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Im Technologie- und Dienstleistungszentrum zeigt Vollmer sein ganzes Maschinenspektrum © Martina Nöstler

Die Schärfprofis

Ein Artikel von Martina Nöstler | 18.12.2013 - 07:04
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Im Technologie- und Dienstleistungszentrum zeigt Vollmer sein ganzes Maschinenspektrum © Martina Nöstler

2014 blickt die Vollmer-Gruppe auf eine 105-jährige Geschichte zurück. Dass auch die Zukunft gesichert ist, dafür sorgte im April die ehemalige Eigentümerin und Geschäftsführerin Fräulein Siegliende Vollmer: Sie übergab 80 % der Gesellschafteranteile an eine Stiftung. Damit wurden die Weichen für eine wirtschaftliche Unabhängigkeit gestellt.
In seinen Unternehmensbereichen – Schärfen von Band- und Kreissägeblättern sowie von PKD-Rotationswerkzeugen – ist Vollmer Marktführer. Von China bis Chile sind rund um den Globus die Maschinen im Einsatz. Dies und der laufende technologische Fortschritt waren für die Holzkurier-Redaktion die Gründe, Vollmer zum Sägeindustrieausstatter des Jahres 2014 zu wählen.

Die Situation

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Ein Stück Zeitgeschichte in Biberach: Geschäftsführer Dr. Stefan Brand zeigt den ersten Schränkautomaten © Martina Nöstler

60 % des Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen im Holzsektor, die restlichen 40 % entfallen auf die Metallsparte. „Wir kommen aus der Holzindustrie und sie ist nach wie vor unser wichtiges Segment“, führt Vollmer-Geschäftsführer Dr. Stefan Brand aus. Dennoch sieht er die Wachstumspotenziale zurzeit vor allem in der Metallindustrie.
Vollmer begann schon früh, mit eigenen Mitarbeitern im Ausland Niederlassungen zu gründen. „Unsere Produkte haben Erklärungsbedarf. Mit eigenen Mitarbeitern vor Ort haben wir bessere Chancen. Gleichzeitig erwarten dies unsere Kunden“, sagt Brand. Mittlerweile verfügt Vollmer über elf Niederlassungen weltweit. „Ein eigener Standort wird aber einer bestimmten Maschinenanzahl im Land gegründet. Er wird mit eigenen Mitarbeitern betreut – von der Beratung bis zum Service.“ Zudem hat Vollmer weltweit ein Händlernetz.

Die Niederlassungen

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Führungsriege: Vollmer Austria-Geschäftsführer Erwin Schirnhofer und Vollmer-Geschäftsführer Dr. Stefan Brand (v. li.) © Martina Nöstler

Dies geschah beispielsweise in Österreich. 2008 gründete man ein eigenes Unternehmen: Vollmer Austria mit Sitz in Leobersdorf unter der Leitung von Erwin Schirnhofer, der bereits seit über 20 Jahren mit Vollmer als externer Vertriebspartner zusammenarbeitete. Schirnhofer betreut mit seiner Mannschaft zudem die angrenzenden osteuropäischen Staaten. Vollmer Austria erwirtschaftet rund ein Drittel des Umsatzes in Österreich, der Rest geht in den Export.
Als jüngste Niederlassungen kam im Mai der Standort im indischen Bangalore hinzu. „Indiens Bruttoinlandsprodukt wächst jährlich. Das Land ist für uns ein wichtiger Zukunftsmarkt, wenn es um die internationalen Werkzeughersteller geht.“ Als nächsten Standort denkt Brand über Russland nach: „Vor Kurzem haben wir in Moskau einen Showroom eröffnet. Eine Niederlassung ist in Planung.“
In China betreibt der Schärfspezialist ein zweites Produktionswerk. „Um auf die Kundenbedürfnisse eingehen zu können, muss man vor Ort sein“, weiß Brand und erklärt: „Die Asiaten haben beispielsweise von der Bedienung und der Technik her andere Anforderungen. Wir müssen daher die Steuerung an der Maschine anders platzieren, damit die Bediener ergonomisch richtig arbeiten können.“ In Deutschland hat man 2012 ein eigenes Unternehmen zur Vermarktung von Gebrauchtmaschinen gekauft. „Wir erwirtschaften mit den Gebrauchtmaschinen bis zu 6 Mio. € in diesem Jahr – Tendenz steigend“, bringt es der Geschäftsführer auf den Punkt. Zur Vollmer-Gruppe gehört auch die Loroch Maschinenfabrik aus Mörlenbach/DE. Diese hat sich auf die HSS-Kreissägeblatttechnik spezialisiert.

Die Ziele

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Damals: eine der ersten Schärfmaschinen von Vollmer © Martina Nöstler

„Bei Maschinen für die Bearbeitung von Band- und Kreissägen sowie Diamantwerkzeugen sind wir führender Hersteller“, erklärt Brand. Um weiterwachsen zu können, müsse man aber neue Segmente erschließen. „Es sollen neue Produktgruppen hinzukommen, aber nicht zulasten des bestehenden Portfolios.“
Vollmer hat eine klare Wachstumsstrategie: „Bis 2020 wollen wir führender Lösungsanbieter für die Herstellung zerspanender Werkzeuge sein.“ 2012 erwirtschaftete Vollmer über 100 Mio. €. Heuer wird man sich auf diesem Niveau einpendeln, ab 2014 soll es wieder leichter nach oben gehen – „wenn von außen nicht noch große Veränderungen auf uns zukommen. In Europa ist die Krise noch nicht durchgestanden. Es kommt nur langsam das Licht am Horizont durch. Amerika erholt sich, Asien liegt auf einem vernünftigen Niveau. Aber China ist nicht mehr so das starke Zugpferd“, informiert Brand.

Die Arbeit

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Für Nachwuchs ist gesorgt: Seit vielen Jahren bildet Vollmer in einer eigenen Lehrwerkstatt seine Mitarbeiter aus © Martina Nöstler

Rund 500 Mitarbeiter beschäftigt Vollmer am Hauptstandort im baden-württembergischen Biberach. 120 davon sind in der Technik und Entwicklung tätig. „Wir sind ständig dabei, unsere Maschinen zu verbessern, die Kundenwünsche zu erfüllen und neue Anwendungsgebiete zu erforschen“, erklärt Brand beim Werksrundgang. „Bis ein Prototyp fertig ist, laufen siebenstelligen Beträge auf.“
Bei Vollmer kümmert man sich selbst um den „Nachwuchs“: Derzeit sind 60 Auszubildende beschäftigt – eine Quote von über 10 %. Vollmer ist mit dem Standort Biberach in einer sehr wirtschaftsstarken Region angesiedelt. „Bei uns gibt es kaum Arbeitslose und das Berufsangebot ist groß. Wir arbeiten eng mit allen Schulformen zusammen, um den Jugendlichen unsere Arbeit näherzubringen und sie für die Technik zu begeistern“, berichtet Marketingleiter Markus Dietel. So hat man die „Technik-Abenteuerwoche“ in den Schulferien ins Leben gerufen.
Den Facharbeiteranteil beziffert man bei Vollmer mit 98 %.

Die Vergangenheit …

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Der Anfang von Vollmer: 1909 erhielt Unternehmensgründer Heinrich Vollmer das Patent für den ersten Schränkautomaten © Martina Nöstler

1909 erhielt Unternehmensgründer Heinrich Vollmer das erste Patent für den automatischen Schränkapparat. Viele Tausende Stück wurden weltweit von diesem verkauft. Besonders stolz ist man, dass man heute noch Ersatzteile für Maschinen liefern kann, die bereits bis zu 50 Jahre alt sind. Der Technologie hat sich seit damals zwar grundlegend verändert, die Vollmer-Prämisse ist aber dieselbe geblieben: „Wir kümmern uns um den Zahn – nachhaltig und langfristig.“

… und die Zukunft

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Heute: Das Schärfen von Kreis- und Bandsägeblättern ist eine der Kernkompetenzen von Vollmer © Martina Nöstler

Darum geht man in gewisser Weise etwas zurück zu den Wurzeln. „In Österreich sind rund 800 Gatter in Betrieb“, weiß Schirnhofer. Um auch diese Kunden mit neuer Schärftechnik versorgen zu können, wird Vollmer Austria auf der Holzmesse in Klagenfurt im September 2014 eine neue Gattersägen-Schärfmaschine präsentieren. „Das Gatter erlebt eine Renaissance“, ist er sich sicher.
„Wir streben nachhaltiges Wachstum an“, bringt Brand die Strategie abschließend auf den Punkt.

Vollmer

Gegründet: 1909 von Heinrich Vollmer
Geschäftsführer: Dr. Stefan Brand
Umsatz 2012: über 100 Mio. €
Mitarbeiter: 700, davon 500 in Biberach
Produkte für: Sägewerke und Holz verarbeitende Industrie, Werkzeughersteller, Schleifdienste
Maschinen für: Bandsägeblätter, Kreissägeblätter, Schärfen von PKD-Rotationswerkzeugen
Export: über 70 %