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Hansruedi Streiff,  Direktor der Holzindustrie Schweiz © Günther Jauk

Gut, aber nicht berauschend

Ein Artikel von Günther Jauk | 08.09.2014 - 16:49
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Hansruedi Streiff,  Direktor der Holzindustrie Schweiz © Günther Jauk

Holzkurier: Herr Streiff, wie beurteilen Sie die Lage der Schweizer Säger im ersten Halbjahr 2014?
Hansruedi Streiff: Durch die nach wie vor gut laufende Baukonjunktur war man in der ersten Jahreshälfte mit der Auslastung zufrieden. Der Preisdruck ist manchmal mehr und manchmal weniger stark zu spüren. Die Rundholzpreise konnten stabil gehalten werden. Mit der Rundholzversorgung ist man zufrieden, vieles wurde geschlagen, was noch nicht gerückt wurde. Die ohnehin schon geringen Rundholzimporte sind weiter zurückgegangen.

HK: Wie sieht es mit den Rundholzexporten aus?
HS: Die Rundholzexporte befinden sich auf Vorjahresniveau, sind jedoch nach wie vor durch die Frankenstärke gering. Nachdem in den vergangenen drei Jahren Österreich der größte Importeur war, hat 2014 Italien wieder die Spitze übernommen, was jedoch keineswegs eine Erholung der italienischen Holzindustrie bedeutet.

HK: Glauben Sie, dass der Bauboom weiterhin anhalten wird?
HS: Ich denke, dass aufgrund der Zweitwohnsitzinitiative die Bautätigkeiten im alpinen Bereich abflachen werden. Bei der von Landschaftsschützern initiierten Abstimmung hat man sich gegen mehr Zweitwohnsitze entschieden. Es war ein politischer Wink gegen den Verbrauch von Land. Noch wird auf hohem Niveau gebaut, mittelfristig sehe ich da jedoch eine Reduktion auf uns zukommen.

HK: Kann der Schweizer Holzbau vom Bauboom profitieren oder kommen eher ausländische Holzbauer zum Zug?
HS: Der Holzbau profitiert vom Hoch der Baukonjunktur mehr als die Säger oder die Waldbesitzer. Durch die Frankenaufwertung ist der Import immer noch stark preisbestimmend. Dadurch locken große Holzbauprojekte zwar internationale Holzbauer an, Schweizer Unternehmen sind aber trotzdem sehr gut ausgelastet. Im Allgemeinen haben die Holzbaukapazitäten zugenommen, die Preise konnte die Branche dadurch aber nicht in die Höhe bringen. Ich würde sagen, die Holzbauer verdienen gut, aber nicht berauschend.

HK: Was ist der aktuell größte Holzbau in der Schweiz?
HS: Der Uhrenhersteller Swatch baut in Biel gerade ein sechsstöckiges Produktionsgebäude aus Holz. Dass die Hightech-Industrie vermehrt auf Holzbauten zurückgreift, ist ein sehr positives Zeichen für die Branche. Im Moment sind mehrere größere Holzbauprojekte in der Schweiz am Start. Mittlerweile sind es sogar schon so viele, dass nicht mehr um jedes einzelne Projekt riesiges Aufsehen gemacht wird.

HK: Ist der internationale Holzmarkt noch mitten in der Krise oder bereits am Weg der Besserung?
HS: Das ist schwierig einzuschätzen. Meiner Meinung nach wird es besser, wobei das Damoklesschwert der großen Kapazitäten immer noch über uns schwebt. Wenn bestimmte EU-Länder ihre Kapazitäten richtig anfahren und Italien weiterhin nicht mehr abnimmt, werden sicherlich andere Länder in unseren Markt eindringen. So zynisch es klingt, uns hilft im Moment die angespannte Rundholzsituation in den Nachbarländern.

HK: Wie steht es um die Schweizer Holzwerkstoffproduzenten?
HS: Durch den hohen Laubholzanteil unserer Wälder müssen die Schweizer Holzwerkstoffproduzenten nicht so hart mit Bioenergieproduzenten um den Rohstoff kämpfen, wie es etwa in Österreich der Fall ist. Der Dämmstoffhersteller Pavatex kann seine mit dem neuen Standort in Golbey/FR geschaffenen Zusatzkapazitäten nicht voll ausfahren. Kronospan hat im ersten Halbjahr gut produziert, muss sich jedoch immer wieder durch neue Innovationen am internationalen Markt beweisen.

HK: Welche politischen Impulse plant die Holzindustrie Schweiz in der nächsten Zeit zu setzen?
HS: Die Holzmobilisierung ist nach wie vor ein großes Thema. Das Nadelholzangebot geht in der Schweiz massiv zurück. Nicht zuletzt durch die Konkurrenzierung monetär geförderter Biodiversitätsprojekte. Oft macht es den Eindruck, dass der grüne Wald als Lückenbüßer für die ökologischen Versäumnisse auf offenem Land und im Siedlungsraum herhalten muss. Der Naturschutz wird, politisch motiviert, in den Wald verlagert. Wir müssen den Leuten klarmachen, dass der Rohstoff für ein ökologisch unbedenkliches Holzhaus auch produziert werden muss. Grüne Politiker sind zwar auf der Seite des Holzhauses, aber nicht auf der Seite der Forstwirtschaft. Es fehlt gewissermaßen der Brückenschlag vom Baum zum Haus.

HK: Gibt es Neuigkeiten zum brachliegenden Sägewerksareal Domat/Ems in Graubünden?
HS: Grundbedingung für die Aufbereitung des Areals (Anm. d. Red.: Ein Wäldchen wurde gerodet und das ganze Areal um 5 m tiefer gelegt.) war, dass sich Holz verarbeitende Industrie ansiedelt. Vor Kurzem wurden drei Interessenten – ein Holzhändler, ein Forstunternehmer und ein Holzbaubetrieb – den Behörden vorgestellt. Die drei würden etwa 10 % der Fläche in Anspruch nehmen. Mit den drei interessierten KMU und vielleicht auch noch einem Pelletswerk setzt die Holzindustrie Pfeifer nun einen ersten Schritt in diese Richtung. Ob überhaupt wieder ein Sägewerk in Domat/Ems errichtet wird, steht in den Sternen. Weil monatlich über 20.000 € Baurechtszins fällig werden, sucht Pfeifer natürlich Entlastung.

Die wechselhafte Geschichte von Domat/Ems

Im April 2007 wurde in Domat/Ems der erste Stamm von Stallinger Swiss Timber geschnitten. Mit der Übernahme der Holzindustrie Stallinger durch die Mayr-Melnhof Holz-Gruppe erhielt der Schweizer Sägewerksstandort ein neues Firmenschild: Mayr-Melnhof Swiss Timber wurde gegründet. Im Dezember 2010 verkündete der damalige Mayr-Melnhof-CEO, Josef Dringel, den Rückzug aus der Schweiz mit den Worten: „Es ist illusorisch, in der Schweiz ein1-Millionen-Festmeter-Sägewerk zu betreiben.“ Im Juni 2011 kaufte die Klausner-Gruppe die bestehende Sägewerksanlage und baut selbige 2014 in Florida wieder auf. Im September 2011 erwarb Holzindustrie Pfeifer die Hallen und das Baurecht und bezahlt seither monatlich über 20.000 € Baurechtszins an die Gemeinde Domat/Ems.