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Komm.-Rat Roland Suter, Präsident Österreichischer Fertighausverband (ÖFV) © ÖFV

Fertighausindustrie 2.0

Ein Artikel von Michael Reitberger | 24.06.2013 - 08:35
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Komm.-Rat Roland Suter, Präsident Österreichischer Fertighausverband (ÖFV) © ÖFV

Es wird einfach weniger gebaut, darum kommt auch die Fertighausbranche nicht herum“, verriet Roland Suter, Präsident des Österreichischen Fertighausverbands (ÖFV), im Rahmen des in Kooperation mit Isover und Knauf veranstalteten Fertighaussymposiums. Nicht getrübt, aber doch angespannt vernahm man am 13. Juni die Atmosphäre unter den zahlreichen Fertighausherstellern in Pamhagen. Sie alle teilen ein Leiden mit den traditionellen Holzbauunternehmen: Noch zu geringes Interesse seitens der Planer und Architekten sei ein Mitgrund für den zaghaften Aufschwung im Mehrfamilienhausbau. „Wir können das alle. Unsere Fabriken und Maschinen sind aus technischer Sicht auf den mehrgeschossigen Wohnbau vorbereitet“, verlautbarte ein Teilnehmer. Es stelle sich jedoch die Frage nach der Sinnhaftigkeit, konterte ein anderer, der das Kerngeschäft der Fertighausindustrie, den Einfamilienhausbau, verteidigte. Ob es allerdings wirklich reicht, nur das zu machen, was man gut kann, stellte wiederum die Ökonomin Univ.-Prof. Dr. Eva Pichler von der WU Wien infrage. Denn laut ihren Zahlen schrillen die Alarmglocken schon lange. Und das werde sich so bald auch nicht ändern. „Machen Sie sich keine zu großen Hoffnungen für die Zukunft“, entmutigte die Professorin. Die Eurokrise sei bei Weitem nicht vorbei. Löhne werden weiter fallen, Staatsverschuldungen weiter steigen, Steuern angehoben und Politiker weiter um den heißen Brei herumreden.

Chance erneuerbare Energien

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Univ.-Prof. Dr. Eva Pichler, Ökonomin WU Wien © Michael Reitberger

„Die Politik im Euroraum zementiert die Krise. Risiken bestehen, aber keiner ist gewillt, sie zu lösen“, brachte es Pichler auf den Punkt. Positiv für den Holz- und Fertighausbau bemerkte sie die Zeichen in Richtung erneuerbare Energien. Ob der „Peak-Oil“ derzeit nun erreicht sei oder nicht: Das fossile Zeitalter werde sein Ende finden, ist sich die Wirtschaftsexpertin sicher. Öl wird in den kommenden Jahren nahezu unbezahlbar sein. Allein deshalb wird es immer wichtiger werden, in Alternativen zu investieren. Mit Niedrigenergie- oder Passivhäusern sei man auf dem richtigen Weg. Sowohl im In- als auch im Ausland. Die relativ hohe Exportrate der österreichischen Fertighausindustrie von 22,8 % wurde von Pichler hoch gelobt. „Machen sie nur so weiter damit.“ Aber auch hier sei Vorsicht geboten: In den von Österreich aus östlich gelegenen Ländern, den sogenannten CEEC-, oder MOEL-Staaten, wird sich die wirtschaftliche Schieflage noch schneller und dramatischer zuspitzen. „Vor allem Slowenien und Ungarn zeigen eine sehr schwache Performance.“

Ein gutes Jahr 2012

Die Tatsache, dass ganze Häuser ins Ausland exportiert werden, machte die Einbußen der Branche im Einfamilienhausbau 2012 auch wieder wett. Gewarnt sei der, der zu lange Strecken zurücklegt: „Der Export wird für die Fertighausindustrie weiter zunehmen. Zu lange Wege können sich aber bald als unwirtschaftlich erweisen“, erklärte Präsident Suter. In Summe hätten sich die Unternehmen innerhalb des Verbands 2012 aber wacker geschlagen. „Es war ein gutes Jahr. Der kommunale Bau nimmt zu. 2013 lief das Geschäft aber eher zäh an“, berichtete Suter. Seit heuer präsentiert sich der Verband als reiner Holz-Fertighausverband. Im Rahmen einer anstehenden Generalversammlung will man sogar in den Verbandsstatuten die Konstruktion mit Holz festsetzen, sodass nur noch Unternehmen, die in Holzrahmen- oder Holzmassivbauweise produzieren, zugelassen werden. „Bis zum vergangenen Jahr mussten wir wegen der Mitgliedschaft eines Massivbauunternehmens noch diverse Kompromisse eingehen. Das ist jetzt vorbei“, führte Suter weiter aus.

BSP spielt untergeordnete Rolle

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Dr. Martin Teibinger, Holzforschung Austria © Michael Reitberger

Das Verhältnis von Holzrahmen- zu Massivholzbau im Verband ist noch immer unausgeglichen. Laut Suter bauen nur drei von insgesamt 23 Mitgliedsunternehmen mit BSP: „Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich das zugunsten von BSP sehr verändert. Ressourcen schonendes Bauen wird immer wichtiger. Der Holzrahmenbau verbraucht eine weit geringere Holzmenge im Vergleich zum Holzmassivbau.“ Diese Meinung teilte auch Redner Dr. Martin Teibinger von der Holzforschung Austria, Wien. „Anstatt große Mengen Holz in ein Gebäude zu stecken, wäre mir lieber, viele, aber dafür Ressourcen schonende Holzbauten zu errichten.“ Teibinger sprach sich für die Kombination von BSP- und Holzrahmenbauweise aus.

Holzfassade rechnet sich

Eine an Relevanz gewinnende Thematik im Fertigteilbau stellen vorgehängte Fassadenkonstruktionen aus Holz dar. Sowohl Teibinger als auch Christof Müller, Geschäftsführer von Weissenseer Holz-System-Bau, zeigten sich von der Konkurrenzfähigkeit der Systemlösungen gegenüber WDVS überzeugt. Durch die Vorfertigung vorgehängter Fassadenelemente benötige man bei einer Gebäudesanierung nur 1/8 der Zeit vor Ort im Vergleich zu einer Sanierung mit WDVS. Durch die kurzen Montagezeiten könne der Ausfall von Mieteinnahmen auf ein Minimum reduziert werden, was die höheren Kosten der vorgefertigten Fassaden aus Holz ausgleiche. Ein weiteres Argument „pro Holz“ sei die bessere Qualität der Fassaden. Bauherren schätzen die höhere Lebensdauer der Systeme und die daraus resultierenden längeren Sanierungsintervalle.

Wie viel Technik braucht der Mensch?

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Bernd Höfferl, Technischer Direktor Österreichischer Fertighausverband (ÖFV) © Michael Reitberger

Den Weg „weg vom Technik-Overkill“ will Fertighaushersteller Elk, Schrems, gehen. Laut Bernd Höfferl, Technischer Direktor, seien die Kosten für Haustechnik bei Niedrigenergie-Fertigteilhäusern zu hoch. Deshalb möchte man künftig weniger Aufwand in Haustechnik, dafür mehr in die Gebäudehülle investieren und verstärkt auf Passivhausstandard setzen. Höfferls berechtigte Frage lautete: „Wie viel Technik braucht der Mensch. Wie viel davon ist leistbar und wie viel ist effizient?“
Innenarchitekt Reinhard Schwab, Geschäftsführer von ACT, Salzburg, beantworte die Frage als Befürworter von Haustechnik. Im Innenraum, wird „vernetztes Wohnen“ zunehmend bedeutender. Schwab sprach nicht mehr nur von Hightech, sondern von „High-touch“, womit er auf die vom Smartphone regierte Gesellschaft verwies. „Von München aus per Tablet die Fenster eines Sommerhauses an der Nordseeküste öffnen und schließen“, sei der bildhaft umschriebene Stand der Technik. Aber nicht nur die Technik, sondern auch die Mechanik und Flexibilität von Innenräumen und Möbeln werde sich rapide weiterentwickeln. Die Wohnraumsituation in den Großstädten Europas zeichnet ein einheitliches Bild: Gesteigerte Nachfrage nach Wohnungen und beengte Platzverhältnisse in urbanen Regionen führen zu einer kleineren Dimensionierung von Wohn-Räumen. Mehr Menschen werden auf kleineren Flächen Platz finden müssen. Schwabs Lösung: flexibel veränderbare „Wohn-Zimmer“, die sich an die jeweiligen Nutzungsanforderungen anpassen lassen. Auch hier könnte eine Chance für den Fertighausbau entstehen. Vorgefertigte Smart-Homes mit intelligenten Wohnkonzepten könnten sowohl bei Bauherren als auch Endnutzern für Interesse sorgen: zum einen wegen kürzerer Bauzeiten und verbesserter Kostenkontrolle, zum anderen aufgrund der Möglichkeit der einfachen Mitgestaltung durch den späteren Eigentümer/Mieter innerhalb eines Baukastenprinzips.

Fazit

Beim Fertighaussymposium schien man sich schließlich darüber einig zu sein: Für die Fertighausindustrie an sich wird es nicht die schwierigste Aufgabe sein, die eigenen Produktionen an zukünftige Marktbedürfnisse anzupassen, sondern viel mehr, Politiker von ihrem „zementierten“ Dogma gegenüber Holzbaukonstruktionen zu befreien. Auf die Frage, wie man das noch besser angehen könnte, zeigten sich die versammelten Funktionäre und Entscheidungsträger aber mehr oder minder ratlos.