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Trend Produktion: Die Entwicklung des Holzsektors in den Regionen Emilia Romagna und Lombardei von 2007 bis 2012, Ausblick bis 2017 (2012=100) © Gardino Consulting

Der Wille zum Wachstum

Ein Artikel von Lorena De Agostini | 25.09.2013 - 08:16
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Trend Produktion: Die Entwicklung des Holzsektors in den Regionen Emilia Romagna und Lombardei von 2007 bis 2012, Ausblick bis 2017 (2012=100) © Gardino Consulting

Die Abwärtstendenz am italienischen Markt hat alle Wirtschaftsbereiche getroffen, einschließlich der Holzbranche. Nach Schätzungen des italienischen Fachverbandes FederlegnoArredo wird der Holzsektor im heurigen Jahr weitere 4,5% des Umsatzes im Vergleich zu 2012 verlieren. 14.500 Unternehmen haben bis dato ihre Produktion eingestellt, was eine Arbeitslosenquote von 68.000 Mitarbeitern mit sich bringt. Diese Daten, die beim Jahrestreffen des Verbandes am 14. September in Modena/IT kommuniziert wurden, lassen nur wenig Raum für Optimismus.
Der Titel der Konferenz zeigte die Haltung der italienischen Holzunternehmen auf: „Trotz allem Wille zum Wachstum“, heißt die Devise.

Allgemeines Misstrauen

Das erste „trotz allem“ betrifft die Stimmung des allgemeinen Misstrauens, das seit vielen Monaten den Markt dominiert. Die Holzindustrie reagiert auf diese Situation. Ihre Mitgliedsunternehmen demonstrieren Flexibilität und Vision, insbesondere mit Aktivitäten auf ausländischen Märkten.

Fokus auf Export richten

Der Fokus sei vermehrt auf den Export gerichtet. Paolo Fantoni, Präsident von Assopannelli (Plattenindustrie), meinte dazu: „Die Exporte werden im heurigen Jahr im Vergleich zu 2012 voraussichtlich um 5,2% wachsen. Diese Tatsache verdanken wir unserer Green Building Economy, energiesparenden Techniken und dem ‚italienischen Holzhausstil‘, der im Ausland sehr geschätzt wird, da er sich vom Design der dominierenden deutschen und schwedischen Modelle unterscheidet.“
Nachdem sich die Unternehmen lange Zeit nur auf den nationalen und europäischen Markt konzentriert hätten, sagte Phil Taylor, Berater der Internationalisierungsoffensive „Made in Italy“, sei es höchste Zeit für eine neue Haltung. Das heiße, Investitionen in Technologien, in spezielle Nischen der Holzkette und ferne Länder und neue Märkte, wie zum Beispiel Ghana und die Länder südlich der Sahara, zu erobern. Dort werden laut Taylor starke Investitionen in die Bauindustrie und in neue Urbanisierungsprojekte getätigt. „Es sind oft die Entwicklungsbanken, die diese Projekte finanzieren. Länder, wie Vietnam oder Mexiko, werden ebenfalls für den Export anvisiert“, berichtete Taylor.
Roberto Snaidero, Präsident des Verbandes FederlegnoArredo, bekräftigte: „Der Holzbausektor hat keine Exporttradition, wie die Möbel- und Designindustrie. Die Daten zeigen jedoch klar einen positiven Auslandsumsatz. Der Verband arbeitet deshalb an einem Aktionsplan in Richtung Internationalisierung und unterstützt die Holzunternehmen beim Export.“ Eine diesbezügliche Hilfestellung für italienische Holzunternehmen würde Investment und Finanzierungen notwendig machen, dazu sei die Zusammenarbeit mit den Kreditinstituten entscheidend, stellte Snaidero klar.

Sensibles Bankensystem gefragt

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Anteil der Holzbausysteme in der Emilia Romagna und der Lombardei © Gardino Consulting

An dieser Stelle folgt das zweite „trotz allem“: Um die für Investitionen notwendigen Mittel aufzubringen, bedarf es eines Bankensystems, das die nötige Sensibilität für die Bedürfnisse der Betriebe aufbringt. Das ist laut den Experten leider nicht immer der Fall.
Giampiero Bergami (Unicredit, Regional Manager Zentrum-Nord) hat aus diesem Grund die Beziehung zwischen Banken und Unternehmen analysiert. Im Rahmen des Jahrestreffens präsentierte er einige neue, für die Holzindustrie entwickelten Produkte. Unter anderem den erleichterten Zugang zu Krediten für Käufer von Holzhäusern. Der Ökonom Stefano Zamagni betonte die Bedeutung von Investitionen in „bahnbrechende Innovationen“. Nur diese Art von Produkten oder Prozessen könnten den Markt grundlegend verändern und damit Aussicht auf Wachstum geben.
Das dritte „trotz allem“ bezieht sich auf den italienischen Heimmarkt.

Italien steht für Qualität

Es gibt zahlreiche Beispiele für italienische Qualität im Holzbau – sowohl im Standardbereich als auch bei herausragenden Projekten. Und das, obwohl die Waldbewirtschaftung und Holznutzung in Italien nicht wie im Ausland aufgestellt ist (Italien rangiert auf dem sechsten Platz bezüglich der bewaldeten Fläche in Europa, aber an letzter Stelle bei der Holznutzung). Aus diesem Grund wählte man als Veranstaltungsort für den Kongress auch Emilia Romagna – jene Region, die 2012 von einem verheerenden Erdbeben heimgesucht wurde.
Mittlerweile sieht man wieder viele ausgezeichnete Beispiele des Wiederaufbaus in Holzbauweise. Im Umfeld der Konferenz wurden drei repräsentative Gebäude besucht, die das große Potenzial des heimischen Holzbaus aufzeigen:
    Kindergarten „Sacro Cuore” – Finale Emilia (MO): Das in Rekordzeit vollständig aus Holz gebaute Gebäude mit 1600 m² Fläche ist eine Schenkung des Fachverbandes FederlegnoArredo und dessen Mitgliedern. Entstanden ist es in Zusammenarbeit mit Planern, Behörden und Privaten. Dabei kamen alle gängigen Holzbausysteme, wie Brettsperrholz, Holzrahmenbau oder die Verwendung von Holzplatten, ohne Klebstoffe zum Einsatz. Der Kindergarten wurde nach ökologischen Kriterien erdbebensicher, energiesparend und mit entsprechenden Brandschutzvorrichtungen gebaut. Der Neubau wurde am 5. Mai eingeweiht und beherbergt 240 Kinder. Schulzentrum in Corporeno – Cento di Ferrara (FE): Die Schule wurde am 28. Oktober 2012 eingeweiht und hat eine Fläche von 6200 m². Das Volumen des Gebäudes ist auf zwei Flügel aufgeteilt: Der eine beherbergt die Grundschule mit 15 Klassenzimmern und weiteren Räumen. Im zweiten Flügel befindet sich die Mittelschule, mit neun Klassenzimmern und zehn Zusatzräumen. Die zwei Gebäudeteile und die 300 m² große Mensa sind durch einen Korridor miteinander verbunden. Die Turnhalle ist 600 m² groß. Die Struktur wurde in Holzbauweise mit einem hohen Grad an Erdbebensicherheit errichtet (ausführende Firma: Sistem Costruzioni, Solignano/IT). Die Bauzeit für den gesamten Schulkomplex betrug nur 78 Tage. Produktionsstandort der „Menu srl“ – Medolla (MO): Die Ausführungsarbeiten für den neuen, erdbebensicheren Produktionsstandort von Menù srl in Medolla (Holzbaubetrieb: Wood Beton) begannen am 28. August des Vorjahres, nachdem das Erdbeben im Mai 2012 die existierenden Gebäude schwer beschädigt hatte. Die Produktionshallen bestehen aus vorfertigten Bausystemen aus Beton, Stahl und Brettsperrholz. Die Tragstruktur des Daches und Aussteifungselemente der Hallen bestehen aus vorgefertigten, großformatigen Holzelementen. Bisher wurde eine Fläche von 11.000 m² überbaut. Der Produktionsstandort wird eine Gesamtfläche von 35.000 m² umfassen.

Positiver Trend im Objektbau

Zum Abschluss der Analysen des italienischen Bausektors präsentierte Paolo Gardino (Gardino Consulting) die Ergebnisse der von ihm ausgearbeiteten Studie über die Lage und Entwicklung der Betriebe – Sektor Säge, Holzbau und Verpackung – in den Regionen Emilia Romagna und Lombardei. Die Daten bezüglich der Bautätigkeiten im Holzwohnbau zeigen dabei einen leichten Rückgang (44% der Befragten), der teilweise durch den Anstieg im Sektor der Nichtwohngebäude im Objekt- und Ingenieurholzbau ausgeglichen wird. Letztgenannte Bereiche weisen bis 2017 einen positiven Trend auf.

85 % Holz im Nichtwohnbau

Aus der Befragung von 290 Betrieben ergibt sich für das Jahr 2012 ein Bauvolumen in Holzbauweise von 65.000 m² im Wohnbau und 47.000 m² im Nichtwohnbau (zum Beispiel Schulen oder Kindergärten). 500.000 m² Holz gingen in den Ingenieurholzbau und 9.000 m² wurden für Aufstockungen und Erweiterungsbauten verwendet. Das ergibt einen Anteil von 15% für den Wohnbau, die restlichen 85% werden im Nichtwohnbau-Bereich umgesetzt.

Aber: Holzwohnbau holt auf

Der Sektor Wohnbau wird in Italien laut einer Trendprognose bis 2017 an Bedeutung gewinnen, vor allem im Bereich Sanierungen und Erweiterungen von bestehenden Gebäudesubstanzen (die aktuell 12% des Wohnbaus in Holzbauweise einnehmen). Die Holzrahmenbauweise und der Holzmassivbau mit BSP liegen mit je 45% ungefähr gleichauf, während der Blockbau einen Anteil von 10% am Holzbau hat. Es ist allgemein ein Trend zur gesteigerten Kompetenz sowohl bei Planern als auch den ausführenden Unternehmen zu erkennen. 2014 wird der „Convegno nazionale del Legno“ im Veneto stattfinden.