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Hank Ketcham legte Ende 2013 nach 28 Jahren seine Funktion als CEO von West Fraser zurück. Der Sohn des Unternehmensgründers steigerte den Börsenwert um 1100?%, die Zahl der Beschäftigten von 1800 auf 7309. West Fraser war 2013 mit 8,3?Mio.?m3 weltgrößter Nadelschnittholz-Produzent. © Johannes Plackner

US-Erholung setzt sich fort

Ein Artikel von Hannes Plackner | 19.05.2014 - 10:38
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Hank Ketcham legte Ende 2013 nach 28 Jahren seine Funktion als CEO von West Fraser zurück. Der Sohn des Unternehmensgründers steigerte den Börsenwert um 1100?%, die Zahl der Beschäftigten von 1800 auf 7309. West Fraser war 2013 mit 8,3?Mio.?m3 weltgrößter Nadelschnittholz-Produzent. © Johannes Plackner

Hannes Plackner: Mister Ketcham, als ich Sie vor zwei Jahren interviewte, sprachen wir von der „größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg“ in der kanadischen Holzindustrie (s. Link 1). Hat sich das geändert?
Hank Ketcham: Es hat sich viel geändert und ändert sich weiter. Das traf nicht nur Kanada, sondern auch die USA. In dieser Krise fiel der Schnittholzbedarf in den USA aufgrund des Kollapses der Bauindustrie fast um die Hälfte. Zum Glück hat sich mit China gleichzeitig ein starker Markt entwickelt. Die nordamerikanischen Sägewerke haben in der Krise das Holzäquivalent zu 300.000 Wohneinheiten á 25 bis 35 m3 Schnittholz nach China verkauft. Ohne diesen Markt hätten wesentlich mehr Sägewerke in Nordamerika schließen müssen.

HP: Hat sich der Baumarkt in den USA unterdessen erholt?
Ketcham: Ich würde noch nicht von einer Erholung sprechen. In den USA wurden seit dem Zweiten Weltkrieg immer mehr als eine Million neue Wohnungen gebaut - bis zur Subprime-Krise. [Anm. d. Red.: 2008 fiel der Neubau auf 550.000 Einheiten.] Nun sind wir wieder auf einem Niveau von einer Million. Wir sehen den langfristigen Bedarf aber eher bei 1,5 bis 1,7 Millionen Einheiten pro Jahr.

HP: Dafür, dass sich der US-Bau noch nicht wirklich erholt hat, war West Fraser 2013 aber ziemlich profitabel.
Ketcham: Wir erzielten sogar während der Krise vernünftige Ergebnisse, auch weil wir mit relativ geringem Schuldenstand in den Abschwung kamen. Zudem haben wir moderne und effiziente Werke, halten aber gleichzeitig die Kosten niedrig. Sogar mitten in der Rezession gelang es uns, die Schulden zu verringern, weil wir die Investitionen deutlich zurückgefahren haben. Das ist aber langfristig keine gute Strategie. Daher befinden wir uns nun wieder in einer Phase, wo wir diesen Investitionsstau aufholen. Seit Ende der Krise investieren wir zwischen 170 und 230 Mio. €/J. [Anm. d. Red.: West Frasers Umsatz lag 2013 bei 2,32 Mrd. €.] Der Fokus liegt auf Sägewerken mit rund 70 % der Investitionssummen und Energieprojekten.

HP: Was meinen Sie mit Energieprojekten?
Ketcham: Unsere Zellstoffwerke sind große Stromverbraucher. Dort bauen wir Biomassekessel oder erneuern die Gasturbinen.

HP: Holzpellets produziert West Fraser nicht. Wäre das nicht ein interessanter Markt für Sie?
Ketcham: Wir können das nicht wirklich einschätzen. Eine Reihe von Unternehmen produziert Pellets und wir sind natürlich auch interessiert – aber ebenso vorsichtig. Die Verbrennung wird hier in Kanada wie in Europa gefördert. Angesichts der europäischen Wirtschaftslage frage ich mich aber, wie lange diese Förderung weitergehen kann. Das macht uns skeptisch. Wäre der Pelletsverbrauch rein wirtschaftlich sinnvoll, wäre die Branche eher interessant. In der gegenwärtigen Lage ist man aber sehr von den Regierungen abhängig.

HP: Zurück zu Ihrer Bilanz. 2013 erreichte die Lumber-Division eine EBIT-Marge von 14 %. Ist dieses Niveau noch zu toppen?
Ketcham: Alles ist möglich. Wir sind immer noch nicht in einem starken Baumarkt. Erholt sich der, wird über höhere Rundholzpreise sicher auch mehr Profit an die Waldbesitzer gehen. Als Verarbeiter behalten wir uns aber ein Stück des Kuchens.

HP: Es gibt eine Reihe von Sägewerksübernahmen in Nordamerika. Wie viele Betriebe hat West Fraser in den vergangenen zwei Jahren akquiriert?
Ketcham: Wir kauften zwei in Kanada und zwei in den USA. Zudem haben wir ein stillgelegtes US-Sägewerk wieder hochgefahren. Auf der anderen Seite haben wir ein Sägewerk in Houston, British Columbia, aufgrund der Rundholzverknappung infolge des Käferholzes geschlossen.

HP: Sie müssen Ihre Kapazitäten also an die Kalamitätsmengen anpassen?
Ketcham: Korrekt. In der vergangenen Dekade haben wir die Einschnittkapazitäten in den betroffenen Gebieten signifikant ausgedehnt, um die Käferholzmengen zu bewältigen. Nun geht dieser Vorrat zur Neige. Auf diese Situation reagieren wir.

HP: Sehen Sie Bedarf für Sägewerksneubauten in den USA?
Ketcham: Schwierige Frage. Ich denke, es gibt eine Reihe stillgelegter Betriebe, die wieder hochgefahren werden könnten. Andere Sägewerke werden ihre Schichten oder Kapazitäten ausweiten.

HP: Der Einschnitt in Kanada sinkt also, während die Kapazität im Süden der USA zunimmt. Müssen sich die Schnittholzkunden nun von SPF (Fichte, Kiefer, Tanne) auf Southern Yellow Pine (Sumpfkiefer) umorientieren?
Ketcham: Ja, das wird passieren. Vor allem die kanadischen SPF-Mengen werden zurückgehen.

HP: Wenn wir die stete Erholung des US-Baumarkts ansehen – denken Sie, dass europäische Sägewerke in naher Zukunft wieder auf einen Marktanteil, wie Mitte der 2000er-Jahre, von 4 bis 5 % kommen?
Ketcham: Das hängt vom Preis ab. Sobald der Export profitabel ist, kommen sicher wieder Schnittholzmengen aus Europa. Natürlich sind deren Rundholzpreise höher. Es wird aber auch stark davon abhängen, wie sich der Euro-Dollar-Kurs entwickelt.

HP: Wie schätzen Sie die nächsten zwei, drei Jahre für die nordamerikanischen Sägewerke ein?
Ketcham: Wir sind ganz optimistisch, obwohl das Rundholzangebot in Westkanada aufgrund der Käferepidemie sinkt. Das Rundholzangebot in Ostkanada ist im besten Fall stagnierend. Positiv ist der US-Baumarkt, welcher eine höhere Schnittholznachfrage bringen wird. Gleichzeitig gibt es in Asien neben China weitere Märkte, welche Schnittholz von Kanada – oder Europa – abnehmen werden.

HP: Was ist mit chinesischen Sägewerken, die an der Westküste Rundholz einkaufen. Macht Ihnen das kein Kopfzerbrechen?
Ketcham: Uns nicht, weil wir keine Sägewerke direkt an der Küste haben. Aber für die dortigen Unternehmen ist es natürlich eine Herausforderung.

HP: Abschlussfrage: Was sind gegenwärtig die interessantesten Entwicklungen in der nordamerikanischen Sägeindustrie?
Ketcham: Das ist sicherlich die Optimierung im Sägewerk. Es gibt so viele neue Möglichkeiten, die Ausbeute zu verbessern. Die zweite aufregende Entwicklung ist meiner Meinung nach die Nutzung von Bioenergie, welche bei uns in Nordamerika erst in ihren Kinderschuhen steckt.