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Ausschnitt der Baukonjunktur-Infografik. © Plackner/Holzkurier

Grüngürtel im Norden

Ein Artikel von Hannes Plackner | 30.06.2014 - 10:12
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Ausschnitt der Baukonjunktur-Infografik. © Plackner/Holzkurier

Wachstum am Bau gibt es bis 2016 vor allem im Nord-/Ostseeraum. Aber auch Südeuropa hat nach einer beispiellosen Immobilienkrise zumindest seine Talsohle gefunden. Diese Prognose wurde im Zuge der 77. Euroconstruct-Konferenz in Oslo veröffentlicht.

Wenig Dynamik im DACH-Raum

Keine großen Sprünge werden im deutschsprachigen Raum erwartet. Das mittlere jährliche Wachstum bis 2016 soll in Deutschland bei 1,7 % liegen, in der Schweiz bei 1,43 % und in Österreich bei 1,07 %.
Deutschland hat die mit Abstand größte Baubranche Europas. 280 Mrd. € wurden im vergangenen Jahr umgesetzt. Nach einem kleinen Dämpfer 2012 (–1,2 %) wächst die deutsche Baubranche wieder. Im Vorjahr war die Erholung nur marginal (+0,2 %), soll aber heuer deutlich Schwung aufnehmen (+2,9 %). Dann reduziert sich die Dynamik. 2015 rechnen Euroconstruct-Analysten in Deutschland mit 1,6 % Wachstum, 2016 sind es noch 0,6 %.
Pro Kopf wurden in der Bundesrepublik im Vorjahr 3422 € für Bautätigkeit ausgegeben. Das sind um 23 % mehr als der Durchschnitt der analysierten Länder.
Die Schweiz ist aufgrund ihrer hohen Pro-Kopf-Leistung ein interessanter Baumarkt. 6495 € betrug die Bauleistung um Vorjahr pro Eidgenosse – nur die ölreichen Norweger toppen diesen Wert. Die Bautätigkeit soll heuer um 2 %, 2015 um 0,4 % und 2016 wieder um 1,9 % wachsen. Die Schweiz hat als einziges Land im Betrachtungszeitraum (2010 bis 2016) weder eine Rezession am Baumarkt hinnehmen müssen, noch wird eine prognostiziert.
Seit 2011 wächst auch Österreich wieder stetig, allerdings auf ganz anderem Niveau. 3968 € betrug die Pro-Kopf-Bauleistung zuletzt. Das sind um 39 % weniger als in der Schweiz, aber immerhin um 16 % mehr als in Deutschland. Österreichs Wachstumsprognose ist zaghaft. Heuer soll auf den Baustellen um 1,2 % mehr erzeugt werden, 2015 um 1,3 % mehr und 2016 wird das Wachstum auf 0,7 % zurückgehen.

Euroconstruct-Prognose

Europas Baumarkt ist inhomogen. Das zeigt die geografische Aufbereitung der Wachstumsprognosen. Grundlage der Analyse ist eine Aussendung zur 77th Euroconstruct Conference. Analysiert wurden alle EU-Flächenstaaten (ohne Baltikum, Griechenland, Rumänien, Bulgarien, Slowenien und Kroatien) sowie Norwegen und die Schweiz. Kennzahl war das Bauvolumen inklusive Hoch- und Tiefbau (Total Construction Output).

Erholung in Italien und Portugal

Südeuropäische Staaten scheinen ihre Talsohle gefunden zu haben. Anzeichen für eine Erholung gibt es in Portugal, wo in den nächsten drei Jahren durchschnittlich 2 % pro Jahr Wachstum vorhergesagt werden. Italien wird sein Niveau mit durchschnittlich +1 % pro Jahr bis 2016 ebenfalls festigen. Sorgenkind Nr. 1 bleibt Spanien. Von 2009 bis 2013 sank die Leistung auf den Baustellen um 63 % auf 64,6 Mrd. €. Das waren pro Kopf nur mehr 1397 € – halb so viel wie der Durchschnitt. Aussichten auf Wachstum gibt es auf Spanien Baustellen nicht. Euroconstruct rechnet bis 2016 sogar mit einem abermaligen Minus von 1 %.

+30 % in Irland, +20 % in Polen

Wachstum am Bau versprechen vor allem die Anrainerstaaten von Nord- und Ostsee sowie Irland. Der grünen Insel wird ein Anstieg der Bauleistung um 30 % bis 2016 vorhergesagt. Das ist eine deutliche Erholung, welcher aber ein noch größerer Einbruch vorausging. Von 2009 bis 2013 sank Irlands Bauleistung um 50 %. Das führte zu deutlich unterdurchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgaben von nur 1798 € (2013). Hinter diesem Wert liegen nur mehr osteuropäische und iberische Länder. Selbst wenn die teils zweistelligen Wachstumsraten wie prognostiziert eintreffen, wird die Republik 2016 immer noch 35 % unter ihrem Output von 2015 liegen.
Eine andere Historie hat Polen, der zweite Wachstumsmotor für Europas Baubilanz. 2010 (+4,7 %) und 2011 (+11,7 %) ist das 39-Millionen-Einwohner-Land kräftig gewachsen. Dann kamen die Dämpfer mit –3,2 % (2012) und vor allem mit –8,8 % im Vorjahr. Diese Delle sollte aber laut Prognose bis 2015 ausgemerzt sein. Das Wachstum wird sich bis 2016 auf 20 % summieren.

Großbritannien hat Potenzial

Drei Jahre mit relativ konstantem Bauwachstum sagen die Analysten dem Vereinigten Königreich voraus (2014: +4,4 %, 2015: +4,7 %, 2016: +3 %). Das reicht für Rang 3 auf der Liste der am kräftigsten prosperierenden Baubranchen Europas. Mit einem Volumen von 167 Mrd. € war das Land im Vorjahr auch in absoluten Zahlen auf dem dritten Platz in Europa. Allerdings fällt die unterdurchschnittliche Pro-Kopf-Bauleistung auf. Mit 2667€ liegt das Land sogar noch hinter dem krisengebeutelten Italien (2744 €).

2012 und 2013 fast überall rot

Fazit: Die vergangenen vier Jahre waren sehr mühsam. In Summe erreichten die 19 analysierten Länder nur 2011 ein minimales Plus (0,26 %). Ansonsten sank die Bauleistung seit 2009 in Summe um 11 %. Damit soll nun Schluss sein. 2014 sagen die Analysten ein schwaches Wachstum von 1,2 % voraus. 2015 (+2 %) und 2016 (+2,2 %) werde die Erholung leicht anziehen.
2012 und 2013 waren vor allem für die EU-Länder schwierig. Von den analysierten Unionsstaaten schaffte es nur Österreich, in beiden Jahren ein Wachstum zu generieren. In Ungarn wurde 2013 mit einem Plus von 5,8 % der Verlust von 2012 (–4,2 %) wettgemacht. Alle anderen EU-Staaten weisen für 2012 und 2013 eine negative Bilanz auf.