14012576136941.jpg

Seit dem Vorjahr steht das neue Seminargebäude mit Lärchenfassade für eine optimale Lehre und Forschung zur Verfügung © Forstliche Hochschule Rottenburg

Studium mit Vielfalt

Ein Artikel von Hannes Plackner | 28.05.2014 - 08:12
14012576136941.jpg

Seit dem Vorjahr steht das neue Seminargebäude mit Lärchenfassade für eine optimale Lehre und Forschung zur Verfügung © Forstliche Hochschule Rottenburg

Wer Prof. Bertil Burian länger zuhört, möchte sofort einen seiner Studenten einstellen. So lebendig schildert der Professor an der Hochschule Rottenburg die Kompetenzen der Nachwuchskräfte. Die reichen von der Rundholzübernahme im Wald bis hin zu Kommunikationsfähigkeiten – mitunter sogar auf Japanisch. Einziges Problem: Die ersten Absolventen kommen erst nächstes Jahr auf den Arbeitsmarkt. Denn Burian ist Lehrkraft an Deutschlands jüngster Hochschule für die Holzbranche im baden-württembergischen Rottenburg.

Initiative kam aus der Holzwirtschaft

2011 wurde der Bachelorstudiengang Holzwirtschaft ins Leben gerufen. Die Initiative kam aus der Industrie. Federführend dabei waren Dr. Josef Rettenmeier und Johannes Schwörer. Das erklärt den konsequenten Praxisbezug in der Lehre. Das Credo lautet: Hier werden Fach- und Führungskräfte für die Holzbranche ausgebildet, deren Stärken das prozesskettenorientierte Denken und Handeln sind. Jedes Jahr stehen 35 Studienplätze zur Verfügung, von denen rund ein Fünftel über den zweiten Bildungsweg rekrutiert wird. Das sind Schreiner- oder Holzbaumeister, die ihre Erfahrung in die studentische Gemeinschaft einbringen. Diese Vielfalt ist wichtig: „Was wir nicht wollen, sind 35 gleiche Absolventen“, so Burian.
Vielfalt gibt es auch im Lehrplan, der die komplette Wertschöpfungskette – vom Baum bis zum Plusenergiehaus – abdeckt. Das ist einzigartig auf Fachhochschulniveau in Deutschland. Die Schwerpunkte im Studiengang liegen auf der Materialentwicklung und Fertigungstechnik (Prof. Dr. Marcus Müller), dem Holzbau (Prof. Ludger Dederich) und der internationale Holzwirtschaft/Betriebswirtschaft (Prof. Dr. Bertil Burian). Als Besonderheit bietet die Hochschule ihren Absolventen Zusatzqualifikationen, wie den Gebäude-Energieberater oder den TSZM-Maschinenkurs, an.

Neues Technikum bis Jahresende

14012576154857.jpg

Studierende der Hochschule Rottenburg erfahren, wie Schnittholz richtig sortiert wird © Forstliche Hochschule Rottenburg

Die Hochschule Rottenburg liegt rund eine Stunde südlich von Stuttgart. Sie ist malerisch im mittelalterlichen Fachwerkbau Schadenweilerhof, etwas außerhalb der Stadt, angesiedelt. Die Hörsäle befinden sich in einem Neubau mit Lärchenholzfassade. Bis Jahresende wird das Ensemble um ein modernes Technikum ergänzt. Keine Frage: Die campusartige Lage mit einer langen Alleezufahrt passt perfekt zu einer Holzhochschule. Und doch verlassen die Studenten das pittoreske Gelände regelmäßig. Denn Exkursionen sind integraler Bestandteil des Studiums. „Zuletzt haben wir in drei Tagen neun Betriebe besucht“, sagt Burian stolz und zählt auf: Holzwerke Keck und Schilling, das Palettenwerk Rau, Binderholz in Fügen und Jenbach, Holzwerke Pröbstl und den Biomassehof Dörr sowie die Holzwerkstoff-Produzenten Egger und Pfleiderer.
Damit nicht genug: In Rottenburg zählt „Learning by Doing“. Während der Holzernte werden die angrenzenden Wälder durchstreift, um für die Rundholzübernahme zu üben. Bei ausgewählten Sägewerken lernen die angehenden Holzwirte Gatter-, Band- und Spanertechnologie kennen.

Jetzt kommt der Master

Wo die Absolventen nach ihrem Studium eine Anstellung finden, lässt sich noch nicht sagen. Große Jobsorgen braucht sich wohl keiner zu machen. Zudem qualifiziert der Rottenburger Bachelor für einen Master an renommierten Hochschulen (z.B. Hamburg, Göttingen, Kuchl etc.). Im Herbst wird das Studienangebot in Rottenburg um ein Masterstudium zum ressourceneffizienten Bauen ergänzt. In vier Semestern werden Kompetenzen in Architektur, Bauphysik, Tragwerksplanung und Statik, Holzbau und Ökonomie gelehrt. Da hier nur 16 Plätze zur Verfügung stehen, ist das Betreuungsverhältnis sogar noch besser. Beide Studiengänge (Bachelor und Master) können übrigens kostenfrei absolviert werden.
Das Bachelorstudium „Holzwirtschaft“ an der Forstlichen Hochschule Rottenburg dauert sieben Semester.
    Im 1. und 2. Semester erfolgt das sogenannte Grundstudium. Der Fokus liegt auf allgemeinen Kompetenzen von Botanik bis Volkswirtschaft. Als Schlüsselkompetenz muss eine Fremdsprache gewählt werden. Neben Englisch werden beispielsweise auch Portugiesisch oder Japanisch angeboten.Im 3. und 4. Semester beginnt das Hauptstudium mit fachspezifischeren Fächern (etwa Rundholzsortierung, Fertigungstechnik Säge- und Holzwerkstoffindustrie)Das 5. Halbjahr ist als Praxissemester vorgesehen. Die Studenten müssen mindestens 20 Wochen in der Holzbranche arbeiten.Das 6. und 7. Semester bereiten auf Führungsverantwortung vor, etwa mit Fächern wie Holzmarkt oder Unternehmensführung.Abschließend wird eine Bachelorarbeit angefertigt, die meist einen Aspekt aus dem Praxissemester wissenschaftlich aufbereitet.