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Kinder springen im Hotelzimmer umgeben von MHM-Wänden © Hamish Appleby

Holz also war des Hotels Kern

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 06.02.2014 - 09:38
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Kinder springen im Hotelzimmer umgeben von MHM-Wänden © Hamish Appleby

Als Goethe Ende des 18. Jahrhunderts mit seiner Tragödie Faust begann, war der Massivholzbau wohl noch kein Thema. Nur drei Mal kommt Holz in dem Klassiker überhaupt vor. Ein Mal zur thermischen Nutzung („Holz spalten“, Kapitel 2), zwei Mal als Inneneinrichtung („hölzerner Tisch“, Kapitel 8, und „Schrein mit Ebenholz“, Kapitel 13). Hätte der Dichter sein Werk gut drei Jahrhunderte später verfasst, wäre vielleicht ein „hölzern Haus“ zentraler Handlungsort gewesen. Denn seit 2012 steht in der Goethestadt Weimar eine Vollholzherberge. Das Familienhotel Weimar ist das erste innerstädtische Hotel in Massivholzbauweise und setzt voll auf Wohlfühlatmosphäre. Errichtet wurde es mit dem Massiv-Holz-Mauer-System (MHM) von Hundegger, Hawangen/DE.

Die Wände aus regionalen Wäldern

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Produktionsstraße für Massiv-Holz-Mauer-Elemente: Der Wandmaster verbindet geriffelte Bretter mit Aluminiumstiften zu Vollholzplatten, welche die Hundegger PBA millimetergenau abbindet © Hundegger

Es überrascht nicht, dass immer mehr Sägewerke und Holzbauunternehmer ihre Massivholzwände selbst erzeugen. Denn damit bekommt der Kunde hochwertige, vorgefertigte Wandelemente. Die Wertschöpfung im Betrieb wird deutlich erhöht. Ein wichtiges Argument im Verkauf ist dabei immer die Regionalität. Erzeugt wurden die Wände des Familienhotels Weimar nur 100 km entfernt. Im thüringischen Geisa betreibt Holzbaumeister Herrmann Massivholzhaus eine MHM-Linie.
Der Produktionsablauf der MHM-Anlagen ist bewährt. Ausgangsmaterial ist günstige, getrocknete Fichtenseitenware. In der waldreichen Gegend ist es klar, dass nur regionales Holz veredelt wird. Dieses wird in einem Hobelaggregat egalisiert und auf einer Seite mit einer Riffelung versehen. Diese Luftpolster werden später in der Wand für einen hohen Wärmedämmwert sorgen.
Ein Mitarbeiter reicht für die Bedienung der Anlage. Er füttert den sogenannten „Wandmaster“ (s. Bild u. re.) mit den Brettern, die bereits auf die richtige Länge zugekappt sind. Ein Kombi­arbeitskopf positioniert die Bretter kreuzweise übereinander und fixiert jede Lage mit Aluminiumnägeln. „Im Vorjahr wurden allein in Deutschland 30.000 m3 MHM erzeugt und in rund 400 Objekte eingebaut“, ergänzt Rainer König, der für den Vertrieb des MHM-Systems zuständig ist.
Sobald das massive Holzelement fertiggestellt ist, rollt es zum Portalbearbeitungszentrum. Die Hundegger-PBA ist integraler Bestandteil jeder MHM-Fertigungslinie. Diese Maschine sägt Fenster und Türen aus den massiven Holzelementen. Die Oberfläche wird plan gefräst, alle Kanten werden millimetergenau zugeschnitten. Der Rohbau auf der Baustelle wird damit zur Maßarbeit.

Holzwände mit Lehmverputz

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Die Massivholzwände sind außen mit Lärchenschalung beplankt © Hamish Appleby

Einzig Keller und Treppenhaus des Familienhotels sind betoniert. Sonst besteht der Dreigeschosser nur aus natürlichen Materialien: Holz, Aluminium und Lehm. Architekt Jörg Weber (Raum 33 Architekturbüro, Weimar) verkleidete die klebstofffreien MHM-Wände mit weiß lasiertem Holz oder Lehmputz. Die 22 bis 75 m2 großen Zimmer werden sogar über die Wand beheizt.
Laut den Erbauern ist diese heimelige Oase das erste innerstädtische deutsche Hotel in Vollholzbauweise überhaupt. Gerade im urbanen Umfeld ist der Schallschutz wichtig. Da ist es praktisch, dass sich die MHM-Bauweise auch für erhöhte Schallschutzanforderungen eignet, wie die Prüfberichte des ift-Rosenheim im Vorjahr bestätigten.
Seit das MHM-System 2003 am Markt eingeführt wurde, steigt die Produktion stetig. 2014 erwartet König erneut einen Zuwachs. „Auf Messen werde ich oft von Architekten angesprochen. Die interessieren sich für technische Ausführungen, etwa die Beplankung. Aber auch viele Zimmerer und Sägewerke erkundigen sich, wie man mit MHM die Wertschöpfung erhöht“, erklärt König. „Die nächste Chance zum persönlichen Gespräch gibt es bei der Dach+Holz in Köln. Dort stellen wir, wie üblich, am Hundegger-Stand aus“, verweist der MHM-Verantwortliche.