Stoppen statt bersten
Ein trichterförmiges Industriemikrofon misst den Lärm direkt bei den Sägemaschinen. Darauf basierend bestimmt die Software in Echtzeit und mit hoher Zuverlässigkeit den Zustand des Sägeblatts. Kurz gesagt: Wird das Blatt zu laut, stoppt das System CSM-ST den Vorschub.
Fellner verspricht mit dieser Methode massive Einsparungen. Der Verbrauch an Sägeblättern soll um bis zu 80 % sinken. Die Maschinenverfügbarkeit steigt. In einem zweiten Schritt können sogar schwächere Sägeblattkörper bei höherem Vorschub verwendet werden. Klingt nach Marketingversprechen. Doch bei Stora Enso in Ybbs ist das System seit Monaten im Einsatz. Und zwar so erfolgreich, dass es der Konzern nun bei allen zentraleuropäischen Sägelinien nachrüstet.
Das Geld liegt in der Luft
Ein Hauptinstrument im kakophonen Orchester ist der Sägeblatt-Grundkörper. Wenn dieser durch Buchs oder Drehwuchs aus seiner Drehebene gebracht wird, schwingt er anders. Dieses „Singen“, das zum Einklemmen führen kann, hören gute Anlagenführer. „Und was man hören kann, können wir auch messen“, sagt Fellner.
Wie funktioniert das nun konkret? Details über das zum Patent angemeldete System gibt der Wiener nicht preis. Nur so viel: Über das Kegelmikrofon wird ein bestimmtes Frequenzband herausgefiltert. Dessen Amplitude wird 40 Mal pro Sekunde bestimmt. Sobald dieser Schallmesswert über einen zuvor bestimmten Schwellenwert steigt, wird der Vorschub zur Kreissäge hin gestoppt (s. Symbolbild unten). Der Förderer auf der Auslaufseite entfernt das Holz aus der Maschine. Das Sägeblatt beruhigt sich binnen Sekundenbruchteilen. Dann sägt die Linie weiter. Ein Schaden wird abgewendet – und zwar nicht nur am Sägeblatt selbst. Wäre das Werkzeug zerborsten, hätte die komplette Linie gestoppt werden müssen. Alle (teuren) Bloche auf der Linie wären dann ein Fall für den Hacker gewesen. Der Notstopp vor dem Zwicken ist aber nur die Basisfunktionalität. Wer will, kann über einen Datenlogger eine Schallmesskurve über einen ganzen Tag zeichnen. Dabei wird eine zweite Optimierung möglich: Je stumpfer die Blätter sind, umso lauter werden sie. Das geschieht aber nicht linear, sondern in Stufen, zeigen die Praxiserfahrungen. Das System CSM–ST erkennt den Sägeblattzustand mit beeindruckender Zuverlässigkeit. Der Maschinenführer bekommt einen Verschleißwert in Prozent angezeigt. Auf Basis dessen kann er entscheiden: Muss gewechselt werden, oder kann ich eine Charge noch fertig schneiden.
Zwei Phasen zur Optimierung
Wer ähnlich viele Sägewerke besucht, wie ein Holzkurier-Redakteur, weiß: Jedes klingt anders. Daher ist bei der Installation des CSM-ST eine Kalibrierphase nötig. Dabei werden zwei Wochen lang das Grundgeräusch und die Schallkulisse unmittelbar vor einem Zwicker gemessen. Ebenfalls angepasst werden muss die Position des Mikrofons. Nach der Kalibrierungsphase kann das System sofort eingesetzt werden.Zur Praxisreife entwickelt wurde die Innovation beim Stora Enso-Sägewerk Ybbs. Der Holzkurier erhielt seltenen Einblick in diesen Prozess. Wie das im lauten Alltag ablief, zeigt ein Bericht in der Ausgabe 36.