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Jagd- und Rechtsexperten befassten sich mit der Natura 2000-Problematik: F. Reimoser, E. Seltenhammer, M. Forstner und P. Lebersorger (v. li.) © Martin Heidelbauer

Bärendienst Natura 2000

Ein Artikel von Martin Heidelbauer | 04.11.2014 - 18:00
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Jagd- und Rechtsexperten befassten sich mit der Natura 2000-Problematik: F. Reimoser, E. Seltenhammer, M. Forstner und P. Lebersorger (v. li.) © Martin Heidelbauer

In Österreich entfallen 15 % der Landesfläche auf Natura 2000-Gebiete. Europaweit beträgt der Anteil 18 %“, erklärte Dr. Enrica Seltenhammer, Lebensministerium. Für die Erreichung der Schutzziele seien die jeweiligen europäischen Mitgliedsstaaten verantwortlich. „Die forstliche und jagdliche Nutzung ist in diesen Schutzgebieten nicht ausgeschlossen, aber Einschränkungen sind möglich“, verwies Seltenhammer.

Nachhaltige Jagd betrifft alle Landnutzer

„In der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie steht nichts über eine Erschwernis der Landbewirtschaftung über weitere Behördeninstanzen, neue Verbote, Normen sowie zusätzliche Kosten“, betonte Dr. Peter Lebersorger, Zentralstelle österreichischer Landesjagdverbände. Man warte schon seit 1994 auf Antworten mit Rechtssicherheit auf folgende Fragen betreffend Natura 2000: Gibt es ein Jagdverbot? Welche Tierarten sind tabu? Wer erstellt Abschusspläne? Wer bezahlt den Mehraufwand? Lebersorger führte an, dass in Holland die Jagd in Natura 2000-Gebieten verboten wurde. Das Ziel könne nur mit traditionellen Landnutzern erreicht werden. Wenn die Gesellschaft alles zukaufen müsse, sei Natura 2000 nicht finanzierbar.
„Ob nachhaltige Jagd möglich ist, hängt nicht nur vom Tun der Jäger ab. Alle Landnutzer müssen berücksichtigt werden“, verdeutlichte Dr. Friedrich Reimoser, Universität für Bodenkultur und Veterinärmedizinische Universität Wien. Die Kriterien für eine nachhaltige Jagd würden auf den drei Säulen Ökologie, Ökonomie und Soziokultur basieren. Für ein Natura 2000-Gebiet auf der Hohen Wand in Niederösterreich erstellte Martin Forstner, WWN, ein Jagd- und Wildtiermanagement. Als Schutzgüter gelten seltene Waldgesellschaften sowie Uhu und Wanderfalke. Zu den Problemen zählten ein hoher Stein- und Gamswildbestand, Wildschäden im Schutzwald und starke touristische Nutzung. Gründe für die hohe Wilddichte sind die späte Abschusserfüllung mit meist Einzelabschüssen sowie die Kirrung auf ökologisch sensiblen Flächen. Forstner empfahl einen starken Eingriff in den Wildbestand zu Beginn des Jagdjahres.

Fehlende Vernunft kritisiert

Für die Ersteinschätzung bei Naturverträglichkeitsverfahren in Natura 2000-Gebieten des steirischen Wechselabschnitts ist Förster Franz Weber, BH Hartberg-Fürstenfeld, zuständig. „Bisher musste ich noch kein Forststraßenprojekt ablehnen, da die Brut- und Horstbäume der geschützten Schwarzstörche und Wespenbussarde nicht gefährdet waren. Notfalls erfolgt eine Trassenverlegung“, informierte Weber.
„Die Waldbesitzer wollen den Waldzustand erhalten oder verbessern. Mit der Bewirtschaftung soll ein Einkommen erzielt werden“, erklärte Stefan Schenker, ARGE Wechselforst. Durch die Umwelteinflüsse habe sich die Landschaft verändert. Während vor 100 Jahren noch riesige Almflächen im Wechselgebiet waren, ist heute nur mehr ein Drittel davon vorhanden. „Mit Wald zugewachsene Almen schränken den Lebensraum des Birkwildes ein. Zudem finden Wanderer offene Flächen interessanter“, erläuterte Schenker. Sein Ansuchen, Heidelbeerflächen zu räumen, um die Alm wieder zu vergrößern, wurde vonseiten des Naturschutzes abgelehnt. „Eine ausgewogene Betrachtung und Vernunft fehlen meist“, kritisierte Schenker. Überdies bemängelte er, dass bei der Veranstaltung keine Verantwortlichen der Naturschutzabteilung der Länder anwesend waren.