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In Vancouver trafen sich Spitzenverteter der größten Holzindustrien der Welt. Der Holzkurier war für Sie dabei. © Hannes Plackner

Warten auf den Supercycle* 

Ein Artikel von Hannes Plackner (von Global Log and Lumber Conference, Vancouver) | 11.05.2012 - 00:22
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In Vancouver trafen sich Spitzenverteter der größten Holzindustrien der Welt. Der Holzkurier war für Sie dabei. © Hannes Plackner

Vergessen wir kurz die aktuellen Katas­trophenmeldungen aus der Sägewerksbranche. Langfristig und global gesehen, schaut die Lage für Nadelschnittholzproduzenten nämlich sehr gut aus. Das war auf der 2. Global Log and Lumber Conference am 9. Mai in Vancouver zu erfahren. Vortragende aus allen Kontinenten schilderten ihre Sicht auf die globale Sägeindustrie.
* Ein Supercycle entsteht, wenn folgende mögliche Szenarien in den kommenden Jahren gleichzeitig eintreten:
    Die USA kommen langsam wieder zu einer normalen Bautätigkeit zurück. 2012 werden 700.000 gebaute Einheiten erwartet. Das Normalniveau wird bei 1,6 Millionen Einheiten gesehen. Wie lange die Erholung noch dauern wird, ist aber unklar.Der klassische Schnittholzlieferant der USA ist Kanada mit über 95 % Marktanteil. Aufgrund massiver Käferkalamitäten in Britisch-Kolumbien und Alberta (beginnend) wird der jährliche Einschnitt von 60 Mio. fm auf rund 45 Mio. fm sinken. Die Rundholzreduktion wird in vier bis sechs Jahren eintreffen und 40 bis 60 Jahre anhalten.China hat sich in der Lehman-Krise als Rettung für die kanadischen Sägewerke erwiesen. Die Menge an kanadischem Holz, das mittlerweile nach China geht, entspricht 200.000 bis 250.000 Neubau-Einheiten in den USA. Der Holzhunger des Reichs der Mitte wird (wenn vielleicht auch langsamer) weiter wachsen.

Hausse in zwei, drei Jahren ...

In geringerem Ausmaß werden Russlands WTO-Beitritt, die Entwicklungen in der Levante, Europas Schuldenkrise und die Entwicklungen der Frachtkosten die Märkte beeinflussen, erläuterte Russ Taylor, Chef des Marktforschungsunternehmens International Wood Markets. Welche Auswirkungen diese Begebenheiten auf die Sägewerke in Europa haben werden, ist aber genauso unklar wie die Frage, wann es so weit sein wird. Taylor rechnet mit zwei bis drei Jahren.

Ein Sägewerk mit 180 Linien

China bleibt weiterhin ein schwierig zu kalkulierender Marktteilnehmer. Der Holzhunger (2011: 31,5 Mio. fm Nadelrundholz, 21,8 Mio. m3 Nadelschnittholz) rettete Kanadas Sägebranche in der Krise. In Neuseeland trat das Gegenteil ein. Dort schwimmt mittlerweile ein Drittel der Rundholzernte nach China (fast ausschließlich Pinus radiata-Plantagenholz). Den lokalen Sägewerken wird das Holz vor den Werkstoren weggekauft. „China kann gegenwärtig aufgrund der günstigsten Einschnittkosten von 10 US-$/m3 die höchsten Rundholzpreise frei Werk zahlen“, erklärte Gerry Van Leeuwen von International Wood Markets.

Das 2 Mio. fm-Sägewerk

Das wird sich noch intensivieren. Im bevölkerungsreichsten Land der Welt entsteht gegenwärtig auch der größte Sägestandort der Welt. Wer dort eine Linck-Linie erwartet, liegt weit daneben. In 18 Sägehallen werden je zehn einfache Bandsägen betrieben, schilderte Taylor seine Eindrücke, die er vor Ort erlebt hat. Das ergibt einen Jahreseinschnitt von 2 Mio. fm im „chinesischen Einschichtbetrieb“ (Taylor). Sechs dieser Hallen sind bereits in Betrieb.

David Xu, vom Rundholz-Importeur Guo Fan Ze Hai, Shandong/CN, erklärte die Sicht der Käufer. „Qualität oder Holzart sind nicht so wichtig. Nur, wer langfristig und in ausreichenden Mengen liefern kann, wird von chinesischen Käufern in Betracht gezogen.“ 42 % der Rundholzimporte kamen 2011 aus Russland („beste Qualität), 23 % aus Nordamerika („mittlere Qualität“) sowie 31 % aus Neuseeland und Australien („Radiatakiefer minderer Qualität“). Auch, wenn es im I. Quartal eine 11 %ige Abminderung chinesischer Rundholzimporte gegeben hat, rechnet Xu damit, dass sein Heimatland weiter ein Riesenmarkt für Nadelrundholz sein wird. In den kommenden drei bis fünf Jahren geht er keinesfalls von einem Rückgang der Importe aus.

Van Leeuwen pflichtete dem bei: „Chinas zusätzlicher Holzbedarf wird bis 2015 100 bis 150 Mio. m3 Rundholzäquivalent betragen.“ Größter Verbraucher ist die Baubranche. Bis 2015 will Peking jährlich zehn Millionen Wohneinheiten allein für finanzschwache Familien errichten.

Von Sibirien in die Mandschurei

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Slava Bychkov von Ilim Timber präsentierte das auf drei Kontinenten tätige Unternehmen © Hannes Plackner

Slava Bychkov von Ilim Timber schilderte die Lage in Russland. 2011 exportierte das Riesenreich 11 Mio. m3 Schnittholz und knapp 20 Mio. fm Rundholz. Von Letzterem landeten drei Viertel in China, das von Russlands WTO-Beitritt wohl am meisten profitieren wird. Darüber hinaus gebe es billigeres Rundholz für Finnland und eventuell auch für Nordamerika, glaubt Bychkov. Er warnt davor, die Auswirkungen des WTO-Beitritts zu überschätzen.

Ilim Timber war eigenen Angaben nach 2011 mit 487.000 m3 der größte Schnittholzproduzent Russlands (Mayr-Melnhof Efimovski war dieser Tabelle zufolge mit 360.000 m3 auf Rang 3). 300.000 m3 aus der Ilim Timber-Produktion landeten in China.

Chris McIver schilderte die Ansichten des weltgrößten Schnittholzproduzenten West Fraser, Vancouver. Trotz des Chinabooms liefert sein Arbeitgeber immer noch 63 % in die USA. Die leichte Erholung beim Hausbau brachte Ende des I. Quartals die Schnittholzpreise etwas in Bewegung. Sollten die Prognosen für den US-Hausbau zutreffen, sieht MacIver „Potenzial für extrem gute Preise“. Dazu müsste man aber die Ware auch zum Kunden bringen. Es gebe bereits jetzt einen Mangel an Frächtern in den USA und Kanada. Abgesehen davon stimmte er den Lobeshymnen für China („da sind wir sehr optimistisch“) und Indien („eine großartige Möglichkeit“) bei.

Lebensgefährliches Käferholz

Sorgen bereitet aber die Verarbeitung des trockenen Käferholzes. Heuer hat es bereits in zwei Sägewerken Explosionen mit Todesfolge gegeben. Die Gründe dafür sind unklar. Vermutungen gehen in Richtung Sägespäne. Da die Bloche trocken verarbeitet werden, muss mit der Brandgefahr ganz anders umgegangen werden.

Erholung in Europa erst ab 2013

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Olle Berg, Senior Vice President von Stora Enso, sprach in Vancouver über die Europäsiche Sichtweise des Schnittholzmarktes © Hannes Plackner

Ein weiteres Hungerjahr erwartet Olle Berg, Senior Vice President von Stora Enso. Frühestens 2013 rechnet er mit einer Erholung in Europa. Diese müsse aber von außen kommen. 2007 wurden in Europa noch über 2,5 Millionen Wohneinheiten fertiggestellt. 2011 waren es knapp unter 1,5 Millionen. Diese Zahl werde heuer und 2013 nur ein bis eineinhalb Prozent zulegen, meinte Berg. Europas Rettungsanker waren Exportmärkte im Süden und Osten. „Die Levante rettete Europas Sägewerke in Krisenzeiten.“ Die Region wird ein Hoffnungsmarkt bleiben. Warum, erklärt ein Blick auf die Demografie: Das Durchschnittsalter in Schweden ist 42 Jahre, im Mittleren Osten und Nordafrika 25 Jahre bei einer Population von 300 Millionen.

Die Aussichten für Japan sind ambivalent. Der Markt wird bei 800.000 bis 850.000 Wohneinheiten stagnieren. Eine wahrscheinliche Anhebung des Steuersatzes im Baugewerbe könnte den Bedarf um bis zu 35 % reduzieren. Auf der Habenseite verbucht Berg aber einen steigenden Holzbauanteil und zumindest zehn Millionen Wohneinheiten, die in den kommenden Jahren saniert werden müssen. Sie entsprechen unter anderem nicht mehr den aktuellen Erdbeben-Vorschriften.

„Wir bekommen Sägewerke angeboten“

In Europa bleibt die Lage für Sägewerke weiter schwierig. Zuletzt konnten dank höherer Produktionsdisziplin (= weniger Einschnitt) die Preise etwas angehoben werden. Einkaufsseitig kommt es darauf an, wo man sich befindet. In Zentraleuropa (Österreich, Deutschland, Tschechien) erkennt Berg einen „Rohstoff-Krieg“. Etwas abgeschwächt folgen Finnland, Schweden und das Baltikum. Wenn aber neue Kapazitäten entstehen, dann nur dort, wo es verfügbares Rundholz gibt: in Polen, Weißrussland, Rumänien oder der Ukraine. In Mittel- und Nordeuropa erwartet er dagegen eine Konsolidierung der Branche.
Wie schwierig es in Europa wirklich ist, hat wohl Bychkov am besten ausgedrückt: „Wir bekommen regelmäßig Angebote, große Sägewerke in Österreich, Deutschland, Tschechien, Finnland oder Schweden zu kaufen …