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© Johannes Plackner

Stars and Stripes and CLT

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 10.06.2014 - 13:39
In Nordamerika bahnt sich eine Revolution auf den Baustellen an. „Cross Laminated Timber“ (wörtlich übersetzt: Kreuzlagenholz) ist in aller Munde. Obwohl es bislang kaum eigene Produktionen gibt, wurden in den vergangenen Jahren viele Weichen und Initiativen in Richtung Brettsperrholz gestellt. Das geht so weit, dass im März sogar das Weiße Haus „innovative Holzbaumethoden“ offiziell unterstützte. Fast gleichzeitig kündigte eine US-amerikanische Sägewerksgruppe (Idaho Forest Group, Coeur d‘Alene) ein Joint-Venture mit dem österreichischen BSP-Pionier KLH, Katsch an der Mur, an. Zahlreiche Reisegruppen wurden und werden durch Europas BSP-Vorzeigebauten geschleust. Mittlerweile gibt es, etwa an der University of British Columbia in Vancouver, in Nordamerika Leuchtturmbauten aus Massivholz.
Kommt der große Durchbruch also bald? Befeuert werden solche Fantasien auch mit abenteuerlichen Marktprognosen, welche etwa im Vorjahr im CLT-Handbook veröffentlicht wurden (s. Buch-Tipp). Demzufolge könnten die USA schon nächstes Jahr 1,4 bis 4,3 Mio. m3 BSP verbrauchen (entspricht 5 bis 15 % Marktanteil) – leider völlig illusorisch. Das wäre drei- bis acht Mal so viel wie im deutschsprachigen Raum erzeugt wird, und scheitert schon an den fehlenden Kapazitäten.

BSP auf Amerikanisch: je höher, umso besser

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Während im deutschsprachigen Raum der Großteil des BSP in Einfamilienhäusern landet, gelten in Nordamerika Bauten über vier Geschosse als Massivholzbauziele Nr. 1. Hier ist die Rechnung laut CLT-Handbook eher nachvollziehbar. Demzufolge kostet eine BSP-Tragstruktur bei Objekten bis drei Geschosse mit 30 US-$/ft2 (135 €/m2) um 75 % mehr als der klassische 2-by-Holzrahmenbau. Im niedriggeschossigen Baumarkt wird dementsprechend nur Nischendasein prognostiziert.
Bei Hochhäusern ist es anders. Im Falle eines Fünfgeschossers käme Brettsperrholz um 3 % günstiger als Stahlbeton, bei acht Geschossen schon um 13 %. Ob dieses ökonomische Potenzial abgerufen werden kann, hängt – wie so oft – von der Bauordnung ab. Guten Marktzugang mit CLT-Lösungen erwartet man sich kurzfristig bei bis zu sechs Geschossen.
Um die langfristigen Möglichkeiten zu illus-trieren, könnte man auf Skidmore Owings & Merrill (SOM), Chicago, verweisen. Das Architekturbüro hat sich auf größte Wolkenkratzer spezialisiert. Der Burj Kalifa stammt etwa aus deren Feder. Entsprechend groß war das Medienecho, als die SOM-Ingenieure vor gut einem Jahr ein Konzept für einen 120 m hohen Wohnbau (zum Teil) aus Holz präsentierten (Link dazu s. Box). Das Resümee: Mit einer Beton-BSP-Mischbauweise könnte gegenüber konventionellen Methoden konkurriert und gleichzeitig der CO2-Fußabdruck um 60 bis 75 % verkleinert werden.
Erst Ende Mai hat die Holzwerbeorganisation „Rethink Wood“ eine 153-seitige Studie über Beispiele im Holzhochhausbau präsentiert (s. Link-Tipp). Darin werden etwa der LCT One in Dornbirn, der Achtgeschosser in Bad Aibling/DE und der Zehngeschosser in Melbourne/AU porträtiert.
Genannt werden muss in diesem Zusammenhang auch Architekt Michael Green (Vancouver, New York). Als einer der Ersten hat er die Potenziale von (Massiv-)Holz im vielgeschossigen Bau erkannt und ein System für einen 30-Geschosser aus Holz entwickelt. Viel wichtiger aber noch: Seine Ideen werden immer populärer. Im Februar 2013 sprach er beim Online-Wissenschaftsformat „TED-Talk“. Sein zwölfminütiger Vortrag zum Thema „Why we should build wooden skyscrapers“ wurde schon 940.000 Mal angesehen.

Von L‘Aquila nach San Francisco

Es gibt noch einen Grund, warum sich Brettsperrholz in den USA durchsetzen könnte. Abgesehen von ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten wird die Erdbebensicherheit ein Wegbereiter für die Massivholzbauweise sein. In den USA sind fast die gesamte Westküste und die Gegend um St. Louis und Memphis gefährdet. Dass Brettsperrholz seine statische Überlegenheit auf japanischen Erdbebenprüfständen ebenso bewiesen hat, wie seine Praktikabilität im Wiederaufbau im italienischen L‘Aquila, ist mittlerweile auch jenseits des Atlantiks bekannt.

Buch-Tipp

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CLT Handbook Cross Laminated Timber - U.S.-EditionHerausgegeben von FPInnovation und dem Binational Softwood Lumber Agreement. 572 Seiten © FPInnovation

CLT Handbook Cross Laminated Timber – U.S.-EditionHerausgegeben von FPInnovation und dem Binational Softwood Lumber Agreement. 572 SeitenDas wohl umfassendste Kompendium über Brettsperrholz wurde im Vorjahr in Nordamerika veröffentlicht. Auf 572 Seiten geben FPInnovation und das Binational Lumber Agreement in zwölf Kapiteln einen großartigen Überblick über BSP, seine Produktion, die Verwendung auf der Baustelle bis hin zu (abenteuerlichen) Marktpotenzialen. Das Werk kann nach Registrierung auf masstimber.com kostenlos heruntergeladen werden.

Viele ziehen am BSP-Strang

Den Markteintritt erleichtert das positive Marktumfeld. Der US-Baukonjunktur wird in den nächsten drei Jahren ein Wachstum von 50 bis 70 % (bei Wohnbauten) vorhergesagt. Parallel zeigte sich die Verwaltung bewusst holzfreundlich und die Verbände haben ihre Hausaufgaben gemacht:
    FPInnovation und das Binational Softwood Lumber Council haben im Vorjahr das 572-seitiges „CLT Handbook“ herausgebracht. In zwölf Kapiteln deckt das beeindruckende Kompendium alle Bereiche der BSP-Bauweise ab. Das beginnt bei dessen Produktion, reicht über Detaillösungen bis zur Baustellenlogistik.Ebenfalls im Vorjahr hat die American Plywood Association eine Produktionsnorm für BSP veröffentlicht – und ist damit weiter als Europa.Höchste Unterstützung: Das Weiße Haus hat sich kurz vor Verkündung des Joint-Ventures offensiv zu Verbundholzmaterialien bekannt und 2 Mio. US-$ für das Design und den Bau von Holzhochhäusern ausgeschrieben.Mit „WoodWoorks“ und der „Tall Wood Initiative“ verfügt die Branche über finanziell gut ausgestattete Projekte, welche die moderne Holzbauweise aktiv unterstützen.Das American Wood Council will die Baunormen weiter pro Holzbau verändern.