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Vier Infrarotkameras überwachen bei Mühlbauer das gesamte Freigelände © Günther Jauk

Alles im Blick

Ein Artikel von Günther Jauk | 09.12.2014 - 15:02
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Vier Infrarotkameras überwachen bei Mühlbauer das gesamte Freigelände © Günther Jauk

Auf 5 ha Grundfläche lagert Mühlbauer Holz, Himberg, über 80 Holzarten, darunter Spezialitäten, wie etwa Afrormosia, Elsbeere, Ebenholz, Palisander, Süditalienische Olive, Mooreiche, Zitrone und vieles mehr. Um die erwartete Qualität der Hölzer garantieren zu können, übernimmt Franz Mühlbauer, einer der beiden Geschäftsführer, einen Großteil des Wertholzes persönlich vor Ort. Der Gesamtwert des Lagers beträgt etwa 8,5 Mio. €. „Das Lager ist das Kapital eines Holzhändlers. Die verfügbaren Flächenkapazitäten müssen natürlich maximal ausgeschöpft werden“, erklärt Thomas Haider, zweiter Geschäftsführer des Unternehmens. Gegen eine optimale Ausnutzung des Areals sprach bis vor Kurzem jedoch die strenge Auslegung der TRVB (Technische Richtlinien vorbeugender Brandschutz) seitens der Bezirksbehörde. Mühlbauer musste sein Holz tiefer stapeln, als gewollt, und die Abstände zwischen den Brandabschnitten breiter halten, als von der örtlichen Feuerwehr ursprünglich als notwendig erachtet. Daher ließ Mühlbauer vom Sachverständigenbüro für Brandschutztechnik FSE, St. Pölten, ein neues Brandschutzkonzept entwickeln. Wichtigste darin enthaltene Neuerung war die Installation von vier Infrarotkameras zur Brandfrüherkennung.

Ohne Restlicht

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Die beiden Mühlbauer-Geschäftsführer Franz Mühlbauer und Thomas Haider (v. li.) © Günther Jauk

Infrarotstrahlung wird von der Oberfläche jedes Körpers abgestrahlt. Das geschieht, je nach Oberflächenbeschaffenheit und -temperatur, mit einer bestimmten Wellenlänge. Ein in die Infrarotkamera eingebauter Sensor errechnet daraus ein Fremdfarbenbild und zeigt die Oberflächentemperatur mit einer Auflösung von 0,1° C an. Entwickelt wurde das System vor rund 30 Jahren für den militärischen Sektor. Großer Vorteil gegenüber herkömmlichen Nachtsichtgeräten ist, neben der exakten Temperaturmessung, das Erzeugen von Bildern ohne Restlicht. In der Industrie wird das System hauptsächlich zur Brandfrüherkennung bei der Lagerung von Papier, Abfällen und Brennstoffen in geschlossenen Bunkern und auf Freiflächen eingesetzt. Der Einsatz in einem Holzhandelsunternehmen ist neu. „Wir sind mit Sicherheit der erste Holzhändler in Österreich und vermutlich auch der erste in Europa, der dieses System verwendet“, erläutert Haider. Vier Infrarotkameras von Dias Infrared Systems, Dresden, messen bei Mühlbauer automatisch die Temperatur der Holzlagerflächen. Dadurch können Glimmnester oder Schwelbrände frühzeitig detektiert und mittels geeigneter Maßnahmen noch vor einem Brandausbruch beseitigt werden. Die Kameras sind auf Schwenk-Neige-Köpfen montiert, wodurch die einzelnen Überwachungssektoren mit einer Positionsgenauigkeit von 0,2° angefahren werden können. Dadurch ergeben sich am gesamten Freigelände kaum noch tote Winkel.

Nur eine Zigarette

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Walter Rekirsch jun. von Rekirsch Elektronik und Thomas Haider von Mühlbauer vor dem Herzstück der Anlage © Günther Jauk

Installiert und betreut wird die Anlage von Rekirsch Elektronik, Wien. Die Montage selbst dauerte nur drei Tage, der Probebetrieb hingegen mehrere Monate. Da das System jegliche Temperaturerhöhung registriert und bei Unregelmäßigkeiten Alarm schlägt, muss die Software hinsichtlich Täuschungsalarmen genau eingestellt werden. Jedes motorisierte Fahrzeug und jeder Raucher wird von der Software berücksichtigt. „Natürlich gab es in den ersten Monaten einige Fehlalarme. Doch das wurde zuvor mit der ortsansässigen Feuerwehr abgeklärt“, erzählt Haider. Mitte November wurde die Anlage von einem unabhängigen Sachverständiger anstandslos abgenommen.
Eingestellt ist die Anlage auf zwei kalendergesteuerte Betriebsarten. Im Tagbetrieb ist die Temperaturgrenze für eine Alarmauslösung mit 220° C definiert. Hier besteht die Möglichkeit, einen eventuellen Täuschungsalarm binnen zwei Minuten an der Überwachungswarte zu quittieren, bevor die Feuerwehr alarmiert wird. Im Nachtbetrieb liegt die Temperaturgrenze bei 80° C, die Feuerwehr wird sofort benachrichtigt. Neben der Brandfrüherkennung liefert das System der Feuerwehr auch im Ernstfall wichtige Informationen. „Sollte doch einmal ein Brand ausbrechen, können die Einsatzkräfte mithilfe der Fremdfarbenbilder vermisste Personen auch bei starker Rauchentwicklung ausmachen“, erläutert Rekirsch-Geschäftsführer Walter Rekirsch jun. Das Unternehmen hat bereits einige Infrarotkamera-Anlagen installiert. Das bisher größte Projekt wurde beim Umweltdienst Burgenland realisiert. Dort sind, ebenfalls im Freiland, acht Kameras im Einsatz. In der Holzindustrie ist es das erste Projekt.

Über den gesetzlichen Vorgaben

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Die Infrarotkameras sind auf Schwenk-Neige-Köpfen montiert, wodurch die Überwachung des Areals mit nur vier Kameras ermöglicht wird © Günther Jauk

Bei der Erarbeitung des neuen Brandschutzkonzeptes wurden nicht nur Freilagerflächen, sondern auch die Produktionshallen des Unternehmens berücksichtigt. Im Zuge der länger andauernden Installations- und Montagephase der Anlage hat man sich bei Mühlbauer kurzerhand dafür entschieden, die Brandschutzmaßnahmen gleich für das gesamte Firmengelände vorzusehen und die Brandschutzeinrichtungen lückenlos auf einen langfristig hohen Standard bzw. neuesten technischen Stand zu bringen. Also wurden zusätzlich in allen Produktionshallen Brandmelder von Schrack Seconet, Wien, installiert. „Die Zusammenarbeit mit Schrack, insbesondere mit Michael Thau, war sehr professionell und unkompliziert“, lobt Haider. Als Brandschutzbeauftragten bestellte Mühlbauer Florian Sicheritz von FSC Fire&Safety Consulting, Himberg. Er ist verantwortlich für den Brandschutz, erstellt Brandschutzpläne und schult die Mitarbeiter hinsichtlich Brandvermeidung und Verhalten im Brandfall.

Was das Herz begehrt

Den Großteil des Umsatzes macht Mühlbauer mit Handel in den Sparten Bauholz, Holzbau und Wertholz. Im Sektor Bauholz zählen Baukonzerne und -unternehmen sowie Baumeister zum typischen Klientel. Im Holzbau sind es hauptsächlich Zimmereibetriebe und Bautischler, im Wertholzbereich größtenteils Wiederverkäufer. Als zweites Standbein hat sich bei Mühlbauer die Eigenproduktion etabliert. Das Unternehmen stellt Terrassen, Fassaden und Zäune in unterschiedlichsten Holzarten her. Im Wesentlichen Thermoesche, Sibirische Lärche, Western Red Cedar, Oregon Pine, Ipe, Cumaru, Lärche, Tanne, Espe oder Eiche.
Die Produktion geschieht fast ausschließlich auftragsbezogen. Hauptabnehmer sind Gartengestalter und Terrassenbauer sowie Zimmereien und Bautischler. In geringeren Mengen werden bei Mühlbauer auch Plattenwerkstoffe zugeschnitten und bekantet.

Alles bestens

„Durch unsere nicht unerheblichen Investitionen in den Brandschutz und die verlässliche Überwachung des gesamten Areals können wir unsere Lagerflächen am Grundstück jetzt optimal und fast uneingeschränkt nutzen, ohne dabei ein Risiko einzugehen oder mit den behördlichen Auflagen in Konflikt zu geraten“, fasst Mühlbauer das Projekt zusammen. Zeigte sich Mühlbauer aufgrund der strengen Auflagen und hohen Investitionskosten den Behörden gegenüber anfangs nicht gerade kooperativ oder gar erfreut, so hat sich die Einstellung zu diesem Thema mittlerweile relativiert. Bei Mühlbauer ist man mittlerweile froh, bei der Brandvorbeugung ein überdurchschnittliches Maß an Sicherheit zu genießen, und sogar ein wenig stolz, denn von den Experten wird das Unternehmen österreichweit als Referenzobjekt herangezogen. „Wir sind jetzt der brandschutztechnische Vorzeigebetrieb der heimischen Holzbranche“, freut sich Haider.