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Wappen-Baden-Württemberg © Archiv

Kartellverbot die Zähne ziehen

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 03.04.2014 - 08:23
Die Frist des Bundeskartellamts lief Ende März aus. Bis dahin mussten die Stellungnahmen zum Beschlussentwurf bezüglich des Verbots der gebündelten Holzvermarktung in Baden-Württemberg eintreffen. Der Landesverband VSH hat das im Februar erledigt. Der Bundesverband DeSH folgte Ende März.
Argumentativ liegen die beiden Stellungnahmen auseinander. Laut VSH soll die Vermarktung künftig von einer Zentralisierung auf die lokalen untersten Forstbehörden verschoben – aber im Kern beibehalten – werden (s. Link 1).
Die Auffassung des DeSH ist anders. Laut einer beauftragten Frankfurter Kanzlei, die auf Kartellrecht spezialisiert ist, sei nicht entscheidend, auf welcher Ebene gebündelt wird. Die Bündelung an und für sich ist nicht mit dem Gesetz vereinbar. Der DeSH teilt sogar die Kritik des Bundeskartellamts „am Marktverhalten einzelner staatlicher Akteure in bestimmten Punkten“. Ein Verbot der Bündelung sei wohl unausweichlich. Daher gelte es, dem Beschluss die Zähne zu ziehen.
Hintergrund ist die immanente Vereinheitlichung der Verkaufspreise von zueinander im Wettbewerb stehenden Anbietern von Nadelstammholz. „Dabei ist nach Auffassung des Bundeskartellamtes unerheblich, ob die Bündelung des landeseigenen Stammholzes mit dem Stammholz privater und kommunaler Waldbesitzer durch das Land Baden-Württemberg zentral durch ForstBW oder dezentral durch die ForstBW unterstehenden unteren Forstbehörden erfolgt“, erläutert RA Dr. Dominique Wagener von der Kartellrechtkanzlei Commeo, Frankfurt.

300 ha statt 100 ha als Grenze

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Das Bundeskartellamt will laut Beschlussentwurf die Bündelung ab 100 ha Waldeigentum verbieten. Für den DeSH ist das zu wenig. Er schlägt als Grenze 300 ha bei Privatwald, 800 ha bei Körperschaftswald und 2000 ha bei über ForstBW vermarktende forstliche Zusammenschlüsse vor. Alles, was darunter liegt, soll ohne Änderungen weiter waldbesitzübergreifend vermarktet werden können. „Eine eigenständige Vermarktung ist bis zu diesen Schwellen […] ohne Einbindung von ForstBW nicht sinnvoll und ökonomisch tragbar […]“, heißt es dazu wörtlich in der Stellungnahme. Untermauert werden diese Forderungen von einer Marktstudie, welche die Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher (AGR) anfertigen ließ.

Kartellamt vs. Holzbündelung

Kartelle sind bequem, aber verboten. Denn wenn Konkurrenten zusammenarbeiten, wird der Wettbewerb ausgehebelt. Sogar wenn Ein- und Verkäufer diese Kooperation begrüßen, greift in Deutschland das Bundeskartellamt ein. So geschehen in Baden-Württemberg. Untersagt werden sollen Nadelrundholz-Mengenbündelungen und gemeinsame Forstbewirtschaftung. In der Vergangenheit haben staatliche Förster Z-Bäume ebenso ausgezeichnet, wie nach deren Ernte oder Durchforstungen den Verkauf organisiert. Das Bundeskartellamt will das unterbinden und hat im Dezember einen Beschlussentwurf veröffentlicht. Stellung nahmen der Landesverband VSH und der Bundesverband DeSH – mit sehr unterschiedlichen Ansätzen

Auszeichnen kein Wettbewerb

Die forstlichen Dienstleistungen will der DeSH von Beschluss ausgenommen wissen. Denn beim Holzauszeichnen komme es zu keinem wettbewerbsrelevanten Informationsaustausch.
Unzufrieden ist man zudem mit der Fristsetzung. Das Bundeskartellamt will alle Maßnahmen bis 1. Januar 2015 umgesetzt wissen. Das sei zu wenig, argumentiert der Bundesverband. Laut seiner Einschätzung seien mindestens fünf Jahre nötig, um sich von über Jahrzehnte gewachsenen Vermarktungsstrukturen zu lösen. Würde das Bündelungsverbot schneller umgesetzt, könnte das zu einem Rundholzmangel führen. Sollte das Bundeskartellamt auf einer rascheren Umsetzung bestehen, schlägt der DeSH eine degressive Absenkung der Schwellen vor.

Lösungsansatz: Staat wo nötig

Wie solle es nun weitergehen? DeSH und AGR haben dazu ein Zehnpunkteprogramm ausgearbeitet. Immerhin könnte ein ähnliches Bündelungsverbot in weiteren Bundesländern drohen. Das Dokument führt die Anforderungen an eine effiziente und wirtschaftliche Rundholzbereitstellung aus Praxissicht auf. Zugrunde liegt der Grundsatz „Privat wo möglich, Staat wo nötig“. Das Papier fordert unter anderem:
    Sicherstellung der flächendeckenden Betreuung und Rundholzvermarktung insbesondere im Klein- und KleinstwaldMarktzugang für nicht marktfähige Mengen durch BündelungWeiterentwicklung und Professionalisierung der forstlichen Strukturen im NichtstaatswaldAktivierung passiver Waldbesitzer durch kontinuierliche AnspracheErhaltung staatlicher Revierleiter als Vertrauenspersonen und Mittlern zwischen Forst und IndustrieSicherung internationaler Wettbewerbsfähigkeit der Wertschöpfungskette Holz durch […] marktfähige Strukturen
Der DeSH betont die Bedeutung der flächendeckenden Betreuung Kleinwaldflächen sowie die Sicherung des Marktzugangs nicht marktfähiger Angebotsmengen durch ForstBW. Die Weiterentwicklung unabhängiger forstlicher Zusammenschlüsse zu professionellen Vermarktungsorganisationen habe daher Priorität.

Offener Dissens in Mannheim

Thema beim 9. internationalen Sägewerkskongress von AGR und DeSH Mitte März war natürlich auch der Umgang mit dem Kartellverfahren bezüglich Holzbündelung. Immerhin liegt der Kongressort Mannheim im betroffenen Bundesland. Das Bundeskartellamt will die gebündelte Holzvermarktung in Baden-Württemberg untersagen. Der Umgang mit diesem drohenden Beschluss führte zu einem offenen Dissens. Der lokale Verband der Säge- und Holzindustrie Baden-Württemberg (VSH) hatte seine Stellungnahme bereits vor dem Kongress abgegeben. Er verlangt darin, die Bündelung auf Ebene der unteren Forstbehörden zu verlagern. Ein Vorschlag, der mit dem bundesweiten Verband DeSH nicht akkordiert war und laut dessen Geschäftsführer Lars Schmidt auch ins Leere geht. „Das Kartellamt bemängelt nicht die zentralisierte Mengenbündelung, sondern die Bündelung an sich – egal auf welcher Ebene“, sagte er am 18. März in Mannheim.

Leider war vom VSH niemand bereit, sich auf die Diskussion einzulassen. So bleibt das Bild zweier uneiniger Verbände, die eigentlich dasselbe Ziel verfolgen sollten. Besser klappt die Kooperation zwischen AGR und DeSH. Dr. Denny Ohnesorge, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft, präsentierte in Mannheim Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage. 55 % bis 80 % der deutschen Holzeinkäufer bezeichneten darin die Bündelung von Rundholzmengen aus kleinststrukturiertem Waldbesitz bis 5 ha als „wichtig bis sehr wichtig“. Die Studienergebnisse wurden mittlerweile in der Stellungnahme an das Bundeskartellamt argumentativ verwendet.