1402398616887.jpg

Geschäftsbereichsleiter Gerhard Darcis und Vertriebsleiter Heinrich Seeger (v. li.) © Johannes Plackner

Erfolg in der Klebefuge

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 12.06.2014 - 13:28
1402398616887.jpg

Geschäftsbereichsleiter Gerhard Darcis und Vertriebsleiter Heinrich Seeger (v. li.) © Johannes Plackner

Pünktlich zum 50. Geburtstag hat sich Oest Maschinenbau, Freudenstadt/DE, ein Geschenk gemacht. Vom Hightechunternehmen IFA Technology, Rain am Lech/DE, wurde die Beleimsparte übernommen. Das trifft in erster Linie den Auftrag von Kondensationsleimen im tragenden Holzbau (etwa MUF für Brettschichtholz). Die Vereinbarung gilt seit 1. Mai und ist für beide Seiten vorteilhaft. IFA konzentriert sich im Bereich der Klebstoffaufbereitung auf gravimetrische Misch- und Dosiersysteme sowie Tankanlagen. Bei Oest wächst dagegen der Kundenkreis. „Für die IFA waren die Beleimanlagen nur ein kleiner Geschäftsbereich. Für uns ist es Tagesgeschäft“, erklärt Gerhard Darcis, der seit September für die Oest-Maschinenbausparte verantwortlich ist. Es war eine partnerschaftliche und freundliche Übernahme. Die Unternehmen kooperieren weiter. Oest ordert etwa gravimetrische (gewichtsbezogene) Mischanlagen für Pulver und Flüssigkeiten bei IFA. Ein gemeinsames Projekt mit einer flexiblen gravimetrischen Anlage wird derzeit bei Holzindustrie Schweighofer Baco, Comanesti/RO, in Betrieb genommen. Tischlerplatten entstehen dort wahlweise mit Harnstoff-, Phenol- oder Sojaklebstoff.

Balsaholz in Ecuador beleimen

14023986187463.jpg

Hier entstehen Beleimungsinnovationen: Oest Maschinenbau in Freudenstadt/DE © Oest

Beleim-Know-how aus Freudenstadt ist weltweit gefragt. 80 % der Anlagen werden exportiert, 10 % außerhalb des EWR. Als Darcis durch die Montagehalle führt, stehen dort halb fertige Beleimanlagen mit Destinationen Finnland, Japan oder Ecuador. Letztere wird in Südamerika für eine Schweizer Firma Balsa-Furnierschichtholz erzeugen, das als Mittellage hochwertiger Leichtbauelemente Verwendung findet.
Vertriebsleiter Heinrich Seeger zeigt die ungewöhnliche Anlage zur Applikation von Poly-urethanklebstoff. Ob es jetzt um Exoten á la Balsa-Furnierschichtholz oder KVH geht, ist für Oest gar nicht so ausschlaggebend. „Jedes Projekt ist kundenspezifisch. Kaum eine Lösung lässt sich eins zu eins kopieren“, sagt Seeger. Wer den Vertriebsleiter nach den gängigen Systemen oder Trends in der Leimholzindustrie fragt, erhält keine eindeutige Antwort. Zu schnell sind die Entwicklungen. „Bei der Keilzinkung geht‘s eher wieder zum Kamm, weil die Auftragsmenge genauer einstellbar ist“, ergänzt Darcis.
Großes Potenzial sehen die Freudenstädter bei Brettsperrholz. Dort muss jede Horizontalkeilzinkung ebenso präzise beleimt sein wie die kompletten Lagen der Großformatplatten. Insbesondere industrielle Hersteller können bei geringeren Auftragsmengen ordentlich an Klebstoffkosten einsparen. Oest hat in diesem Zusammenhang mit der Entwicklung seines „Ecotac“-Auftragskamms die Senkung der Auftragsmengen vorangetrieben.
Die Klebstofftechnologie ist eine Sparte kon-stanter Innovationen. PUR-Klebstoffe gewinnen an Flexibilität. MUF-Systeme werden ebenfalls immer leistungsfähiger und emissionsärmer. Neue Klebstoffe, wie EPI, halten Einzug. Selbst bei Systemen für Resorcin berichtet Seeger von einem Revival. „Meist entscheidet sich der Kunde für ein bestimmtes Leimsystem und bestellt bei uns eine passende Anlage“, sagt Darcis. Mitunter wäre Oest aber gerne schon früher in das Projekt involviert. Mit 50 Jahren Beleim-Know-how wissen die Oest-Ingenieure genau, welches System für die Kundenanforderung und das Leimsystem das richtige ist. „Gerne konsultieren wir die Leimholzhersteller im Investitionsprozess, damit die technisch beste Lösung herauskommt.“

Aufgabe: 2,4 g Härter auf 6 m Kante verteilen

14023986205989.jpg

Geringste Auftragsmengen in der Keilzinkung schafft Oest mit dem Ecotac-Kamm © Oest

Die Kernstücke der Beleimanlagen sind Pumpen, Ventile und Auftragsdüsen. In all diesen Bereichen sieht sich Oest als „Technologieführer“ (Zitat Darcis). Entwickelt und gebaut werden die Komponenten in Freudenstadt. Nur so lassen sich die immer größeren Anforderungen erfüllen: „Es wird umso heikler, je geringer die Auftragsmengen sind“, erklärt Darcis. Bei Fugenbeleimung mit beispielsweise 15 % Härteranteil müssen etwa 2,4 g Härter gleichmäßig auf eine 6 m lange Kante aufgetragen werden.
Ähnlich schwierig sind Keilzinkenverleimungen mit unter 1 g Klebstoffauftrag pro Verbindung. Konventionelle Pumpensysteme schaffen das nicht mehr. Oest hat dafür verschleißarme Hydromembranpumpen entwickelt. Immer wichtiger wird auch die Steuerung. Oest steckt sein jahrzehntelanges Know-how in Überwachungssysteme und die Software. Dort zählen Auftragsmengen- und Presszeitoptimierungen. Wieder gilt die Prämisse: kein Gramm Klebstoff zu viel oder zu wenig.