.

Blockverleimung bei BSP

Das Prinzip hinter Brettsperrholz ist bekannt und bewährt: Günstige Seitenware wird zu Wandelementen verleimt. Für bessere Ressourcennutzung hat Weinig ein Konzept für blockverleimte Lamellen entwickelt. Am Anfang stehen wieder Seitenbretter. Am Ende wartet aber eine Oberfläche mit Rift- oder Halbriftqualität. Dazu sind folgende Prozessschritte nötig:Eine Fehlerkappsäge entfernt grobe Fehler Stellen aus der trockenen Seitenware.2. Die Bretter werden zu einer Endloslamelle keilgezinkt oder stumpfgestoßen und egalisiert.Mit raschem PUR-Klebstoff wird eine Art Seitenware-BSH bereits in der nötigen Länge (für Quer- oder Längslagen) erzeugt.Der ausgehärtete Rohling wird per Bandsäge rechtwinkelig zur Leimfuge wieder aufgetrennt und die Abschnitte werden wieder egalisiert.Die dabei entstehenden Lamellen haben stehende Jahrringe, sind sehr homogenisiert und zeigen eine edle Holzoberfläche.Je nach Qualität können die blockverleimten Lamellen in Deck- oder Mittellage verwendet werden.Der Vorteil dieser Methode liegt laut Weinig bei der besseren Materialausnutzung und der höheren Qualität des Endprodukts. Vor allem bei weiter steigenden Schnittholzpreisen und dem erhöhten Seitenwarenanteil (wegen schwächerer Stämme) werde dieser Ansatz interessanter, sagen die Weinig-Experten.

Fenster und Türen einfach weggelassen

Bei der Fertigung von BSP- mit Fenster- und Türausschnitten muss zwischen Quer- und Längslagen unterschieden werden. Meist wird mit einer Querlage begonnen, weil die Elemente mit stehenden Außenlagen als Wände zum Einsatz kommen. Ein Vakuumheber platziert die Lamellen vor einer Kappsäge. Dort werden die Zuschnittslängen vorbereitet. Die Bretter variieren von wandhoch, hüfthoch (Fenster) bis handbreit (Giebelwandecken).Im Längstransport werden die Schmalseiten der Lamellen mit 1-K-PUR beleimt.In der folgenden Dimter-Presse platziert ein Stoppersystem die Teile dort, wo sie später in der Wand sein sollen. Der Produktionsrechner übermittelt die Positionsdaten an die Maschinensteuerung. Danach werden die Stopper positioniert. Ein Messsystem am Einlauf prüft die Materiallängen und stoppt die Anlage bei eventuellen Maßfehlern. Dank Einzeleinschub weisen die Lamellen keinerlei Höhenversatz auf.Aus der Presse kommen fertige Querlagen als Platten. Ein Handlingsystem hebt sie auf den nachfolgenden Arbeitstisch. Wenn die Querlagen als Platten vorgefertigt sind, können die Längslagen als Einzellamellen verarbeitet werden. Dabei geschieht Folgendes:Eine Kappsäge längt die Teile auf die vom Leitrechner vorgegebenen Maße ab. Beim Längstransport werden die Teile mittels eines Stopper-/Positioniersystems sanft abgebremst und positioniert.Ist die Längslage vollständig, wird sie seitlich auf einen Vorlagetisch abgeschoben. Je nach Breite passiert das in der Regel 20 bis 21 Mal, bis die komplette Wandscheibe (unter Berücksichtigung der Fenster- und Türausschnitte) vorbereitet ist.Die Längslage wird abschließend auf den Bearbeitungstisch abgeschoben.Vollautomatisch formt sich auf diese Weise ein BSP-Rohling, der schon an die Konstruktionszeichnung erinnert. Wie die einzelnen Lagen verbunden werden, hängt von den Kundenbedürfnissen ab. Weinig realisierte bei den Sonnleitner Holzbauwerken eine flexible Lösung mit Stahlklammern. Lagenverleimung mit PUR-Klebstoff wäre aber ebenso möglich
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Skizze: Querlagen ohne Fenster und Türen strömen aus der Dimter-Fugenverleimung © Johannes Plackner

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Realität: Das Weglassen unnötiger Holzvolumina funktioniert (Sonnleitner Holzbauwerke) © Johannes Plackner

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Wesentlich weniger Verschnitt fällt beim Abbund solcher Wände an © Johannes Plackner

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Hightech von Dimter: die ProfiPress C?3200 © Johannes Plackner