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Die größte Schule aus Holz in Frankreich © Lignotrend

Mit Holz in die Zukunft

Ein Artikel von pro publica | 07.07.2014 - 10:44
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Die größte Schule aus Holz in Frankreich © Lignotrend

Véronique Klimine, einer von zwei kreativen Köpfen hinter dem Entwurf des Schulkomplexes von Limeil-Brévannes, erzählt von den Reaktionen auf das vorherrschende Baumaterial: „Die Kinder haben uns gefragt: ‚Haben Sie das entschieden, mit Holz zu bauen?’ Die Kleinen merken den Unterschied zur Bauweise in der Umgebung, sie lieben das Holz. Bei allen Schulen, die wir aus Holz gebaut haben, haben wir im Nachhinein gehört, dass die Kinder in einer mit Holz gestalteten Umgebung viel ruhiger sind“, erklärt die Architektin weiter.
Im März 2011 ging das Büro r2k Architekten aus Grenoble als Gewinner aus dem Architekturwettbewerb hervor. Klimine und der aus Finnland stammende Architekt Olavi Koponen planten und realisierten gemeinsam mit dem deutschen Holzbauspezialisten Amann die Gebäude. Zwei große Herausforderungen begleiteten das Projekt von Anfang an: Bis September 2012, also nach nur knapp einem Jahr Planungs- und Bauzeit, sollten 50 Klassen in die neuen Kindergarten- und Schulgebäude einziehen können. Zudem sollten auf einem Bauplatz von nur 9500 m² sowohl die Schulen, Kindergärten und eine große Mensa entstehen als auch noch ausreichend Platz für außerschulische Aktivitäten sein.

Planerische Präzision und Vorfertigung

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Der feine Unterschied: Die Kinder wissen den Holzbau sehr zu schätzen und fühlen sich in ihrer neuen Umgebung sehr wohl – sie lieben das Holz und die detailgetreue Architektur © Lignotrend

Diese Hürden ließen sich nur mithilfe einer minutiösen Planung und Logistik bewältigen, wie Tobias Döbele von Holzbau Amann berichtet. Lignotrend, Weilheim-Bannholz/DE, lieferte dabei mehrere Arten von Brettsperrholz-Rippenelementen, die in den Decken zum Einsatz kamen.
„Die Holzdecken haben gute Eigenschaften hinsichtlich Statik, Schall- und Brandschutz – es konnten Elemente für Spannweiten von bis zu sieben Metern vorgefertigt werden“, erklärt Döbele. Das überragende Argument hinsichtlich Bauzeit und Ausbauaufwand war jedoch, dass die Deckenelemente bereits ab Werk mit endgefertigter Holzoberfläche und eingebautem, raumakustisch wirksamem Absorber geliefert wurden, wodurch Innenausbauarbeiten unter der Decke in vielen Gebäudebereichen überflüssig waren. So konnten beispielsweise schon in der Vorfertigungsphase beim Holzbauunternehmen technische Versorgungsleitungen in die standardmäßig vorhandenen Hohlräume in den Brettsperrholz-Rippendecken eingebaut werden.

Offenheit, Transparenz, Bezug zur Umwelt

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Offenheit und Transparenz: Auf diesen architektonischen Prinzipien basiert das Konzept der neuen Schule aus Holz © Lignotrend

Die Auftraggeber in Limeil-Brévannes setzten den Einsatz von Holz für den Bau der öffentlichen Gebäude voraus. Das architektonische Konzept der Schulen basiert auf drei wichtigen Komponenten: Offenheit, Transparenz und Bezug zur Umwelt. Durch bodentiefe Fenster werden die Räume visuell mit der Außenwelt verbunden. Es entsteht ein Dialog zwischen bebauter und begrünter Fläche, wobei jede Schule oder jeder Kindergarten individuell gestaltet wurde, sich letztendlich aber doch in einer stimmigen Gesamtheit wiederfindet.
Die Architekten entschieden sich, die Schuleinrichtungen auf zwei Ebenen zu gruppieren. Bei der Schalldämmung der Trenndecken zwischen den Geschossen und über den unter Pausenhöfen liegenden Klassenräumen war die besondere Beachtung des Trittschallschutzes notwendig. Die Hohlräume in den Brettsperrholz-Rippenelementen, die hier in den Decken zum Einsatz kamen, wurden mit Splitt befüllt. Hinter einer fein lamellierten Oberfläche aus sehr hellem Holz liegen Absorber aus Holzfasern, welche die Akustik deutlich verbessern. Kinder und Lehrer haben mehr Ruhe während des Unterrichts und durch die bessere Sprachverständlichkeit ist auch der Lernerfolg größer.

Farbgestaltung, Lichtspiele, Kunst am Bau

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Helle und freundliche Klassenräume sorgen für eine gemütliche Atmosphäre © Lignotrend

Die Unterkonstruktion der Fassade besteht aus 200 mm tiefen Dämmständern, die mit Zelluloseflocken befüllt sind und somit zu guter Dämmung beitragen. Die geforderten Dämmwerte wurden hier um 25 % unterschritten, Wärmebrücken sind auf ein Minimum reduziert. Daneben dominiert an der wellenförmig ausgeführten Außenverkleidung witterungsresistentes Lärchenholz.
Gestaltungselemente in den Außenanlagen sind sowohl aus massiver Lärche und Weißtanne als auch aus thermisch modifizierter Buche hergestellt. Insgesamt kamen 2936 m3 Holz zum Einsatz. Für die Fassadenverkleidung wurde das Lärchenholz in Wellenprofil ausgebildet, um das Material haptischer und erlebbarer zu machen. Der finnische Maler und Kunstprofessor Lauri Ahlgrén genehmigte zudem eine Reproduktion seines Gemäldes „Merenneito ja octopus“ für die Wandgestaltung eines lichtdurchfluteten Eingangsbereichs und des markanten Turms. Die lebhaften, fröhlichen Farben, die Ahlgrén in seinen Gemälden präferiert, geben in den Schulen und Kindergärten den Ton an, seine Formen fügen den Gebäuden eine spielerische Note hinzu. Frankreich, Deutschland und Finnland sprechen eine gemeinsame Sprache und diese lautet: Holz. Jeweils unterschiedliche Schaffensdisziplinen und kulturelle Hintergründe fügen sich in dem viel beachteten Projekt von Limeil-Brévannes zusammen. Allen gemein sind die Vorliebe für und die langjährige Erfahrung mit dem Material, die hohen Ansprüche an Qualität sowie die Fähigkeit, sich Projekten individuell und – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne – maßgeschneidert zu widmen.