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Hackgut-Außenhandel beruhigt © Holzkurier

Hackschnitzel-Boom

Ein Artikel von Administrator | 04.10.2001 - 00:00
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Hackgut-Außenhandel beruhigt © Holzkurier

Die Papier- und Zellstoffkonjunktur ist stark eingebrochen, die Preise befinden sich auf Talfahrt, die Perspektive ist unerfreulich. Immerhin führt verbesserte Qualität der Hackschnitzel zu einem vermehrten Einsatz dieses Sägenebenproduktes.
Die Zellstoffpreise sind seit Jahresbeginn um fast 40% eingebrochen. Nach der erfreulichen Konjunktur zu Ende des Vorjahres mit über 700 US-$/t werden nun auf den internationalen Märkten nur noch 450 US-$/t bezahlt. Talsohle noch nicht erreicht? Derzeit sind noch keine Anzeichen vorhanden, dass die Talsohle bei den Zellstoffpreisen erreicht wäre. Im Gegenteil: Die Zellstofferzeuger stellen sich auf noch schwerere Zeiten ein.
Die Papierindustrie hat bereits massive Produktionsdrosselungen vorgenommen. Die Experten erwarten, dass die Rezession zumindest tief bis in das 1. Halbjahr 2002 hinein - oder vielleicht auch länger - andauern wird.Ybbs bringt keine Entspannung. Was bedeutet das alles für den Industrieholzmarkt? Auch hier bleiben die Kapazitätseinschränkungen nicht ohne Auswirkungen und führen zu einem Überangebot. Selbst der Ausfall der Säge Ybbs bringt keine nachhaltige Entspannung.
Erste Erfolge sind allerdings an einer anderen Front zu vermelden, nämlich jener der Qualitätssteigerung von Hackschnitzeln. Sie hat einen deutlich vermehrten Einsatz dieses Sägenebenproduktes in unseren Zellstoff- und Papierwerken zur Folge.Immer mehr Hackgut. Die Nachfrage nach Sägenebenprodukten hat sich in den Neunzigerjahren stark erhöht: 1990 setzte die österreichische Papier- und Zellstoffindustrie noch 41% ihres Holzbedarfes in Form von Sägenebenprodukten ein, im Jahr 2000 waren es bereits knapp 50%. Weil die Produktion kräftig stieg, legte auch das Hackgutvolumen von 2,4 auf 3,5 Mio. fm-Äquivalente zu. Die Qualität verschlechterte sich jedoch stark. Grund: die neue Spanertechnologie, bei der auf die Qualität des Hackgutes zu wenig Rücksicht genommen wurde.
Bei der Technologieentwicklung für die Kapazitätserweiterungen stand verständlicherweise die Qualität des Hauptproduktes, das Brett, im Mittelpunkt. Den Anforderungen der Papier- und Zellstoffindustrie an Sägerestholz wurde in Mitteleuropa nur sehr wenig bis keine Aufmerksamkeit geschenkt. Mit jedem Geschwindigkeitsgewinn im Vorschub auf den Spanerlinien stieg der Anteil des für die Zellstoffproduktion problematischen dünnen und kleinen Hackguts.Standard gefragt. Dies hatte zur Folge, dass es wegen des zu hohen Anteils an Flachspänen, Schnittfäden, Stiften, Krullen und Feinstoff immer häufiger zu Störungen in der Zellstoffproduktion bis hin zu Werksstillständen kam. Auch ein Mehreinsatz teurer Chemikalien war notwendig.
Zellstoffwerke benötigen zum guten Produktionsablauf einen Standard in der Hackgutgeometrie, der, bezogen auf Länge, Breite und Dicke, innerhalb einer gewissen Toleranzgrenze liegen muss. Ungenügende Hackgutqualitäten führen zum Verlegen von Kochersieben und ziehen teure Produktionsausfälle nach sich.Erste Erfahrungen mit neuer Übernahme. Seit 1. Juli hat die Papierholz Austria in Zusammenarbeit mit der Sägeindustrie ein neues Qualitäts-Übernahmemodell für Hackschnitzel eingeführt, für das nun erste Erfahrungsberichte vorliegen.
Die erste Feststellung bezieht sich auf den Einsatz des Hackgutes in unseren Sulfatzellstoffwerken: Schon jetzt liegt die Quote bei 45% (bisher: 40%). Eine weitere Erhöhung erscheint nun dank der verbesserten Qualität des angelieferten Hackgutes durchaus realistisch. Conclusio: Die neuen Qualitätswerte unserer Hackgutlieferanten belegen die ermutigenden Anfangserfolge der Säger. Zwar sind noch nicht alle Sägen gleich weit in der Herstellung von Qualitätshackschnitzeln, doch der begangene Weg ist richtig. Ziel wären skandinavische Qualitätskriterien. Vielleicht erreichen wir diese nicht, aber es gibt jedenfalls noch Verbesserungspotenzial.Erlöse halten. Zweitens eine Feststellung zu den Preisen: Anfangs stand seitens der Säger die Befürchtung im Raum, dass das neue, qualitätsorientierte Übernahmemodell zu einer Senkung des Durchschnittspreises führen würde. Nunmehr, drei Monate nach Einführung, können wir feststellen, dass
• sich die Sägen unseren Qualitätsnormen angenähert haben und
• in der Folge unsere Durchschnittskosten für das übernommene Hackgut keineswegs zurückgegangen sindGanz schöne Zuschläge, aber Markt bleibt. Im neuen Hackgutbewertungsmodell der Papierholz Austria erreicht ein Großteil der Lieferanten einen Zuschlag beim Hackgutpreis. Die Spitzenergebnisse für Gatterwerke liegen bei einem Preiszuschlag zum Grundpreis von 11%, für Spanerbetriebe von 9%. Beide Werte werden mit skandinavischen Sägemaschinen erreicht.
Freilich, eine Einschränkung muss man machen: Der Grundpreis für Hackschnitzel orientiert sich an der allgemeinen Entwicklung des Hackgutmarktes. Versuche viel versprechend. Auch die Versuche, die das Holztechnikum Kuchl mit führenden Sägewerken als Teil der Projekteinführung macht, sind viel versprechend: Das Institut erarbeitet Optimierungsvorschläge zum verbesserten Einsatz der derzeit üblichen Maschinen und Werkzeugkombinationen im Hinblick auf die gewünschten Spanfraktionen. Auch an Neuentwicklungen wird in Zusammenarbeit mit Maschinen- und Anlagenherstellern gearbeitet.
Hier ist es zu früh, Endergebnisse bekanntzugeben. Diese werden erst am Jahresende vorliegen. Jedoch zeigen die ersten Versuche, dass bei optimaler Einstellung mit der herkömmlichen Maschinenausstattung größtenteils die Qualitätskriterien der Papierholz Austria erfüllt werden können.
Wie die Praxis zeigt, kann jede in Österreich eingesetzte Sägetechnologie Qualitätswerte über 100% erreichen und damit einen höheren Hackgutpreis erzielen.Keine Extratour. Die gemeinsamen Bestrebungen der Papierhersteller und der Sägewerke unter wissenschaftlicher Begleitung durch die Holzforschung Austria sind übrigens keine österreichische Extratour: Die skandinavischen Papierhersteller setzen ähnliche Qualitätskriterien seit langem ein. Auch in den Nachbarländern beeilt man sich, höhere Qualitäten zu erreichen, um die Zellstoffproduktion zu optimieren. So hat kürzlich der Verband der Deutschen Papierhersteller auf die Verschlechterung der Struktur der Hackschnitzel hingewiesen und erhöhte Einschnittleistung, gesteigerte Ausbeute sowie ausgeprägte Profiliertechnik dafür verantwortlich gemacht. Vorangegangen. Auch in Deutschland, ebenso in Tschechien arbeitet man mit Hochdruck an einer Verbesserung. Wir Österreicher dürfen mit Stolz sagen, dass wir diesmal nicht hinter deutschen Entwicklungen herhinken, sondern vorangegangen sind. Selbstverständlich muss sich das neue Modell für die Säger einspielen, die Ergebnisse der Versuche in Kuchl werden dabei eine wertvolle Hilfe sein. Wohin geht die Reise? Der nächste Schritt ist eine neue Übernahmemethode für Restholz, nämlich die ATRO-Maßermittlung. Dabei wird der Wassergehalt des Holzes ermittelt, um die absolute Trockensubstanz festzustellen. Dieses System wird bei Hackgut bereits in den meisten Ländern Mittel- und Nordeuropas praktiziert und ist in Österreich auch bei Rundholz seit knapp 30 Jahren üblich.
Beide Maßnahmen - die qualitative Bewertung von Hackgut und die ATRO-Übernahme - sollen die bewährte Zusammenarbeit zwischen Säge- und Papierindustrie dauerhaft stärken und die Produktion von Holz, Papier und Zellstoff in Österreich wettbewerbsfähig erhalten.