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Keine Zuwächse im Fenstermarkt

Ein Artikel von Robert Kittel | 30.08.2013 - 09:58
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HK: Herr Tschorn, als Geschäftsführer des Verbandes Fenster + Fassade VFF vertreten Sie rund 300 Betriebe, die in Deutschland ein Marktvolumen von mehr als 60 % abbilden. Entgegen dem europaweiten Trend konnteDeutschland recht stabile Zuwachsraten vorweisen. Erwarten Sie eine Fortsetzung in den kommenden Jahren oder wird der Absatz auch für deutsche Hersteller verflachen?
Ulrich Tschorn: Es gibt keine Vorzeichen, dass die Bauwirtschaft in der nahen Zukunft rückläufig sein wird. Neubau und Modernisierung sind Themen, die weiter gut laufen werden. Der Fensterabsatz in Deutschland ist 2012 nach neuesten Berechnungen um rund 3,4 % gestiegen. Im Laufe des vergangenen Jahres konnten demnach rund 13,3 Millionen Fenstereinheiten vermarktet werden. Für 2013 ist laut Hochrechnung mit einem Anstieg auf ca. 13,7 Millionen Fenstereinheiten zu rechnen, was einem prozentualen Zuwachs von rund 2,8 % entspräche.
HK: Der deutsche Inlandsmarkt trägt diese Steigerung. Wie wichtig sind die Förderungen der Bundesregierung zur energetischen Sanierung und was wäre bei deren Ausbleiben zu erwarten?
Tschorn: Daran wollen wir gar nicht denken, denn sowohl kommunale Investitionen, als auch Investitionen in der Wohnungswirtschaft sind stark förderabhängig. Um im gewerblichen Bereich mehr Anreize zu bekommen, ist die steuerliche Abschreibung von energetischen Modernisierungen dringend erforderlich.
HK: Ist in absehbarer Zeit eine Besserung am krisenbedingt schwächelnden europäischen Fenstermarkt zu erwarten?
Tschorn: Jede Antwort dazu wäre spekulativ. Es gibt europaweite Forderungen zur Durchführung energetischer Modernisierungen. Inwieweit diese durch Unterstützung der Länder forciert werden können, ist abhängig von der Situation der einzelnen Mitgliedsstaaten. Festzustellen ist allgemein, dass verstärkt Kapital in Immobilien angelegt wird. Österreich und die skandinavischen Länder sind ebenfalls positiv zu beurteilen.
HK: Am deutschen Markt scheint IV 78 das meistverkaufte Fenstersystem zu sein. Können Sie das bestätigen?
Tschorn: Für den Holzfenstermarkt gibt es Systeme mit den unterschiedlichsten Bautiefen. Die meisten großen Betriebe haben bereits auf Bautiefen von ca. 80 mm oder mehr gesetzt.
HK: Die von der Bundesregierung propagierte Energiewende scheint mit IV 78 schwer realisierbar. Welche effizienteren Fenstersysteme könnten Ihrer Meinung nach künftig in Deutschland mehr Marktbedeutung erlangen?
Tschorn: Bautiefen um die 80 mm sind für die Anforderungen der breiten Masse ausreichend. Für Niedrigst- oder Plusenergiehäuser werden sicherlich andere Produkte verlangt.
HK: Die für Endverbraucher und industrielle Fensterhersteller vorteilhafte Fensterzertifizierung scheint zu Lasten der Vielfalt in der gewerblichen Fensterproduktion zu gehen. Was kann der VFF kleinen gewerblichen Herstellern als Überlebensstrategie empfehlen?
Tschorn: Kleine gewerbliche Hersteller sind gut beraten, Nischen zu besetzen, auf ihre Kernkompetenz zu achten und rechtzeitig zu überlegen, ob die Fertigung oder der Handel der bessere Weg ist.
HK: Was erhoffen Sie für Ihre Mitgliedsbetriebe in der nahen Zukunft?
Tschorn: Eine Weiterentwicklung in den Bereichen Kundenorientierung und Verkäuferqualifizierung, eine saubere und vernünftige Umsetzung der Bauproduktenverordnung und der Qualitätssicherung. Wichtig ist auch, dass es bis 2016 in der Modernisierung keine Verschärfung der Anforderungen an die Bauteile „Fenster“ gibt. Ein stabiler Marktanteil von Holz- und Holz-Metallfenstern kann vorausgesetzt werden. Diese hatten 2012 mit rund 3,2 Millionen abgesetzten Fenstereinheiten einen Anteil am Fenstermarkt von 24 %. 2013 wird der Anteil bei rund 23,9 % liegen, bei einer Steigerung der abgesetzten Fenstereinheiten auf rund 3,3 Millionen. Wir erwarten jedoch aufgrund der schwierigen Witterung in den ersten Monaten des Jahres 2013 keine Zuwächse im Fenstermarkt.