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Um 44?% sank die Anzahl der Schweizer Sägewerke von 1995 bis 2013 © Hannes Plackner

Schweiz sägt wieder mehr

Ein Artikel von Hannes Plackner | 25.11.2014 - 13:52
Der Rückgang der Schweizer Schnittholzproduktion war im Vorjahr nicht so stark, wie erwartet. Heuer werde es aufgrund des vergangenen „Nichtwinters“ sogar einen Mehreinschnitt geben. So eröffnete Präsident Jean-François Rime seinen Kommentar zum Schnittholzmarkt am Jahreskongress des Verbandes Holzindustrie Schweiz (HIS) am 21. November in Murten. 1,05 Mio. m³ werden heuer in eidgenössischen Sägewerken erzeugt. Das sind um 2 % mehr als im Vorjahr und die erste Erholung seit 2006.
Die weiterhin bärenstarke Baukonjunktur sorgt in der Eidgenossenschaft für eine gute Nachfrage. Ein Problem ist aber das „Verschwinden der Fichte“ aus den Schweizer Wäldern.

Um 9 % weniger Fichtenvorrat

Die Geschwindigkeit, mit welcher der Fichtenvorrat schrumpft, lässt die Alarmglocken schrillen. Binnen sieben Jahren ging das Fichtenvolumen im Mittelland um 9 % zurück. Das Volumen der genutzten und abgestorbenen Bäume übertraf den Zuwachs um durchschnittlich 42 %, belegte das Landesforstinventar (s. Karte).

Buche ist unökologisch

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Übernutzung: Landkarte zeigt Abgang (Ernte, Absterben) von Fichte im Verhältnis zum Zuwachs - schweizweit liegt der Wert bei 93?% © Holzindustrie Schweiz

Waldbaulich gilt in der Schweiz dasselbe wie in Deutschland: Die Buche kommt. Dabei sei das doppelt unökologisch, wetterte Rime. Denn das Laubholz lande großteils im Ofen und verdränge Fichte, die – als Baumaterial – zahlreiche Nachhaltigkeitspunkte sammeln könne. Chancen für den Einsatz von Buche im Hochbau sieht Rime kaum. Ein im Vorjahr stark thematisiertes Buchensäge- und -leimholzwerk (s. Holzkurier Heft 48/13, S. 3) zeigt noch keine Anzeichen auf Realisierung. Es fehlt weiterhin ein Investor für das 20 Mio. CHF-Projekt.

Italiens Erholung? Nicht überzeugt …

Für die Beschreibung der internationalen Holzmärkte griff Rime in weiten Teilen auf den Holzkurier-Bericht zur internationalen Softwood Conference zurück (s. Holzkurier Heft 44, S. 6–8). Bezüglich der darin prognostizierten Erholung Italiens ist er aber skeptisch: „Davon bin ich nicht überzeugt“, meinte er kopfschüttelnd.
Die globale Konjunktur werde zwar von den USA oder von Großbritannien angetrieben. Kriege in der Ukraine und in Syrien bringen aber Unsicherheit, holte der Vorsitzende des Branchenverbands kurz international aus.

Es wird gespart – auch in der Schweiz

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Um 44?% sank die Anzahl der Schweizer Sägewerke von 1995 bis 2013 © Hannes Plackner

Unmittelbar vor dem Jahreskongress fand eine außerordentliche Generalversammlung des Verbands statt. Dort wurden Sparmaßnahmen beschlossen, wie Rime zugestand. Der Vorsitzende hielt aber fest, dass weder die Etats der Berufsausbildung noch bei der „Lignum“-Holzwerbung gekürzt würden.
Gespart werde vor allem bei den Zuwendungen an die Regionalverbände, welche in der Regel keine Profisekretariate haben, aber an regionaler Lehrlingswerbung und Holzpromotion mitwirken. Im Zuge des Sägewerksrückgangs hat sich die HIS schon vor Jahren von Kantonalsektionen verabschiedet. Es wurden Regionalgruppen kreiert, die kantonsübergreifend tätig sind. In der Zentralschweiz gebe es keine formelle Regionalorganisation mehr, aber einfach organisierte informelle Aktivitäten, informiert HIS-Geschäftsführer Hansruedi Streiff. Er geht davon aus, dass die Entwicklung von formellen Strukturen zu informellen Tätigkeiten auch in anderen Landesgegenden voranschreiten werde.
Trotz Spardiktat muss die laufende Verbandsarbeit weiter geleistet werden. Rime nannte CE-Kennzeichnung von Bauholz, EUTR-Richtlinie und das Bauproduktegesetz als aktuelle Arbeitsfelder.

Kritik: Forschung geht an Praxis vorbei

Die massive Verkleinerung der Sägewerksbranche in den vergangenen Jahren hat damit auch Auswirkungen auf den Verband. Immerhin hat sich die Zahl der Schweizer Säger seit 1996 auf 303 fast halbiert. Die Regierung reagiert darauf beispielsweise mit Forschungsprojekten zur strategischen Holzmobilisierung, der ökonomischen Analyse Schweizer Holzmärkte und einer Studie mit dem Titel: „Den Holzmarkt verstehen: zwischen Versorgung und Multifunktionalität.“ Dafür werden 1,45 Mio. CHF ausgegeben (1,2 Mio. €). Wer denkt, dass das vom Holzindustrieverband begrüßt wird, irrt aber. Der zweifelt an der Praxisrelevanz und kritisiert, dass bei Forschungsprojekten zu wenig Rücksprache gehalten werde: „Diese Kreise suchen die Praxis nicht!“, schimpfte Rime in Murten.
Sein Fett weg bekam auch das Schweizer Bundesamt für Umwelt (BAFU). „Die sehen plötzlich nur mehr Lücken in der Wertschöpfungskette, die zu schließen sind. Ein ausländischer Berater mit zu wenig Kenntnis der Schweizer Verhältnisse hilft dabei.“

Herkunftszeichen ist großer Erfolg

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Herkunftszeichen Schweizer Holz © lignum.ch

Im Hochlohn- und Hochkostenland Schweiz ist der Importdruck groß. Damit trotzdem die Halb- und Fertigwarenerzeugung funktionieren kann, setzt die Eidgenossenschaft patriotisch auf „Swissness“. Das funktioniert auch bei Holz. 140 von rund 250 Sägewerken in der Schweiz nehmen an diesem Programm bereits teil. Produkte mit dem „Herkunftszeichen Schweizer Holz“ werden bei immer mehr Bauten eingesetzt. Dazu zählt auch der vielleicht spannendste Holzbau der Welt: Das neue Swatch-Hauptquartier in Biel wird gegenwärtig mit Holz aus der Schweiz errichtet. Das kommt offenbar auch bei den Sägewerken so an. Mehrere Hersteller von Konstruktionshölzern hätten bereits im September volle Auftragsbücher bis zum Jahresende verzeichnet, erfuhr man von Konferenzteilnehmern.

Schweizer Holz ist im Ausland gefragt

Skurril ist eine weitere Entwicklung. Die Marke „Made in Switzerland“ besitzt offenbar so viel Zugkraft, dass einzelne Holzbauer aus Nachbarländern Ware mit dem Herkunftszeichen Schweizer Holz anfordern, um damit besondere Qualität zu belegen.

Rime hört als HIS-Vorsitzender auf

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Jean-François Rime, Eigentümer des Sägewerks Despond, Bulle/CH, Abgeordneter zum Nationalrat, Präsident der Holzindustrie Schweiz und Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes © Rime

Jean-François Rime wird im kommenden Jahr sein Amt als Vorsitzender der Holzindustrie Schweiz (HIS) niederlegen. Damit nimmt ein Grandseigneur der Schweizer Holzverbandslandschaft und eloquenter Politiker seinen Hut: Der frankophone Nationalrat ist Vorsitzender des einflussreichen Schweizerischen Gewerbeverbands und war einst sogar aussichtsreicher Kandidat für das Amt des Bundesrats (entspricht einem Bundesminister). Rime entspringt einer Sägerfamilie. Das Sägewerk Despond in Bulle wird mittlerweile von seinem Sohn geleitet. Im Verband soll Thomas Lädrach, Geschäftsführer von Reinhardt Holz, Erlenbach, nachfolgen.