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Die Holzgasanlage für Bamberg heizt dort ein Erlebnisbad und produziert rein wärmegeführt © Holzenergie Wegscheid

Alles bis zum Schluss verwerten

Ein Artikel von Martina Nöstler | 25.02.2014 - 09:19
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Die Holzgasanlage für Bamberg heizt dort ein Erlebnisbad und produziert rein wärmegeführt © Holzenergie Wegscheid

Die Bayer- und Böhmerwaldregion ist keine Gegend des Überflusses. Noch vor wenigen Jahrzehnten reichte das, was Boden und Wald hergaben, gerade einmal zum Überleben. Von ihrer Armut hat sich die Region längst erholt. Verschwenderisch jedoch sind die Menschen dort bis heute nicht. Auch Walter Schätzl achtet penibel darauf, aus seinen Holzgasanlagen das Maximum herauszuholen. Der Geschäftsführer der Holzenergie Wegscheid, eines Erfolgsunternehmens am südöstlichen Rande Bayerns, erreicht mit seinen vollautomatischen Kraft-Wärme-Kopplungsmaschinen einen Wirkungsgrad von 83 %.

Seit Gründung der Holzenergie Wegscheid vor sechs Jahren haben Schätzl und sein mittlerweile 14-köpfiges Team 20 Anlagen entwickelt, gebaut und in ganz Europa installiert. Jede Anlage ist individuell kombinierbar und modular aufgebaut, wenngleich alle Modelle auf einem Gleichstrom-Festbett-Vergaser basieren. „Wir entwickeln das, was der Kunde will und zu seinem Bedarf passt“, verspricht Schätzl, „von der 65 kW-Maschine bis zur Anlage mit mehr als 1 MW Leistung.“

Für jeden Anwendungsfall

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Die Holzenergie Wegscheid baut auch kleine Anlagen, zum Beispiel mit 65?kW Leistung - der Prototyp dieser Anlage ging erst kürzlich in Betrieb © Holzenergie Wegscheid

Holzgasanlagen aus Wegscheid erfüllen unterschiedliche Zwecke. Im fränkischen Bamberg zum Beispiel beheizt eine Anlage ein Erlebnisbad. Sie arbeitet rein wärmegeführt. Nur ein paar Kilometer weiter, in Bayreuth, produziert eine von Schätzls Anlagen Wärme zur Trocknung von Hackschnitzeln. Erst im Oktober vergangenen Jahres nahm eine Wegscheider-Doppelanlage mit 250 kW elektrischer Leistung im slowenischen Cronmeli den Betrieb auf. Sie trocknet dort das Schnittholz eines Sägewerks.

Zeitgleich ging eine Anlage bei einem Leimbinderhersteller in Mühlbach/Südtirol ans Netz. Das Besondere: Sie wird nicht mit Hackschnitzeln, sondern mit Holzbriketts befeuert. Dies erforderte umfangreiche Forschungsarbeiten und Tests im Vorfeld. Doch laut Schätzl hat sich der Aufwand gelohnt: „Die Maschine wird restlos mit Abfallholz aus der Leimbinderproduktion befeuert.“

Für einen Sägewerksbetreiber und Holzfertighausproduzenten in Sondrio in der Lombardei entwickelte und installierte die Holzenergie Wegscheid sogar eine Sechsmodulanlage mit jeweils 125 kW, an der sich alle Module parallel schalten lassen. Und weil der Kunde damit überaus zufrieden ist, hat er bei der Holzenergie Wegscheid kürzlich erneut zehn Maschinen in Auftrag gegeben.

Erfolgreicher Prototyp

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Die Anlage eines Sägewerksbesitzers in Mühlbach/Südtirol wird nicht mit Hackschnitzeln, sondern Holzbriketts befeuert © Holzenergie Wegscheid

Schätzls Prototypenanlage im Wegscheider Stammhaus ging vor viereinhalb Jahren ans Netz. Sie hat 40.000 Betriebsstunden auf dem Buckel – und seither 5 Mio. kW Strom und 11 Mio. kW Wärme produziert. 5000 srm/J Holz verfeuert Schätzl. Damit als Überrest des Glutbetts später keine Schlacke entsteht, die den Vergasermotor verstopft, trennt ein Sieb alle Kleinteile unter 8 mm Länge vom Hackgut ab. Robuste Förderschnecken beschicken den Vergaser mit Hackschnitzeln, deren Restfeuchtegrad bei 10 % liegt.

Nach der Filtration reduziert ein Wasserkühler die Temperatur des Gases von 450 auf knapp 100° C. Hierbei entstehen etwa 35 kW thermische Leistung, die Schätzl ins Versorgungsnetz einspeist. Hat das Gas den Sicherheitsfilter passiert, setzt die Verstromung im Blockheizkraftwerk ein. Dort arbeitet ein Mtu/MAN-12-Zylinder-Gasmotor, den der Konzern exklusiv für Schätzl auf Holzgas umgerüstet hat. Eine eigens entwickelte Schallhaube sorgt dafür, dass die Strahlungswärme des Motors effektiv genutzt werden kann, während ein Oxidations- beziehungsweise SCR-Katalysator die Einhaltung der Emissionen garantiert.

Derzeit stellt Schätzl sein Unternehmen für die Zukunft auf: Erst kürzlich hat er eine 65 kW-Anlage als Prototyp in Betrieb genommen. Zugleich arbeitet er an einem Veredelungskonzept von Asche zu Terra preta. Damit jedes Stäubchen verwertet wird. Denn: „Reste mag ich nicht“, lacht Schätzl und lässt seiner Bayerwald-Mentalität freien Lauf: „Sie wären sinnlose Verschwendung.“