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Lars Schmidt, Geschäftsführer der Deutschen Säge- und Holzindustrie in Berlin © Sebastian Schobbert, JDB

Raus aus dem Hamsterrad

Ein Artikel von Hannes Plackner | 24.01.2014 - 13:01
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Lars Schmidt, Geschäftsführer der Deutschen Säge- und Holzindustrie in Berlin © Sebastian Schobbert, JDB

Teures Rundholz, Feuerversicherungen und China belasten deutsche Sägewerke. Laut einer Umfrage der Deutschen Säge- und Holzindustrie (DeSH) rechnet nur ein Drittel mit schwarzen Zahlen. Gerade Kleinere suchen einen Ausweg aus dieser Situation. DeSH-Geschäftsführer Lars Schmidt schildert, wie man diesen Sägern hilft, wa­rum eine Großpleite fatal wäre und was eine nationale Holzbaustrategie bringen soll.
Holzkurier: Wie geht‘s den Sägewerken?
Lars Schmidt: Wir erwarten, dass es in diesem Jahr ähnlich wie 2013 läuft. Nach wie vor kämpfen wir mit hohen Rundholzpreisen. Es gibt Regionen mit extrem prekärer Versorgungslage, etwa das Sauerland. Grundsätzlich ist die Einkaufssituation aber deutlich besser als vor zwölf Monaten. Der angepasste Einschnitt zahlt sich aus. Feiertagsurlaube sind ausgedehnt worden. Entsprechend verwundert bin ich, dass der Forst mitten im Winter Rundholz verteuern will. Dabei tun wir uns mit den Preisen auf den Exportmärkten ohnehin schon schwer. Wegen relativ höherer Schnittholzpreise drängen Importe auf den deutschen Markt. Trotzdem gibt es nur eine Lösung: Die Schnittholzpreise müssen rauf.

HK: An einen sinkenden Rundholzpreis glauben Sie nicht?
Schmidt: Eigentlich geht es nicht um steigende oder sinkende Rundholzpreise, sondern um die globale Wettbewerbsfähigkeit, faire saisonale und international angepasste Entwicklungen. Verteuern, wenn die Baustellen ruhen, ist schwierig.

HK: Wie sah 2013 die Ertragssituation Ihrer Mitglieder aus?
Schmidt: Unsere aktuelle Umfrage zeigt ein enttäuschendes Bild. Nur jeder Dritte rechnete 2013 und 2014 mit schwarzen Zahlen. Nur 10 % waren im Vorjahr deutlich im Plus. Die Antworten waren je nach Betriebsgröße und Region völlig unterschiedlich. Kleinere Sägewerke scheinen es besonders schwer zu haben. Schlimm ist: Die jetzige Krise schwächt uns auch in Zukunft. Sind unsere Betriebe nicht fähig zu investieren, zu forschen und Produkte zu entwickeln, leidet die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Holzbranche. Doch dafür ist die Kapitaldecke zu dünn. Die Sägewerke haben aber mit ganz anderen Problemen zu kämpfen, beispielsweise der Unversicherbarkeit gegen Feuer. Die können sich einfach keine Sprinkleranlage leisten, was heute oft verlangt wird.

HK: Wir berichten oft von stillen Ausgleichen, Schuldenschnitten und Insolvenzen. Wie viel Geld wurde in der Holzindustrie während der Krise verbrannt?
Schmidt: Wir haben dazu keine Zahlen. Es könnten aber Unsummen an Privatvermögen verloren gegangen sein. Vielen Betrieben fehlen Auswege „aus dem Hamsterrad“, wie es manche nennen. Ein Familiensägewerk kann man nicht einfach zusperren. Die Altersvorsorge der Geschäftsführer muss ebenso gesichert sein wie die Lebensgrundlage für treue Mitarbeiter. Um diese Prozesse zu erleichtern, will der DeSH solchen Betrieben eine Erstberatung bieten. Anfang Juni gibt es dazu ein Unternehmerforum. Dort werden mögliche Nischenstrategien dargestellt, es wird aber auch über Exitstrategien gesprochen.

HK: Betrachten wir die Konjunktur als ein Wellental. Geht’s bergauf oder schreitet die Konsolidierung weiter voran?
Schmidt: Ich bin guter Hoffnung, dass wir die Talsohle erreicht haben. 2013 lief für einige „besser als befürchtet“. Mehrere Exportmärkte lassen eine Fortsetzung des positiven Trends erwarten.

HK: 2013 hat Carlyle Klenk Holz gekauft. Was halten Sie vom Engagement ein Investmentfonds in der Branche?
Schmidt: Wir als Verband begrüßen den neuen Eigentümer natürlich – Klenk ist ja auch DeSH-Mitglied. Doch es gab Stimmen, die das frische Kapital kritisierten und lieber einen Konkurs gesehen hätten. Dieser Ansicht bin ich nicht. Eine Insolvenz dieses Ausmaßes wäre schlecht für die Branche.

HK: Warum?
Schmidt: Kurzfristig, weil der Masseverwalter das Schnittholzlager billig auf den Markt wirft. Langfristig, weil ein potenzieller neuer Eigner die Anlagen mit geringeren Finanzkosten weiterbetreiben könnte. Ein Vorteil von Investoren ist, dass sie nüchtern und ökonomisch arbeiten können. Für Familienbetriebe ist es verständlicherweise schwerer, unwirtschaftliche Betriebsteile zu schließen.

HK: Frisches Managementblut tut der Holzindustrie also gut?
Schmidt: Eine gesunde Mischung mit branchenfremden Managern bereichert. Ein nicht vorbelastetes Management bringt neue Sichtweisen und kann anders agieren.

HK: Die Rundholzversorgung könnte eventuell noch schwieriger werden. Laut der Ende 2013 abgeschlossenen NWE5-Studie [s. Link] kommt keine Region Deutschlands auf 5 % Flächenanteil mit natürlicher Waldentwicklung. In der Biodiversitätsstrategie wird aber genau das gefordert. Läuten da Alarmglocken, dass die Politik Stilllegungen verordnen könnte, um das 5 %-Ziel zu erreichen?
Schmidt: Im Gegenteil, ich sehe die Studie positiv. Das ist die notwendige Grundlage für eine sachliche Diskussion, weil Flächen erstmals qualitativ und quantitativ bewertet wurden. Laut den Ergebnissen werden bis Ende des Jahrzehnts 3% des deutschen Waldes gesetzlich geschützt sein. Auf die verlangten 5% fehlen 223.000 ha. Laut Biodiversitätszielen zählen aber auch Flächen, die de facto außer Nutzung, aber nicht de jure geschützt sind.
 
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Flächenanteil geschützter Wälder in Deutschland gemäß der NWE5-Studie © NFV

HK: Wird schwierig, diese nicht genützten Fläche zu beziffern.
Schmidt: Zahlen dazu gibt Bundeswaldinventur 2. Deutschland hat 185.000 ha nicht begehbaren Wald. 248.000 ha sind über 60 % steil. Dazu kommen erhebliche Kleinprivatwaldflächen, die niemand bewirtschaftet. Damit sind wir schon über 5 % Fläche. Umweltschützer wird freuen, dass gerade die für den Holzeinschlag uninteressanten Flächen ökologisch wertvoll sind. Trockene, nasse oder steile Wälder sind wichtige Biotope. Doch ich bin mir sicher: Selbst mit Erfüllung der 5%-Quote wäre die Diskussion nicht beendet. Irgendwann wird eine höhere Schwelle im Raum stehen.

HK: Was fordern Sie nun auf Basis der Studienergebnisse?
Schmidt: Totalschutzgebiete wurden bislang zu unkoordiniert erlassen. Einige Standorte sind überdurchschnittlich vertreten, etwa Buchenwaldgesellschaften im Staatswald. Andere Standorttypen fehlen völlig. Unser Fazit ist: Es sollten nur Flächen aus der Nutzung genommen werden, die ökologisch wertvoll sind. Umgekehrt gehören Waldgesellschaften, die schon überdurchschnittlich geschützt sind, in die nachhaltige Wirtschaft zurückgeführt. Nachhaltige Forstwirtschaft ist nachweislich gut für die Biodiversität.

HK: Welche Initiativen setzt der DeSH 2014 in Berlin?
Schmidt: Wir vollzogen in den vergangenen Monaten einen Strategiewechsel. Früher wurden beispielsweise Nationalparks laut kritisiert. Das schadete aber dem Image der Holzindustrie. Natürlich wird man Kritik weiter äußern. Der Fokus liegt in der kommenden Legislaturperiode aber auf den positiven Aspekten der Holzverwendung – Stichwort Klimaschutz. Die Ausstellung „Bauen mit Holz“ zu Jahresende in Berlin ist ein zentraler Programmpunkt. Wir erarbeiten zudem eine nationale Holzbaustrategie nach schwedischem Vorbild. Dort wurde von oberster Stelle ein Maßnahmenplan umgesetzt. Das hat nicht viel gekostet, aber vor allem beim großvolumigen Bau die Holzquote gehoben. Der Absatz hochwertiger Holzprodukte auf deutschen Baustellen ist sowieso die sinnvollste Form der Wertschöpfung. Einen weiteren Schwerpunk legen wir auf die Einwerbung von Forschungsförderungen und Drittmitteln. Dadurch werden Projekte zu Rundholzlogistik und Privatwaldmobilisierung finanziert.

HK: Wie schaut’s mit Kampagnen in Massenmedien aus?
Schmidt: Wir müssen den Verbraucher auf unsere Seite ziehen. Nur dann gelingt Lobbying. Dazu werden wir am Branchenimage arbeiten. Für eine Imagekampagne wurde kürzlich eine Sonderumlage in Höhe von 10 € pro Mitarbeiter und Jahr beschlossen. Das wird eine Kampagne finanzieren, die wir gezielt mit Nachwuchsrekrutierung verknüpfen. 

HK: Was passiert auf EU-Ebene?
Schmidt: Der Rundholzexport wird europaweit zum Problem. Es begann mit der Buche. Künftig könnte Chinas Holzhunger aber sogar die Nadelholzversorgung gefährden. Der Nadelrundholz-Bedarf Asiens steigt extrem. Wir suchen in Brüssel nach Lösungen, um den Export im Sinne der lokalen Wertschöpfung zu reglementieren.

HK: Wie läuft die Vorbereitung für den DeSH-Kongress in Mannheim. Welche Themen werden Sie ansprechen?
Schmidt: Sie können von 17. bis 19. März ein bemerkenswertes Programm erwarten. Es beginnt mit der klassischen Waldexkursion. Am Tag 1 der eigentlichen Konferenz organisieren wir mit der Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher einen „Rohstoffgipfel“. Und endlich haben wir echte internationale Beteiligung: EOS-Präsident Måns Johansson oder Ilim-Timber-Vorstand Slava Bychkov werden sprechen. Tag 2 wird ein Experiment mit typischen Sägerthemen. Statt Powerpoint-Vorträgen gibt es Experteninterviews und Livegespräche. Themen sind zum Beispiel Feuerversicherungen, Rundholzlogistik oder Nachwuchswerbung. Spannend wird die Präsentation einer EOS-Studie, welche den Sägestandort Deutschland aus europäischer Perspektive beleuchtet.