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© Müllerblaustein

Ein großes Puzzle aus Holz

Ein Artikel von Birgit Koller (für Timber-Online bearbeitet) | 10.06.2014 - 15:35
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Der Holzpavillon wird vom Landesbetrieb Forst Baden-Württemberg als "Forstpavillon" genutzt © Müllerblaustein

Ein neuartiger Holzpavillon, der die Freiheit computerbasierter Entwurfs- und Simulationsverfahren mit den Vorzügen der robotischen Fertigung zusammenbringt, ist in diesem Sommer auf dem Gelände der Landesgartenschau in Schwäbisch Gmünd/DE zu sehen.
Das im Rahmen des Verbundprojekts „Robotik im Holzbau“ an der Universität Stuttgart konzipierte Gebäude ist das erste überhaupt, dessen Buchenplatten-Schalentragwerk ausschließlich von einem Roboter geschaffen wurde. Das Projekt zeigt somit Wege, wie durch die Verkettung computerbasierter Entwurfs-, Simulations- und Fertigungsverfahren eine neue Dimension an konstruktiver Leistungsfähigkeit erreicht wird.

Die Natur als Vorbild

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© Müllerblaustein

„Der Pavillon ist ein Beispiel für die Übertragung bionischer Strukturen in die Architektur. Die beteiligten Forscher inspirierte dabei das Plattenskelett des Sanddollars, einer Unterart der Seeigel, und lieferte uns die Grundprinzipien für die bionische Baustruktur. Die einzelnen Elemente aus Furnierschichtholz in heimischer Buche wurden auf der Hundegger SPM über Onlinedaten genestet und vorkonfektioniert, bevor der Roboter die Feinarbeit erledigte“, berichtet Reinhold Müller, Geschäftsführer von Müllerblaustein Holzbau.
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Neue Dimensionen: Jede der 243 Pavillon-Platten entstammt einer Einzelstückproduktion © Müllerblaustein

Dazu wurden die Holzelemente auf einen Drehteller montiert, sodass der Roboter die Fräsarbeiten mit einer Genauigkeit im Zehntelmillimeterbereich anhand der digitalen Konstruktionszeichnung ausführen konnte.Jedes der 243 Holzelemente wurde individuell für einen bestimmten Platz innerhalb der Gesamtkonstruktion angefertigt. Durch den hohen Vorfertigungsgrad konnte die Montage vor Ort innerhalb von nur drei Wochen Bauzeit durchgeführt werden.

Betrieb sieht neue Technik als Chance

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Der Roboter im Werk von Müllerblaustein Holzbau wurde von Kuka, Augsburg/DE, gebaut © Müllerblaustein

Angst davor, dass die Roboter in naher Zukunft den Zimmerern die Arbeit wegnehmen könnten, hat Daniel Müller nicht. Er ist einer von acht Zimmerermeistern unter den rund 60 Beschäftigten bei Müllerblaustein und sieht in der neuen Technik eher Chancen. „Das macht unseren Beruf noch interessanter und verschafft dem Unternehmen mehr Kapazitäten bei der Montage.“
Für Müllerblaustein sind die Arbeiten am Pavillon eine Art Test.
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Engagiertes Team: CNC-Maschinenführer Victor Kaczmarek (li.) und Tobias Schlauch © Müllerblaustein

Projektleiter Benjamin Eisele kann sich durchaus vorstellen, dass Roboter auch in Zukunft im Unternehmen arbeiten werden. „Allerdings bräuchten wir ein viel größeres Exemplar. Unser Roboter müsste einen Arbeitsbereich von 4 mal 15 m abdecken. Das geht wohl nur, wenn er auf Schienen fährt“, sagt der Bauingenieur. Am häufigsten sind Roboter dieser Größenordnung im Karosseriebau der Autohersteller im Einsatz. Wenn sie künftig auch an kleine und mittelständische Handwerksbetriebe abgesetzt werden sollen, müssen die Roboter eine neue Sprache lernen, damit sie mit CNC-gesteuerten Maschinen zusammenarbeiten können. Vom Forstpavillon für die Landesgartenschau gibt es nämlich keine Zeichnung, sondern nur eine Datei.