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Standorte der zwölf größten Sägewerkskonzerne (Stand 2013) © Holzkurier

Sauerland vs. Santiago

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 19.05.2014 - 11:04
Sollte es einen mittelständischen Sauerländer Säger kümmern, was Chinas Notenbank macht? In gewisser Weise schon. Denn die internationalen Verschränkungen des Holzhandels nehmen zu. Nach ein paar Jahren des rezessionsgetriebenen Rückgangs im Weltholzhandel überschreiten die Exportmengen bereits wieder ihre bisherigen Maxima. Das wurde bei der 4th Global Softwood Log & Lumber Conference am 8. Mai in Vancouver deutlich wie sonst kaum wo. Veranstalter Russ Taylor freute sich über 300 Gäste. Mehr Interesse gab‘s noch nie. Ebenfalls Rekord: 20 % waren aus anderen Kontinenten angereist, um über die globalen Entwicklungen zu hören. Für die Daheimgebliebenen fasst der Holzkurier die Vorträge zusammen (s. Infografik)

Indiens Infrastruktur wird modernisiert

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Standorte der zwölf größten Sägewerkskonzerne (Stand 2013) © Holzkurier

Am ausführlichsten wurden in Vancouver China und Indien diskutiert. Die beiden Länder sind mit 2,6 Milliarden Menschen besiedelt, mehr als einem Drittel der gesamten Weltbevölkerung. Gleichzeitig stehen die Schwellenländer vor massivem Wachstum. Vor allem Indiens Mittelklasse wird im kommenden Jahrzehnt förmlich explodieren. Bei den jüngsten Parlamentswahlen siegte der wirtschaftsfreundliche Narendra Modi. Indienexperten zufolge sollte das positive Auswirkungen auf die Bürokratie und Geschäftstätigkeit haben. Zudem wird ein Kampf gegen die Korruption versprochen. Was schon passiert, sind Investitionen in die Infrastruktur. 70 % der Rund- und Schnittholzimporte Indiens kommen am Hafen Mundra an. Von dort wurden über 1000 km der Bahnstrecke zur Metropole Delhi (16,3 Millionen Einwohner) modernisiert. Nach Anheben der Leitdrähte können nun Doppelstockcontainerwaggons fahren. Aus der ehemaligen Seidenstraße wird damit ein Hochleistungslogistik-Pfad, über den hohe Mengen an Rund- und Schnittholz rollen werden.

US-Haushalte haben sich entschuldet

Zurück in einen altbekannten Exportmarkt: Waren US-Amerikaner einst für horrende Schuldenstände bekannt, hat sich das seit der Subprimekrise deutlich verbessert. Im Vorjahr sanken die Zinszahlungen relativ zum verfügbaren Haushaltseinkommen unter 15,5 %, dem besten Wert seit den frühen 1980er-Jahren. Laut Analyst Dr. Bruce Glass vom Holzindustrie-Beratungsunternehmen Campbell Global befänden sich die Privathaushalte wieder in „hervorragender Verfassung“. Zum Höhepunkt der Verschuldung (2008) wurden um 20 % mehr Zinsen gezahlt. Gleichzeitig bleibt die Leistbarkeit von Wohnhäusern hoch.
Massiv angestiegen ist der angestaute Bedarf an Wohnraum. Unvermietete oder unverkaufte Einheiten gibt es in gefragten Gegenden kaum mehr. Der sogenannte „Pent-Up Demand“ stieg im Vorjahr um 500.000 auf 2,1 Millionen Wohnungen. Die Nachfrage ist also auch laut diesem wirtschaftswissenschaftlichen Parameter riesig.
Wie wird die lokale Sägeindustrie darauf reagieren? Laut Glass warten zwar noch große Rundholzreserven im Wald, aber es wird schwierig sein, diese auch zu erhalten. Die nötigen Ernte- und Transportkapazitäten müssten erst aufgebaut werden. An der Westküste wird die Seilkranernte ein Thema.

Von Bayern per USA an den Nil

Die internationale Verflechtung zeigte eine Pausenbekanntschaft auf der Konferenz. Der Gesprächspartner (ein US-Amerikaner) kannte die größeren süddeutschen Sägewerke nicht nur allesamt per Namen, sondern hat die meisten schon besucht. Sein Arbeitgeber ist ein nordamerikanisches Handelshaus mit Kunden in der Levante. So kommt es, dass ein Amerikaner quer durch Bayern tourt, um an günstige Rohware zu kommen, die per internationaler Spedition in Algerien, Ägypten oder Saudi-Arabien landen wird. Sollte der Holzhändler einen Markt in China sehen, werden die Mengen halt aus Bayern dann nach China geleitet. Wenn das mit Schnittholz geschieht, ist das positiv für die europäische Sägeindustrie. Wenn China aber plötzlich Interesse am Rundholz zeigen würde, droht Ungemach (bei Buche und günstiger Kiefer ist das schon der Fall). Insofern müssen relativ hohe Nadelrundholz-Preise auch als Exportschutz gesehen werden.
Stichwort Weltmarkt: Südeuropa und die Levante befinden sich auch auf dem Radar von südamerikanischen Schnittholzproduzenten. Brasilien verfügt über 1,56 Mio. ha Radiatakiefernplantagen, Chile über 1,47 Mio. ha. 2012 landeten schon 117.000 m3 oder 12 % der Nadelschnittholzexporte Brasiliens in Saudi-Arabien. Das Land am Golf war die drittwichtigste Destination nach den USA und Mexiko.
In Chile dominiert dagegen der Chinaexport. Aber immerhin 410.000 m3 oder 15 % der Nadelschnittholz-Exporte des Vorjahrs landeten im Mittleren Osten – und konkurrieren dort regelmäßig mit der erwähnten Seitenware aus dem Sauerland, Zerspanerbrettern aus Oberösterreich oder skandinavischem Kiefernkantholz.
Willkommen in der globalisiertesten Holzwelt der Geschichte. Der Holzkurier folgt dieser Entwicklung und ist global für seine Leser unterwegs.