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Eingang der Siempelkamp-Presse © Johannes Plackner

Die Idee wird Wirklichkeit

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 30.06.2014 - 13:00
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Eingang der Siempelkamp-Presse © Johannes Plackner

Manche können es kaum erwarten. Andere sind skeptisch. Die Markteinführung von Pollmeiers Buchen-Furnierschichtholz lässt kaum einen kalt. Denn: Mit einem Ausstoß von mindestens 150.000 m³/J und dreimal besserer Zugfestigkeit als Fichten-BSH könnte die „Baubuche“ den Holzbau revolutionieren. Keine Frage: Das Produkt ist ein wahrer Hochleistungswerkstoff.
Doch zunächst sehe sich das Unternehmen mit „enormen Anlaufschwierigkeiten“ konfrontiert, wie Geschäftsführer Ralf Pollmeier bereits gegenüber der Fachpresse bestätigte. Um zu klären, wie der Stand der Dinge ist und wann das Produkt marktfähig ist, besuchte der Holzkurier die neue Produktion vergangene Woche. Und siehe da: Während vorne noch zahlreiche Prozessschritte optimiert werden, kommen hinten schon verkaufbare Produkte raus. Die Balken und Träger machen einen makellosen Eindruck. Die schnurgerade dezente Optik sieht in Realität edel aus.
So viel kann man jetzt schon sagen: Wer schlank und elegant in Holz bauen will, für den wird sich die Vorfreude auszahlen.

Überall wird justiert und optimiert

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Vor der Presse: Zwölf Schichten Buchenfurnier sind für den nächsten Legevorgang vorbereitet © Johannes Plackner

Derzeit ist das Werk noch in der Anlaufphase. Gearbeitet wird einschichtig. Nach einigen Produktivstunden werden die Anlagen immer wieder angehalten. Ingenieure der Ausstatter Hanses (Mechanisierung und Kappung), Raute (Furniertechnik) und Siempelkamp (Presse) justieren die Maschinen. „Die Verarbeitung von Buche ist eine enorme Herausforderung“, sagt Investor und Mastermind Ralf Pollmeier. Mitunter wurden bei der Inbetriebnahme sogar Lehrmeinungen aus Fachbüchern widerlegt. Somit mussten ganze Prozessschritte angepasst werden. Anstatt die Buche zu dämpfen, stellte Pollmeier auf Kochen um. Anders sei die Kerntemperatur nicht sicherzustellen.
Davon unbeeindruckt, strömen bereits erzeugte, tadellose 4 mm starke Furnierbahnen in den Trockner. Den verlassen sie, von Wasser befreit, mit nur mehr 3,7 mm Stärke. Was dann kommt, macht bereits einen eingespielten Eindruck. Nach Qualität sortierte Furnierpakete werden im automatischen Hochregallager zwischengelagert. Bei Bedarf kommen sie vollautomatisch zur Legestation. Per Auftragsvorhang kommt eine vollflächige Schicht Resorcinleim auf das Furnier. Dann werden die Bahnen in rund 3 m langen Chargen erst stufig übereinandergelegt und dann auf einen Endlosstrang abgeschoben (s. Bilder re. S. oben).

Presse läuft langsam und bedächtig

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Im Fertigwarenlager warten Baubuche-Träger aus der Vorserie auf ihre Auslieferung. Das passiert aber nur, wenn die Qualität einwandfrei ist (Anm.: Foto stammt aus laufender Produktion, kein Schaustück) © Johannes Plackner

Das präzise Positionieren der einzelnen Schichten ist kritisch. Die geschäfteten Enden müssen genau übereinanderliegen. Diesen Prozess haben die Ingenieure aber gut im Griff. Während der Reportage wurde eine 40 mm starke Platte mit zwölf Schichten verpresst. Da klappte dieser Schritt tadellos. All das geht langsam, bedächtig und ruhig vor sich. Wer an den geplanten Ausstoß von 150.000 m3/J denkt, ist überrascht, dass sich da nicht mehr „rührt“, aber die Menge macht Pollmeier im Vollbetrieb mit Rund-um-die-Uhr-Produktion. Die Geschwindigkeit wird von der Pressdauer bestimmt. In der 63 m langen Siempelkamp-Presse mit Mikrowellenvorheizung braucht die Platte eine halbe Stunde, um durchzuhärten. Geheizt wird mit einem Biomassekraftwerk. Darin werden Schleifstaub und Rinde CO2-neutral verheizt.
Wenn die Platte die Presse verlässt, erinnert sie an einen versiegelten Parkettboden. Die Oberfläche spiegelt den Schein der Lampen. Doch das wird sich noch ändern. Eine mitlaufende Säge kappt die noch heiße Endlosplatte. Die rollt durch einen niedrigen Mauerschlitz in die Nachfertigungshalle. Ein Teil der Produktion landet derzeit als Platte in einem voll automatisierten Hochregallager. Das dient als Puffer, damit die Contiroll-Presse weiterlaufen kann, selbst wenn es in der Nachfertigung eine Störung geben sollte.
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Schon in den Vorserienbalken erreicht Pollmeier einer tadellose Verleim- und Stoßqualität © Johannes Plackner

Platte oder Balken

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Die vier Typen des Furnierschichtholzes "Baubuche" von Pollmeier © Pollmeier

Die Pollmeier-Baubuche wird in je zwei Platten- und Trägerausführungen angeboten (s. Bild unten). Die Plattenwerkstoffe Baubuche Q und Baubuche S sowie der Träger Baubuche S werden direkt aus der Platte geschnitten. Diese Elemente gibt es standardmäßig mit bis zu 80 mm Stärke, 18 m Länge und 1,85 m Breite. Größere Längen sind auf Anfrage möglich.
Nun geht‘s um das Flaggschiff des Baubuchen-Sortiments, den GL70-Binder. Um diesen Träger mit horizontalen Lagen herzustellen, wird eine 4 cm starke Platte von einer Paul-Vielblattkreissäge in Lamellen aufgetrennt. Diese Baubuchenstreifen kommen dann in ein Konditionierlager, wo sie für die erneute Verklebung vorgewärmt werden. Dieses Lager ist auf seiner Stirnseite mit Glas verkleidet und erlaubt stets die Kontrolle der Lagerstände.
In der Praxis werden die Materialströme natürlich vom Leitrechner überwacht. Normgemäß vorgewärmt, werden die Lamellen bei Bedarf ausgelagert und in der H.I.T.-Lignopress zu hochfesten Buchen-Furnierschichtträgern verleimt. Selbst nach diesem Schritt ist Pollmeiers Veredelungsstrecke noch nicht am Ende. Für das Baubuche-Paneel trennt eine Fill-Bandsäge die bis zu 68 cm hohen Binder in 3 bis 50 mm starken Lagen auf. Das Endprodukt ist eine edle Buchenplatte mit dunklen Leimfugen im 3,7 mm-Abstand.
Bezüglich der Oberflächenqualität verfolgt Pollmeier ein konsequentes Konzept. Die Baubuche-GL 70-Träger verlassen die Produktion nur geschliffen.

Überragende Eigenschaften

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Präzisionsarbeit: Die beleimten Buchenfurnierbögen kommen vom Legetisch auf den Endlosstrang, der zur Presse führt © Johannes Plackner

Um die statische Leistungsfähigkeit des Trägers zu unterstreichen, wird er mittlerweile als „Baubuche GL70“ bezeichnet. Deutlicher kann man die statische Überlegenheit gegenüber Brettschichtholz nicht ausdrücken. Verglichen mit einem Fichten-BSH-Träger (GL28), braucht Baubuche nur 29 % des Querschnitts, um die gleiche Biegefestigkeit, und nur 22 % des Querschnitts, um die Zugfestigkeit zu erfüllen.
Aufgrund der geringeren Querschnitte soll der Einsatz von Baubuche gegenüber klassischem Leimholz kostenneutral sein, verspricht man in Creuzburg.

Nur die schönsten Lagen

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Baubuche überall: In diesem Rendering besteht das Tragwerk aus Baubuche?GL70, der Boden aus Baubuche Paneel, die Wand aus Baubuche?Q © Gassner Redolfi

Zurück zum Unternehmensrundgang: Während des Vorortbesuchs wurden gerade Baubuche GL70-Träger fertiggestellt. Wer diese schnurgeraden, homogenen Elemente zum ersten Mal in Realität sieht, versteht spätestens dann die Vorfreude auf dieses Produkt. Mit klassischem Leimholz hat das wenig gemein. Es ist fester, besser berechenbar und hat – aufgrund seiner Erzeugung – einen großen Vorteil bei der Qualität. Marketingleiter Jan Hassan erklärt: „Schon bei der 4 cm-Platte haben wir nur zwei Decklagen und zehn Innenlagen. Wir verwenden daher nur die schönsten Furniere für die sichtbaren Außenlagen.“

Bau mit Buche hat begonnen

Erste Projekte mit Pollmeier-Baubuche haben schon begonnen. Vorreiter war das „rote Dach“, öffentlich zugänglich bei der Architekturwoche A6 in München (s. Holzkurier Heft 24, S. 12). Als Nächstes folgt ein Pavillon zum Architektursommer Rhein-Main 2014. Zudem wird an vielerlei innovativen Lösungen geforscht. Drei Beispiele:
An der ETH-Zürich wurde ein Gebäude mit Baubuchen-Beton-Verbunddecke errichtet.
Die Züblin-Gruppe entwickelt einen Windkraftturm aus Baubuche mit bis zu 160 m Nabenhöhe.
Das fein gestreifte Baubuche-Paneel wird von Pollmeier als Fußboden verkauft.

Ab Herbst im Handel

Wann aber wird man die Baubuche im freien Verkauf erleben? Pollmeier möchte im August mit dem Regelbetrieb beginnen. Der Handel könnte ab dem IV. Quartal mit dem Produkt versorgt werden. Der ursprüngliche Zeitplan wurde also nach hinten verschoben. Ist Pollmeier trotzdem noch vom Erfolg überzeugt? „Mehr als je zuvor. Das Produkt ist klasse. Jetzt müssen wir nur noch den Prozess optimieren.“

Pollmeier Baubuche – Facts

Material: Buchenfurnierschichtholz (3,6 mm starke Schichten mit Resorcinverklebung)
Platte Baubuche S/Q: 40/60/80 mm Stärke, 10 bis 185 cm Breite, bis 18 m Länge (größere Längen auf Anfrage), auch mit Querlagen möglich (Typ: Q)
Träger Baubuche S: 40/60/80 mm Breite, 10 bis 100 cm Höhe, bis 18 m Länge (größere Längen auf Anfrage)
Träger Baubuche GL70: 50 bis 300 mm Breite, 12 bis 60 cm Höhe, bis 18 m Länge (größere Längen auf Anfrage)
Platte Baubuche Paneel: 3 bis 50 mm Stärke, 8 bis 68 cm Breite, bis 16,5 m Länge (größere Längen auf Anfrage)