1417176447598.jpg

Einer der beiden Achtgeschosser: Die beiden Studentenwohnheime wurden im Februar 2013 in Norwegen fertig gestellt © Baumgartner

Hennen, Hütten und Hochhäuser

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 28.11.2014 - 13:21
14171762923112.jpg

Raimund Baumgartner: Vor 21 Jahren gründete er gemeinsam mit seiner Frau Edith den eignene Betrieb, heute führt er 22 Mitarbeiter © Michael Reitberger

Abwechslungsreichtum ist den Mitarbeitern von Raimund Baumgartner Zimmerei und Holzleimbau garantiert. In den vergangenen Jahren waren selbst Auslandsaufenthalte stets inbegriffen. Was der findige Holzbau-Meister aus Reichenfels mit nur 22 Mitarbeitern bewerkstelligt, kann sich im In- und Ausland sehen lassen. Unterhält man sich mit Raimund Baumgartner, hat man es mit einem gelassenen und ruhigen Gesprächspartner zu tun. Umso erstaunlicher mutet sodann die beeindruckend umfangreiche Projektliste der vergangenen beiden Jahre an, die mit einer großen Portion Gemütlichkeit vorgetragen wird. Ganz unaufgeregt kommen gleich zu Beginn acht Fünf- bis Achtgeschosser daher, die alle in Norwegen realisiert wurden. Im November 2012 begannen die Arbeiten zu den beiden ersten achtgeschossigen Studentenwohnheimen in Ås, 35 km südlich von Oslo. Gemeinsam mit Mayr-Melnhof Holz, Leoben, hat man sich bei der internationalen Ausschreibung durchgesetzt. Diese Vorreiterrolle im internationalen mehrgeschossigen Holzbau veranlasste die Holzkurier-Redaktion, Baumgartner als Holzbauunternehmen des Jahres zu wählen.
Massiv in vier Monaten errichtet, sind selbst Stiegenhaus und Liftschacht der beiden Achtgeschosser aus Holz. Insgesamt wurden je Gebäude 1000 m3 Brettsperrholz (BSP) auf 380 m2 Grundfläche verbaut. Das war aber nur der Anfang mit folgenschweren Konsequenzen.

Kettenreaktion auf Norwegisch

1417176447598.jpg

Einer der beiden Achtgeschosser: Die beiden Studentenwohnheime wurden im Februar 2013 in Norwegen fertig gestellt © Baumgartner

„Folgenschwer“ im positiven Sinn. Nur einen Steinwurf entfernt, tatsächlich in Sichtweite der beiden Achtgeschosser, wurde der Auftrag zum Bau vier weiterer Studentenwohnheime mit je fünf Geschossen, abermals in BSP, erteilt. Nach wiederum vier Monaten Bauzeit konnte das Projekt im Dezember 2013 abgeschlossen werden, aber nur, um zu diesem Zeitpunkt mit dem Bau von zwei weiteren sechsgeschossigen Studentenwohnheime, zehn Autominuten von Oslo entfernt, zu beginnen. Diese wurden im Februar 2014 vollendet. „In Remmen leisteten wir ‚Entwicklungshilfe’ und schulten die norwegischen Monteure der ausführenden Baufirma ein“, verweist der Holzbau-Meister auf die teilweise Unbedarftheit der vor Ort tätigen Bauunternehmen, was den Holzbau betrifft.
Somit wird österreichisches Können über die Grenzen hinweg ins Ausland getragen. „Neben der Herausforderung, mit den ortsansässigen Behörden zu kommunizieren und die Bestimmungen eines Nicht-EU-Landes einzuhalten, war die logistische Planung der Projekte der aufwändigste Teil“, kommentiert der rastlose Unternehmer die norwegische Projektflut.Und damit nicht genug. Im Februar wurde nach Fertigstellung der beiden Sechsgeschosser sogleich mit dem Bau einer zweigeschossigen Reihenhausanlage begonnen, die im März fertiggestellt wurde. Derzeit wird eine Sporthalle in Fredrikstad, 60 km südlich von Ås, montiert. Diese Kettenreaktion zeigt, wie nachhaltig Holzbau überzeugen kann. Zudem verhalfen Baumgartner langjährige Geschäftsbeziehungen zu namhaften Unternehmen und Architekten zu den Aufträgen. Erneut ein Faktum, das die Wahl zum Holzbaubetrieb des Jahres rechtfertigt.

Tätigkeitsfeld Österreich

14171765313840.jpg

Folgeprojekt: Nach der erfolgreichen Abwicklung der beiden Achtgeschosser in Norwegen erhielt Baumgartner in deren Sichtweite den Auftrag zum Bau von vier weiteren Studentenheimen - realisiert wurden diese von September bis Dezember 2013 © Baumgartner

„In unserer Branche ist es ganz wichtig, Kontakte zu haben und diese auch zu pflegen“, ist er überzeugt. Seit vielen Jahren arbeitet er mit Stora Enso, Bad St. Leonhard, Weinberger Holz, Reichenfels, Johann Pabst Holzindustrie, Zeltweg, und Mayr-Melnhof Holz zusammen. Auch in Österreich bewegt der Holzbau-Meister einiges. An mittlerweile 70 Einkaufsmärkten des Rewe-Konzerns hat Baumgartner bereits Zu- oder Umbauten durchgeführt.
Durch stetige Kooperationen mit dem Architekturbüro Fröhlich und Partner, Bülach/CH, auf dessen Kontakt auch die Aufträge zur Umsetzung etlicher Rosenberger-Raststationen beruhen, kam der Bau eines dreigeschossigen Einfamilienhausen nahe Zürich zustande. Zusätzlich stehen auf der langen Projektliste etliche Bauten, die in Österreich verwirklicht wurden. Büroaufstockungen und Einfamilienhäuser erwähnt Baumgartner nur auf Nachfrage. Verschiedene Industrie- und Werkshallen werden immer wieder in Auftrag gegeben. Daneben realisieren die Reichenfelser Zimmerer Almhütten, Ferienhäuser und zuletzt auch zwei Schulen.
Bemerkenswert ist der Bau des viergeschossigen Schulgebäudes in der Wiener Molitorgasse. Da der Bau von Stugeba, Bad St. Leonhard, in Raumzellenbauweise aufgrund der erwünschten 6 m Raumhöhe des ersten Stockwerkes und aus statischer Sicht nicht möglich war, musste ein Holzbau her. So kam es zur Konstruktion á la Baumgartner mit CLT von Stora Enso. „Meiner Einschätzung nach wird BSP in Zukunft mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Wir sind damit konkurrenzfähiger und Architekten sind flexibler. Manche fragen explizit danach“, kommentiert der Preisträger.

Bedarf macht vielseitig

14171766795562.jpg

Bau mit Lerneffekt: In der Wiener Molitorgasse entstand von Juni bis August eine viergeschossige Schule © Baumgartner

Seine neueste Geschäftserweiterung betrifft aber ein konträres und höchstwahrscheinlich kleineres Marktsegment. Als Prototyp baute der einfallsreiche Unternehmer den ersten mobilen Hühnerstall. Und das nicht für irgendwelche x-beliebigen Hühner, sondern für Toni’s Freilandhennen aus Knittelfeld. Mit dem Zweck, die Hühner immer wieder in den Genuss von frischem Gras kommen zu lassen, kann der Hühnerstall inklusive 800 Hennen bequem versetzt werden. Der Abwechslung nicht genug, beschindelt Baumgartner die Holzdächer der zum Freilichtmuseum Maria Saal gehörigen Häuser in regelmäßigen Abständen neu. „Das alles können meine Zimmerer“, bemerkt der Reichenfelser stolz.
Wenn Baumgartner in die Zukunft blickt, gestaltet sich die Prognose für 2015 allerdings nicht allzu positiv. „Ich glaube, dass es schwierig wird. Wir besetzen aber eine Nischenposition und können diese gut ausnutzen“, schätzt der Geschäftsführer die Lage nicht dramatisch ein. Bei einem solchen Portfolio machen wir uns da gar keine Sorgen.