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Vor allem für Platten im Sichtbereich spielen die Qualitätskontrolle und ein sauberes Handling der CLT-Elemente wichtige Rollen - darum kümmern sich ausgebildete Zimmerer und Tischler © Stora Enso

Holzbau à la carte

Ein Artikel von Michael Reitberger | 25.11.2013 - 13:46
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Vor allem für Platten im Sichtbereich spielen die Qualitätskontrolle und ein sauberes Handling der CLT-Elemente wichtige Rollen - darum kümmern sich ausgebildete Zimmerer und Tischler © Stora Enso

Die Problemstellung war folgende: Auf der einen Seite findet man in Österreichs Baulandschaft eine erkleckliche Menge hervorragend ausgebildeter, erfahrener und tatkräftiger Zimmerer. Auf der anderen Seite ist Österreich als eine der führenden Nationen rund um den Bau- und Werkstoff Holz die Wiege des Brettsperrholzes (BSP) und damit nach wie vor an der weltweiten Spitze für Produktionskapazitäten und Qualitäten. Beide Stärken zu vereinen, scheint selbst heute noch nicht ganz barrierefrei vonstattenzugehen. Berührungsängste mancher Holzbauunternehmer mit dem neuen Baustoff und den neuen Geschäftsfeldern führen dazu, dass die heimischen Produzenten von Brettsperrholz in hohen Anteilen exportieren müssen.

Das Problem bei der Wurzel fassen

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Der Vorteil von Stora Ensos CLT-Platten im Vergleich zu ähnlichen Produkten anderer Hersteller liegt in der Schmalseitenverleimung, die für fugenlose Optik und eine folienfreie Herstellung luftdichter Ebenen sorgt © Stora Enso

Einer Lösung für dieses Dilemma auf die Spur zu kommen, haben sich Peter Steinbauer und Andreas Zarfl zur Aufgabe gemacht. Ihr Ansatz war ausschlaggebend für die Kür zum diesjährigen Holzkurier-Holzbauausstatter des Jahres. Der gelernte Zimmerer Steinbauer und der gelernte Bürokaufmann Zarfl analysierten das Problem und kamen zum Schluss: Es fehlt ein Bindeglied zwischen Handwerk und Industrie: jemand oder etwas, der/das den Holzbaumeistern Österreichs ein Produkt nahebringt, vor dem es keinerlei Grund gibt, zurückzuschrecken.
Ganz im Gegenteil: Die voranschreitenden Trends in Richtung nachhaltiger Bauweisen und „Green Building“-Konzepten zeigen bisher ungeahnte Möglichkeiten auf. Experten gehen davon aus, dass künftig 30-stöckige Hochhäuser bis hin zu ganzen Städten aus Holz realisiert werden könnten. Wenn man auf die Entwicklung der vergangenen Jahre zurückblickt, lässt sich der nach oben zeigende Pfeil leicht nachzeichnen: 4 bis 5-stöckige Reihenhäuser in nahezu allen Bundesländern Österreichs, 7-stöckige Wohnsiedlungen in Wien, 8-stöckige Stundentenheime in Oslo, 9-stöckige Hochhäuser in Mailand, London und Berlin sowie ein 10-Geschosser in Melbourne. Und in Planung befinden sich derzeit ein 13- und ein 14-geschossiges Gebäude in Stockholm sowie ein 14-geschossiger Turm in Bergen/NO.

Nur die wenigsten bauen Hochhäuser

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Starke Partnerschaft: Peter Steinbauer und Andreas Zarfl von ZMP sorgen gemeinsam mit CLT-Verkaufsleiter Gernot Weiss für den reibungslosen Ablauf aller großen wie auch kleinen Brettsperrholz-Projekte (v. li.) © Michael Reitberger

Wie man erkennen kann, finden sich die großen Vorzeigeprojekte vorwiegend im urbanen Raum. Genau hier muss der Holzbau Einzug finden, um für die breite Öffentlichkeit selbstverständlich zu werden. Doch die Arbeit der ländlichen Zimmerer liegt nur zu einem verschwindend geringen Teil im mehrgeschossigen (in dem Fall ist von mehr als zwei Geschossen die Rede) Holzbau. Die meisten legen nach wie vor ihren Fokus auf den Dachstuhl. Dachstühle wird man immer brauchen und dieses Geschäft wird sicherlich nicht so schnell versiegen.
Über den Tellerrand hinauszublicken, kann sich jedoch durchaus bezahlt machen. Es gilt, die Zeichen zu deuten und Chancen zu erkennen. Wer sich vor Neuem verschließt und nicht vorausdenkt, könnte von einem Mitstreiter schnell überholt werden.
Der Markt fordert verstärkt nach Generalunternehmern, die über ihre Kernkompetenz hinaus weitere Gewerke in den Betrieb integrieren und anbieten. Der gute Ruf des Zimmermanns als vorbildlich sorgfältig arbeitender Handwerker kann diese Entwicklung nur begünstigen.

Wie, wer, was?

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Das CLT-Haus Riegler in St. Thomas am Blasenstein wurde 2012 mit dem Oberösterreichischen Holzbaupreis ausgezeichnet © Stora Enso

Was ist jedoch der einfachste Weg, um selbst schnell zum eigenen Brettsperrholz-Haus zu kommen? Wenn es nach Steinbauer und Zarfl geht, lautet die Antwort ZMP. ZMP steht für Zimmerei Massivholz Partner und füllt laut seinen Gründern die Lücke zwischen Zimmerer und BSP-Produzent. Das Unternehmen steht in enger Verbindung mit Stora Enso und vertreibt dessen Produkt CLT (Cross Laminated Timber, engl. für Brettsperrholz). Was ZMP den Holzbauunternehmen anbietet, geht jedoch weit über den reinen Vertrieb von CLT hinaus. Der Holzkurier hat bei Steinbauer und Zarfl nachgefragt und wollte wissen, wie sich die Kooperation zwischen ZMP und einer Zimmerei genau verhält, welche Leistungen erbracht werden und wie sich Ergebnisse aus dieser Zusammenarbeit präsentieren. „Sobald uns ein Holzbauunternehmen sein Vorhaben mitgeteilt hat, erarbeiten wir anhand des Einreichplans ein detailliertes Angebot für die Komplettleistung aus Planung, Materialbeschaffung und Transport. Sobald es zum Zuschlag kommt, berechnet unser Statikerbüro Dimensionen und Abmessungen nach den gültigen Richtlinien und Normen. Die Materialpläne werden anschließend an Stora Enso weitergegeben, wo man sie in produktionstaugliche CNC-Daten umwandelt und in die Produktionsplanung aufnimmt. In den Werken in Bad St. Leonhard und Ybbs werden die CLT-Teile nur auftragsbezogen gefertigt, abgebunden und kommissioniert. Alles wird just-in-time erledigt. Nichts wird zwischengelagert, sondern sofort zur Baustelle transportiert. Ein ausgeklügeltes Transportsystem mit etikettierten Bauteilen und vorgeladenen Auflegern garantiert die zeitgerechte Lieferung. Der Kunde bekommt die Ware genau dann, wann er sie braucht. Zudem erhält er einen Montageplan, um die nummerierten Teile in der richtigen Reihenfolge ohne Komplikationen aufstellen zu können.
Vom Auftragseingang bis zur Lieferung vergehen nicht mehr als vier Wochen“, erklärt Steinbauer.

Qualität durch Synergie

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ZMP lieferte für das 2011 gebaute Objekt Riegler 110?m3 CLT - ausschlaggebend für die Auszeichnung war unter anderem der hohe Sichtanteil von Holz © Stora Enso

Das System trägt natürlich auch Früchte für den Hersteller Stora Enso. „20 bis 25 % CLT-Gesamtproduktion werden aus Aufträgen von ZMP generiert“, informiert Stora Enso-CLT-Verkaufsleiter Gernot Weiss. „Das Interesse seitens der Zimmereibetriebe wächst. Die Partnerschaften werden laufend intensiviert.“
Den kooperierenden Unternehmen ist aber durchaus bewusst, dass neben dem Service um das Produkt auch die Qualität der CLT-Platten ohne Ausnahme perfekt sein muss. „Deshalb sind mit dem Abbund und der Qualitätskontrolle der Platten ausschließlich ausgebildete Zimmerer und Tischler betraut“, informiert CLT-Koordinator Christoph Koitz. „Außerdem hebt eine Besonderheit unser Produkt von jenen anderer BSP-Hersteller ab: die Schmalseitenverleimung.“ Laut Koitz ist Stora Enso der einzige BSP-Produzent, welcher die einzelnen Lagen der Platten vor der Flächenverpressung auch auf den Schmalseiten der Bretter verleimt. Hierdurch entstehen Einschichtplatten als Zwischenprodukte. Die Vorteile seien eine bessere Oberflächenqualität der Platten im Sichtbereich sowie die Möglichkeit der folienfreien Herstellung luftdichter Ebenen, da keine Fugen zwischen kreuzweise verleimten Brettern entstehen können.

„Alles aus einer Hand“ kommt an

250 Holzbaubetriebe bedient ZMP mittlerweile. Ein durchschnittlicher Zimmererkunde beschäftigt dabei zwischen zehn und 20 Mitarbeiter. „Die Holzbaumeister wären durchaus imstande, die Planung von CLT-Projekten selbst zu übernehmen. In der Praxis macht das jedoch keiner, weil unsere Kunden sehr glücklich darüber sind, wenn wir das für sie übernehmen und alles aus einer Hand anbieten. Das liegt zum Teil an personellen, zum Teil an zeitlichen Einschränkungen in den Zimmereien“, erklärt Zarfl. Auch, dass ZMP nicht nur CLT, sondern ebenfalls das innovative Kielsteg-System (Schweighofer Prize-Preisträger 2013) mit im Programm hat, komme sehr gut an. „Mit Kielsteg lassen sich hohe Spannweiten besonders elegant überbrücken. Die Kombination aus beiden Produkten lässt keinen Bauwunsch mehr offen“, so Zarfl. Die Krönung des ZMP-Services stellt zudem ein neues 230 Seiten starkes Planungshandbuch dar. Darin sind alle Daten zu CLT und Kielsteg aufgeführt: eine große Sammlung an Konstruktionsbeispielen, die durchaus zum Nachbauen einlädt.