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Skandinavien dominiert die Landkarte mit den größten Schnittholzströmen aus Europa in die Levante - Österreich, Deutschland und Rumänien liefern deutlich weniger © Holzkurier/Plackner

Knapp 5 Mio. m³ in Levante

Ein Artikel von Hannes Plackner | 16.09.2014 - 15:36
Im 1. Halbjahr lieferten Schweden, Finnland, Rumänien, Deutschland und Österreich 4,73 Mio. m³ Nadelschnittholz in die Levante. Die Staaten im Mittleren Osten und in Nordafrika sind damit Europas wichtigster Entlastungsmarkt. Dort wird bereits doppelt so viel europäisches Holz abgesetzt, wie in den USA zu Zeiten der Hochkonjunktur (2005/06). Während die Nachfrage in den meisten mitteleuropäischen Ländern stagniert, stiegen Levantelieferungen um 20 %. Damit wächst auch die Abhängigkeit von der politisch instabilen Region. Am stärksten gilt das für Finnland - und vor allem für Rumänien.

Skandinavische Spitzenreiter

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Skandinavien dominiert die Landkarte mit den größten Schnittholzströmen aus Europa in die Levante - Österreich, Deutschland und Rumänien liefern deutlich weniger © Holzkurier/Plackner

Am Levanteboom partizipiert vor allem Skandinavien. Schweden verschiffte bis Juni 1,72 Mio. m³ Nadelschnittholz (+24 % gegenüber 2013). Finnland steigerte seine Exporte um 12 % auf 1,39 Mio. m³. Der massive Anstieg schwedischer Lieferungen ist allein auf Ägypten zurückzuführen. Diese haben sich im 1. Halbjahr mit 859.000 m³ gegenüber dem Vorjahr glatt verdoppelt. Finnland konnte zwar nicht so stark von der Erholung in Ägypten profitieren, steigerte seine Lieferungen aber immerhin um 19 % auf 548.000 m³.
Großer Gewinner beim Ägyptenexport ist aber Deutschland. Die Mengen haben sich von 12.000 m³ auf 131.000 m³ mehr als verzehnfacht. Kein anderes Land in MENA (*Middle East and North Africa) kaufte mehr deutsches Holz. Ägypten ist für Deutschland mittlerweile sogar ein größerer Absatzmarkt als Tschechien. In Summe stiegen Deutschlands Levantelieferungen heuer um 65 %.
Und Österreich? Das Alpenland lieferte bislang kaum nach Ägypten. In der offiziellen Statistik scheinen die Lieferungen überhaupt nicht auf. Laut Exporteuren wird auch über die Häfen in Koper, Triest oder Rijeka so gut wie kein österreichisches Holz nach Ägypten abgewickelt. Das liegt eventuell auch an den falschen Sortimenten. Skandinavien liefert zu 85 % Kiefer in die ägyptischen Häfen.

Der Rest stagniert

In Summe steigerten die wichtigsten Exportländer ihre Ägyptenmengen um 73 %. Abgesehen davon hat die Levante heuer keine Impulse geboten. Wird das Land am Nil ausgenommen, blieben die Lieferungen mit 2,51 Mio. m³ im 1. Halbjahr praktisch konstant (+1,8 %). Die aufsummierten Importe der restlichen Top 5-Abnehmer in der Levante zeigen ein uneinheitliches Bild:
    Algerien: 826.000 m3, +7 %Saudi-Arabien: 636.000 m3, –10 %Marokko: 344.000 m3, –4 %Israel: 311.000 m3, –10%
Daraus lässt sich kaum ein allgemeingültiger Trend ablesen. Während Österreichs Mengen nach Algerien etwa um 6 % zurückgingen, stiegen Deutschlands Lieferungen um 56 %. Umgekehrt ist die Lage in Saudi-Arabien. Österreich lieferte im 1. Halbjahr um 46 % mehr, Deutschland stagnierte (–3 %).

Keine Impulse für Österreich

Österreichs Sägewerke konnten von als einzige der fünf analysierten Länder im 1. Halbjahr keine Mehrmengen in der Levante absetzen. Das zeigt sich unter anderem anhand der Exporten nach Slowenien, die gegenüber dem Vorjahr um 1,2 % sanken. Der Großteil dieser Menge wird über Koper nach Nordafrika weitergeleitet. Direkte Ladungen nach Libyen – wo österreichisches Holz traditionell den größten Marktanteil hat – gingen überdies bis Juni um 11 % zurück.

Eher billige Sortimente

Die Levante ist zwar ein Mengenmarkt, aber keiner für hochwertige Ware. Deutsche Sägewerke meldeten dem Statistischen Bundesamt im 1. Halbjahr durchschnittlich Preise von 179 €/m³ in die wichtigsten Levanteländer. Die Spanne reicht von 172 €/m³ in Algerien bis 186 €/m³ in Saudi-Arabien.
Zum Vergleich: Die qualitätsfokussierten Japaner zahlten im Mittel 237 €/m³ für deutsches Nadelschnittholz.

Levante gewinnt an Bedeutung

Der Levanteanteil an den Gesamtexporten unterscheidet sich stark. In Österreich blieb er gegenüber dem Vorjahr konstant bei 16 %. Allein Italien erhält mehr als vier Mal so viel Nadelschnittholz als der gesamte MENA-Markt. In Deutschland gewinnt die Levante dagegen stark an Bedeutung. Dort stieg deren Exportanteil dank Ägypten binnen einem Jahr von 11 % auf ebenfalls 16 %. All das ist aber noch weit von Skandinavien entfernt. Bereits 27 % der schwedischen Bretter landen in der Holz-Boomregion. Ägypten ist nach Großbritannien schon der zweitwichtigste Markt.
Noch mehr verlassen sich die Finnen auf die Levantemärkte. 36 % der Nadelschnittholz-Exporte gehen nach Nordafrika oder auf die Arabische Halbinsel. Ägypten dominierte mit 548.000 m³ die finnische Exportstatistik im 1. Halbjahr, gefolgt von Japan (440.000 m³).

Champion Rumänien

Der versteckte Champion der Levantelieferanten ist Rumänien. Das Land exportierte bis Juni 686.000 m³ Nadelschnittholz in die MENA-Region – deutlich mehr als Deutschland oder Österreich. Beeindruckend ist der Marktanteil: 64 % von Rumäniens Schnittholzexporten haben die Levante als Destination. Damit wurden die Rückgänge im wichtigsten Exportmarkt Japan komplett kompensiert. Obwohl der fernöstliche Markt mit 193.000 m³ in den ersten beiden Quartalen um 24% weniger abnahm, blieben die Exporte mit insgesamt 1,07 Mio. m³ praktisch stabil. Rumäniens größte Absatzmärkte in der Levante sind die Vereinigten Arabischen Emirate (+43 % auf 109.000 m³ im 1. Halbjahr), Saudi-Arabien (109.000 m³, –24 %), Ägypten (93.900 m³, +71 %) und der Libanon (76.600 m³, +60%)

Boommarkt ist brandgefährlich

Politisch ist die Gegend wesentlich schwieriger zu analysieren. Der Hoffnungsmarkt ist ohne Frage instabil. Das geht bis zum offenen Krieg auf der Arabischen Halbinsel. Sobald sich das politisch-wirtschaftliche Umfeld stabilisiert, können die Mengen aber auch wieder in die Höhe schnellen, wie Ägypten beweist. So starke Änderungen (von –70 % bis zur Verzehnfachung) gibt es in keiner anderen Region.
Levanteexporteure werden also weiterhin gute Nerven brauchen – aber auch in dieser Hinsicht gleicht der Markt vor Europas Haustüre der vorangegangenen Boomregion. Volatile Preise und Mengen kennt man aus den USA (leider) bestens.