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1. Positionierung: Ausgangsseitig wird die Endloslamelle ohne Rückzug gestoppt. Eingangsseitig sorgt der klappbare Anschlag für die präzise Positionierung © Johannes Plackner

7½ Sekunden

Ein Artikel von Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 21.03.2014 - 15:36
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Opticut längt bis 16 mal 28?cm-Rohware ab © Johannes Plackner

"Klappe zu und arbeiten!“ Was nach barschem Mitarbeiterumgang klingt, ist das Funktionsprinzip der Kompaktkeilzinkenanlage von Grecon Dimter Nord, auf vier Worte eingedampft. Die Powerjoint 8 des Keilzinkenspezialisten aus Alfeld/DE arbeitet mit einer Aufspannung. Die KVH-Rohware wird nur ein Mal positioniert, gefräst, beleimt und verpresst. All das geht schneller vor sich als das Lesen dieses Absatzes. Denn die „8“ in der Typenbezeichnung bezieht sich auf die Presstakte pro Minute. Bis vor Kurzem waren das schier unmögliche Geschwindigkeiten. Im neuen KVH-Werk der Holzwerke Bullinger in Abtsgmünd/DE arbeitet so eine Anlage seit rund einem Jahr. Beim Vorortbesuch wurde deutlich, dass es perfektes Zusammenspiel von Technik und Steuerung braucht, um die Geschwindigkeit zu erreichen. Trotzdem lohnt der Aufwand. Denn was Qualität angeht, sind Kompaktanlagen führend.

Querzuführung beschleunigt Ablauf

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Zuführung: Die bis zu 5?m langen KVH-Rohsparren strömen von rechts in die Arbeitszone © Johannes Plackner

Die Keilzinkung von Grecon ist bei Bullinger nicht die einzige Komponente aus dem Hause Weinig. Die schwere Kappsäge Opticut 450 XL kommt von Grecon Dimter Holzoptimierung Süd, Illertissen/DE. Sie übernimmt die bis zu 16 mal 28 cm großen Lamellen, die von einem Bediener angezeichnet wurden. Entsprechend seiner Fluoreszenzkreidenstriche werden die Holzfehler entfernt. Die Opticut 450 XL ist die größte Ausführung von Dimter-Optimierkappsägen. Dank extra breiter Vorschubrollen schafft sie den Spagat aus Leistungsfähigkeit und Genauigkeit. Gerade bei KVH mit Rohwarenpreisen weit über 200 €/m3 ist das ausschlaggebend.
Die Holzeingangslänge liegt bei 5 m. Entsprechend ist die Zuführung zur Keilzinkung gestaltet. Direkt nach der Kappsäge kommen die Lamellen auf einen Steilförderer. Dann gleitet das Holz über die Keilzinkenanlage hinweg, bevor es per Paternoster auf das Niveau des Zuführ-Querförderers geht. Beim Werksbesuch wurde gerade das Maximalformat verarbeitet. Trotz der bis über 100 kg schweren Rohlamellen geschieht die Zuführung ruhig und rasch. Akustisch präsenter ist da schon die nächste Stufe – die Keilzinkung an sich. Aufgabeseitig ist der Kompaktautomat offen. Der Querförderer kann die Lamellen also direkt in der Bearbeitungszone abliefern (zu sehen im Titelbild). Das spart wertvolle Sekunden.

Hohe Kunst der Holzpositionierung

Im groben Arbeitsalltag könnte man fast vergessen, dass die Keilzinkung eine absolute Präzisionsarbeit ist. Die gefrästen Fingerzinken passen auf Zehntelmillimeter genau ineinander. Die Zinkenspitzen liegen bei der in Abtsgmünd verwendeten Geometrie (15/15 mit Grundfräser) nur 3,8 mm auseinander. Die sägeraue, mitunter krumme KVH-Rohware muss man da mal richtig einfädeln. Eine Falschpositionierung würde spätestens im Hobel teure Maßverluste bedeuten. Nicht so bei der Powerjoint 8. Das Rohholz wird auf der Fräsnulllinie zugeführt. Ein Ausrichten am Fräswagen gibt es nicht mehr. Vom Leitrechner erfährt die Keilzinkenanlage, mit welchen Dimensionen gearbeitet wird. Entsprechend positionieren sich Anschläge und Druckplatten. Die Lamelle wird mittig im Spindelbereich platziert. So nutzen sich die Werkzeuge nicht einseitig ab.
Klassische Anschlagplatten am Fräskopf besitzt die Powerjoint 8 nicht. Stattdessen wird der Längsanschlag beim Einfördern hochgeklappt und das Holz auf dieser Position hydraulisch eingeklemmt.

Zinken im 4/8-Takt

In den 7,5 sek des Presstakt passiert Folgendes:
    Ausgangsseitig wird die bereits gezinkte Endloslamelle so gestoppt, dass deren Ende genau an der richtigen Stelle anhält. Ein Rücktransport ist nicht nötig. Das spart erstens Zeit, zweitens verhindert es, dass die frisch verleimten Keilzinkenverbindungen auf Zug belastet werden. Nun sind die Endloslamelle und das neu hinzukommende Stück passend positioniert. Die Keilzinkung geht los – und wir drücken auf die Stoppuhr.Der Anschlagarm klappt nach unten. Gleichzeitig kommt von oben der Doppelfräskopf. Die Zinkenfräser sitzen auf zwei Weinig-Hydrospindeln und arbeiten sich mit 7000 U/min durchs Holz.Sobald die Zinken gefräst sind, fährt der Arbeitskopf waagrecht nach hinten weg. In diesem Arbeitsgang werden berührungslos mehrere Raupen an Polyurethanklebstoff von Jowat, Detmold/DE, aufgebracht.Nun kommt der Pressdruck. Mit bis zu 40 t werden die beiden Oberflächen aneinandergedrückt. Das sorgt selbst beim Maximalformat von 16 mal 28 cm für den normgemäß vorgeschriebenen Pressdruck von 90 N/mm2. Da die Hölzer seit dem Fräsen in der gleichen Aufspannung sind, passen die Zinkenspitzen und -täler präzise ineinander. Durch die einheitliche Fräsnulllinie liegt ein etwaiger seitlicher Überstand im Rahmen des üblichen Hobelmaßes. Der Leim von Jowat verfügt schon nach 2 sek über genügend Festigkeit, um das KVH auszufördern. Großzügig dimensionierte Rollen schieben die Endloslamelle nach hinten.Die Stoppuhr zeigt zu diesem Zeitpunkt 7,5 sek und der nächste Takt beginnt. Nach der Keilzinkung wird das KVH von einer fliegenden Kappsäge abgelängt. Dieser Teil gehört aber schon zur Installation von Leiße.
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1. Positionierung: Ausgangsseitig wird die Endloslamelle ohne Rückzug gestoppt. Eingangsseitig sorgt der klappbare Anschlag für die präzise Positionierung © Johannes Plackner

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2. Fräsen: Der Arbeitskopf mit zwei Hydrospindeln fräst von oben nach unten die Fingerzinken in die Stirnseiten © Johannes Plackner

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3. Beleimen: Der Arbeitskopf zieht sich horizontal zurück. Oest-Düsen bringen dabei berührungslos Raupen aus Polyurethanklebstoff auf © Johannes Plackner

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4. Pressen/Ausfördern: Nur 2?sek werden die beleimten Keilzinken mit bis zu 40?t zusammengepresst. Dann ist die Stelle vorausgehärtet und die nunmehrige Endloslamelle wird von Rollen aus der Maschine gefördert © Johannes Plackner

Häufige Dimensionswechsel

Entwickelt wurde die Powerjoint 8 auf Basis ihrer kleinen Schwester, der Powerjoint 6 – mit gleichen Eigenschaften, aber höherer Leistung. Die KVH-Hersteller wollten solche Kompaktanlagen aus folgenden Gründen:
Höhere Qualität, besonders bei stärkeren Dimensionen
Kleinste Hobeltoleranzen unter allen Herstellungsmethoden
Geringster Anteil an Ausschussware
Ist mit nur einem Maschinenführer zu bedienen
Automatische Dimensionswechsel
Waren früher die Kompaktanlage bei sechs Takten pro Minute begrenzt, garantiert Grecon mittlerweile acht Verbindungen. Dieser Wert ist aber theoretisch, weil er nur bei Dauerbetrieb ohne Dimensionswechsel gilt. Doch genau das ist die zweite große Stärke der Powerjoint. „Im Schnitt wechselt die Dimension pro Schicht 20 Mal“, sagt Geschäftsführer Hansjörg Bullinger. Gesteuert wird das vom Leitrechner. Die Powerj­oint 8 weiß daher immer, welche Dimension als nächste zu zinken ist. Der Bediener braucht den Wechsel nur zu bestätigen. Anschläge und Klammern stellen sich von selbst auf den neuen Querschnitt ein. Kappstücke, die gegen Ende der Charge zur Keilzinkung gelangen, werden dort zu einem 3 m langen Strang verbunden und abgestapelt. Sie werden beim nächsten Auftrag der betreffenden Dimension verwendet – nichts wird verschwendet. Der Bediener muss an der Qualitätskontrolle lediglich darauf achten, dass Keilzinkenverbindungen nicht zu nah beieinanderliegen.
Das Bedienpanel der Powerjoint 8 ist direkt bei der Beurteilungsstation angeordnet. So kann der Mitarbeiter die Maschine ansteuern, ohne hingehen zu müssen. Die Kapazität der Anlage beträgt bis zu 30.000 m3 KVH/J. Bullinger will die „marktangepasst“ ausfahren. 2014 sind 20.000 m3 geplant.
Die leistungsfähige Anlage aus Alfeld erzeugt hochwertiges Listen-KVH und setzt damit Branchenimpulse. Für seine Verdienste um die Veredelung des teuren Schnittholzes verlieh der Holzkurier Grecon Dimter Nord den Titel „Holzindustrie-Ausstatter des Jahres 2014“.

Holzwerke Bullinger – Facts

Gründung: 1913
Standort: Abtsgmünd/DE
Geschäftsführer: Hans-Jörg Bullinger
Mitarbeiter: 36 im KVH-Werk
KVH-Produktion: 56.000 m3 (2013), 64.000 m3 (Plan 2014)
Kunden: vorwiegend Fertighaushersteller, Holzbauunternehmen, Händler, Abbundzentren, Direktvertrieb (nur auf regionaler Ebene)