Bekannt wurde die „nH“ mit dem Gewindesystemanker (GSA). Dabei werden metrische Stahlschrauben mit Epoxidharz ins Holz geklebt. Das ergibt eine duktile Verbindung, die sich leicht berechnen lässt, weil nur der Stahlquerschnitt für die Bemessung verantwortlich ist. In der Schweiz ist diese Technologie seit 15 Jahren im Einsatz. Seit Ende 2012 besitzt die nH auch die Allgemeine Bauaufsichtliche Zulassung in Deutschland (s. Holzkurier Heft 21, S. 17). Diese Technologie war auch Basis der jüngsten Entwicklung, des ALP-GSA-Verfahrens. Das steht für Alternative Load Path oder auf Deutsch: Alternatives Last Pfad-Verfahren. GSA und ALP-GSA sind registrierte Marken. Was darunter zu verstehen ist, sah der Holzkurier als erstes Fachmedium beim Vor-Ort-Besuch.
BSH-Träger mit Loch, aber ohne Schwächung
Kraft läuft durch neue Pfade
Seit gut einem Jahr forscht die Schweizer Holzbau-Koryphäe (Gehri war von 1990 bis 1999 Professor für Holztechnologie in Zürich) an der Möglichkeit, BSH-Teile zu durchlöchern. „Durch eingeklebte Verstärkungen können wir Löcher halb so groß wie die Bauhöhe anfertigen, ohne dass eine Neubemessung nötig wäre“, erklärt Gehri. Wenn ein Architekt also nicht weiß, wie er die 40 cm starken Zuluftrohre unter den 80 cm hohen Leimbindern unterbringen soll, kann er nun in Lungern anrufen. Die Neue Holzbau klebt schon seit 15 Jahren Gewindestangen ins Holz und weiß genau, wie er damit die Schubkräfte rund ums Loch ausgleichen kann. Gehri ist seit Beginn der Entwicklung an involviert. Sein Ansprechpartner im Unternehmen ist Thomas Strahm, Leiter der Engineeringabteilung. „Wir müssen hier innovativ sein. Mit Standard-BSH aus Deutschland oder Österreich zu konkurrieren, ist unmöglich“, sagt der Eidgenosse.Um zu beweisen, dass die ALP-GSA-Technologie praxisreif ist, spannte Gehri eine Reihe von Testblöcken auf die Biegeprüfmaschine. Die Testkörper waren auf einer Seite durchlöchert und am Rande der Ausnehmung mit GS-Ankern verstärkt. Die andere Seite beließen die Tüftler unverändert. Mehrere Hydraulikzylinder drückten nun so lange nach unten, bis die Teststücke brachen. „Das geschah ohne Ausnahme auf der Seite ohne Loch. Jedes Mal handelte es sich um einen Schubbruch“, berichtet Strahm. Die durchlöcherte Seite hielt stand. Das heißt im Umkehrschluss: Die Neue Holzbau kann Löcher in die BSH-Träger schneiden, ohne dass eine Querschnittsverminderung nötig wäre – lediglich ein paar eingeklebte Stahlstäbe müssen an die richtige Stelle.
Was bei Beton schon lange üblich ist …
KMU mit Forschungsbudget
Kombiträger und Eschen-BSH bis GL 60
Die Brettschichtholz-Produktion der Neuen Holzbau ist bemerkenswert. Schon im Lamellenlager liegen Eschen- und Buchenbretter einmütig neben der Fichte. Die flexible SMB-Keilzinkenanlage ist darauf ausgelegt, unterschiedliche Holzarten bereits in der Keilzinke zu verbinden. Das machten sich die Schweizer bei der eigenen Halle zunutze. Beim Unterzug des Fachwerkbinders sind die am meisten belasteten Anschlüsse in Esche ausgeführt – aber nur am letzen halben Meter. Darunter wartet ein mannhoher Fachwerkträger auf seine Auslieferung. Dessen Besonderheit ist der erste Diagonalstab, der die größten Lasten aufnehmen muss und daher auch in Esche ausgeführt ist. Zudem stapeln sich Fichten-Hybridträger – also BSH, bei dem die Zug- und Druckbereiche aus besonders festen Lamellen bestehen.In Fichte bietet die Neue Holzbau BSH bis zur Festigkeitsklasse GL 36. Buchen-Brettschichtholz gibt es bis GL 48. Das Königsprodukt ist aber verstärktes Eschen-BSH. Durch die Einleimung vorgespannter Stahllitzen erreicht die Neue Holzbau eine Festigkeitsklasse von GL 60.
Einsatz von Loch-BSH ist ab sofort möglich
Alles, was also nötig ist, ist ein Ingenieur, der die Verantwortung dafür übernimmt und mit seiner Unterschrift garantiert, dass die Technologie ausgereift und sicher ist. Strahm kann das. Er hat über 15 Jahre lang Tausende Versuche begleitet. Er weiß, wie viel seine Produkte aushalten, bevor sie brechen. Er versteht die Versagensmechanismen und erkennt die enorme Bedeutung der Duktilität für sichere Holzbauverbindungen. Es ist dieses Wissen, welches es der Neuen Holzbau erlaubt, ein In‘genie‘urholzbau-Unternehmen zu sein. Wer neugierige Mitarbeiter, eine moderne Produktion und einen ETH-Professor in seinem Betrieb vereinigt, der kann wahrlich „schöpferisch“ arbeiten.