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Stärkste Kurztaktpresse: Vor Weihnachten wurde in St. Johann i. T. die erste Platte konfektioniert © Siempelkamp

50 Mio. €-Investition

Ein Artikel von Gerd Ebner | 30.12.2013 - 14:28
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Stärkste Kurztaktpresse: Vor Weihnachten wurde in St. Johann i. T. die erste Platte konfektioniert © Siempelkamp

In St. Johann wurde bei Egger in Rekordzeit eine neue Siempelkamp-Kurztaktpressenanlage samt hypermodernem Zuschnitt installiert. Im August startete man mit der Montage, am 20. Dezember wurde die erste Platte produziert werden. Parallel dazu wird ein 33 m hohes Hochregallager mit 3040 Stellplätzen aufgebaut. Die Baggerschneise, die derzeit Hallen schleift, gleicht einem chirurgischen Eingriff in die bestehende Bausubstanz, die mit einem Schlag die Logistik am Standort optimieren wird: bestehende Spanplattenproduktion – neues Hochregallager – Beschichtung – Zuschnitt – Verpackung.

Produktion aus Hochregallager

Die Spanplatten können auf kürzestem Weg eingelagert werden. Das Hochregallager endet bei der Presse. Links und rechts von der Presse warten Bleche und Papier, um in einer der stärksten Siempelkamp-Kurztaktpresse KT 700 (bis 700 N/mm2) mit dem Papier versehen zu werden. Egger-Usus: alles im Dekorverbund von Russland bis Großbritannien.
Dass die Platten auf teflonbeschichteten Sternwendern kühlen, unterstreicht den State-of-the-Art-Status der Anlage.
Von der Homag-Powerline werden die Platten anschließend konfektioniert – also gefräst und geschnitten. Den neuen Produktionsprozess beschließt eine Verpackungsanlage.

Jede Beschichtung möglich

„Mit der Anlage können wir jegliche Art von Beschichtung machen“, schwärmt Michael Egger. So seien tiefe, markante Strukturen mit der Super KT machbar. Die Hauptmerkmale des neuen Konzeptes bilden die Vielkolbenbauweise und 40 Zylinderköpfe. Die drucklose Liegezeit wurde zudem auf 0,8 Sekunde reduziert. Die Dimensionsvielfalt gibt man bis 2070/2080 mal 5610 mm an.
Am Markt will man dann im März sein. Wenig später soll die Anlage voll laufen: 24 Stunden, sieben Tage in der Woche.

Interne Abläufe optimiert

50 Mio. € investiert Egger in St. Johann in Lager und Beschichtung. Alleine die 40-Zylinderpresse von Siempelkamp kostete „rund das Doppelte einer normalen Presse“ (Egger). „Die Investition war aber notwendig, um den Standort abzusichern. St. Johann ist aber auch ,nur‘ ein mittelgroßer Standort – ab 2014 sind wir hier wieder top aufgestellt“, erläutert Egger.
Die Verwaltung und der Vertrieb sind in den vergangenen Jahr bei Egger gewachsen. „Wir bekommen ein neues Verwaltungsgebäude, da die Firmenzentrale wächst“, erläutert Egger. Gebaut wird in Modulbauweise aus eigenen Materialien – von konstruktiven Bauprodukten bis hin zum Fußboden. Der moderne Holz-Viergeschosser wird 2015 bezogen werden. Der Bau rückt noch etwas weiter zur Bahnlinie. Dadurch wird nach der neuen Beschichtungslinie Platz frei.

Österreicher performen gut

Das Marktumfeld war in den Vorjahren sehr ambitioniert, betont Egger. Er sieht sein Unternehmen im Konzert der europäischen Hersteller besser positioniert als noch vor der Krise. „Ich würde sagen, alle österreichischen Produzenten haben sich vorteilhafter entwickelt als viele europäische Mitbewerber.“
Auf den für Egger relevanten Rohstoffmärkten stiegen 2012/13 die Preise teilweise deutlich im Vergleich zum Vorjahr. Die Versorgung mit Holz steht besonders durch die zunehmende thermische Energiegewinnung preislich langfristig unter Druck. „Früher konnten wir in St. Johann um 40 % unter den Preisen von Großbritannien einkaufen – jetzt liegen wir 40 % darüber. Das kann man nur schwer verkraften“, zeigt Egger die Relationen auf. „Große Sorge bereitet uns darüber hinaus die Verfügbarkeit der relevanten Holzsortimente. Waren bisher 40 % Sägespäne normal, müssen wir heute mit 10 % auskommen.“

Eigene Kurzumtriebsplantagen

Zur Absicherung und Verbesserung der Holzversorgung baut Egger „vor allem auf langfristige Partnerschaften und Verträge mit seinen Lieferanten und setzt auf eine Strategie der Rückwärtsintegration“. Dazu gründete Egger eigene Forstbewirtschaftungs- und Holz-Recyclingunternehmen und setzt auf Kurzumtriebsplantagen (in Rumänien bisher auf 700 ha, es sollen aber einige 1000 ha werden), Ernte- und Logistiksysteme.
„Wir sind gegen eine einseitige Förderung von Holzverbrennung zur thermischen Verwertung und unterstützen die kaskadische, also stoffliche und thermische, Nutzung von Holz. Wir verbrennen nur die biogenen Brennstoffe, die wir nicht für die Produktion einsetzen können“, betont Egger. In Unterradlberg, Wismar/DE und Brilon/DE, wird Strom durch eigene Kraft-Wärme-Kopplungen erzeugt, womit die höchste Effizienz von Energiegewinnung angestrebt wird. In Radauti wurde gerade eine weitere Biomasseanlage in Betrieb genommen.

Konsolidierung fortgeschritten

Generell ist die Konsolidierung in der Holzwerkstoffindustrie in den vergangenen Jahren weiter vorangeschritten. Es wurden einige Werke geschlossen oder haben den Eigentümer gewechselt. Dies ist auf weiterhin steigende Rohstoffkosten und schwache Märkte vor allem in Südeuropa zurückzuführen.
Bei der MDF-Produktion gab es nach zwei Jahren stabilen Wachstums (2010 und 2011) zuletzt einen leichten Rückgang in Europa (11 Mio. m3 in Europa, exklusive Türkei und Russland). Dieses Produktionslevel liegt wesentlich unter jenem von 2007 (13,3 Mio. m3). Am meisten MDF wird in Deutschland produziert, gefolgt von Polen, Italien, Frankreich und Spanien, wobei Spanien vom dritten auf den fünften Platz rutschte. „In Westeuropa gibt es eher eine Marktstagnation bei MDF. Da hilft es nur, seinen Verkaufsradius zu vergrößern“, spricht Matthias Danzl, Werksleiter Verkauf St. Johann, etwa eine Marktpräsenz in Südamerika an.

Laminat wird teilweise substituiert

Die Auslastung der MDF-Kapazitäten steht im direkten Zusammenhang mit der Absatzentwicklung des Laminatfußbodens. In Westeuropa stagniert der Absatz von Laminatfußboden und geht mit der Bau- und Renovierungsentwicklung teilweise zurück. Es kommt auch vor, dass Laminatfußböden in gewissen Markt- und Preissegmenten durch LVT substituiert werden.
In Summe ist natürlich bei steigenden Rohstoffkosten und sinkenden Absatzmengen im Bereich MDF und bei weiterverarbeiteten Produkten ein erheblicher Auslastungs- und Margendruck gegeben.

800.000 m3 OSB-Kapazität

Die europäische Produktion von OSB ging gemäß Europäischem Plattenverband 2012 leicht zurück (um 2,3 %) und liegt bei 3,5 Mio. m3. In 2013 zeigt ein deutlicher Trend der Absatzzahlen der europäischen OSB-Produzenten nach oben. „Unsere Produktionskapazität ist seit der Inbetriebnahme unseres neuen OSB Werkes in Radauti auf über 800.000 m3/J gestiegen. In den vergangenen beiden Jahren ist es uns gelungen, neue Märkte in Osteuropa für diesen Standort aufzubauen. Gleiches gilt für Westeuropa“, analysiert Egger.
Die europäische Spanplattenproduktion ist 2012 wiederum um 5,5 % gesunken und liegt derzeit gemäß EPF bei knapp 28,7 Mio. m3. Dieses Produktionsvolumen liegt weit unter dem Höhepunkt von 37,8 Mio. m3 2007. 2013 zeigen die ersten Absatzstatistiken des EPF wiederum einen Rückgang von etwa 3 %.

Spanplattenabsatz wuchs

Die produzierte Menge bei Rohplatten lag bei Egger bei knapp 7,3 Mio. m3 Rohplatten (Span, MDF und OSB) inklusive Schnittholz im abgelaufenen Geschäftsjahr. Die größten Steigerungen resultieren aus den Werken Gagarin und Radauti. „Unsere Kapazitäten waren somit im vergangenen Geschäftsjahr gut ausgelastet. Der wesentliche Teil wird als beschichtete Spanplatte oder als Fertigelementveredelt vermarktet. Trotz in Summe negativer Branchentendenzen bei unseren Kunden gelang es, unseren Absatz weiterhin positiv zu entwickeln. 2012 haben wir unsere runderneuerte ZOOM-Handelskollektion eingeführt, aber auch unsere Dekor- und Produktneuheiten für die Möbelindustrie fanden einen guten Anklang“, erklärt Egger.

Sägewerksbau wichtig und richtig

Es war ein richtiger und – wie es sich auch heute bewahrheitet – wichtiger Schritt, in ein Sägewerk in Brilon zu investieren. „Natürlich kann man mit der Ertragssituation im Schnittholzbereich nicht zufrieden sein. Betrachtet man jedoch den kompletten Wertschöpfungsprozess, so macht die Konstellation für uns absolut Sinn. Aktuell planen wir jedoch kein neues Sägewerk, wollen dies aber für die Zukunft nicht generell ausschließen“, legt sich Egger nicht fest.
„Wir konzentrieren uns auf die volle Nutzung der neu geschaffenen Kapazitäten, beispielsweise die Auslastung unseres neuen OSB-Werkes in Rumänien, sowie der verschiedenen Investitionen in der Weiterveredelung, seien es beschichtete Spanplatten, Fertigteile oder Schichtstoff. Daneben investieren wir weiterhin in unsere bestehenden Werke (Hexham, Ramberville/FR, Rion, Bünde, Radauti etc.). Mittel- und langfristig wollen wir weiter wachsen, speziell in Osteuropa. Momentan gibt es jedoch keine konkreten Projekte“, erläutert Egger.

Beidseitige Synchronporen und Klickprinzip

Zur Sicherung seiner Marktposition setzt der Holzwerkstoff-Produzent auf veredelte, designorientierte sowie funktionelle Produkte und ein umfassendes Serviceangebot. So wurden etwa kürzlich als Neuheiten „Egger clic“ für Möbelfertigteile sowie beidseitige Synchronporen-Oberflächen vorgestellt.
Das clic-System ermöglicht die Montage der Möbel gänzlich ohne Werkzeuge. Anstelle von Leim, Schrauben oder Dübeln werden die einzelnen Teile durch ein in das Material gefrästes Verbindungssystem mit Nut und Feder, das an das Klickprinzip bei Laminatböden erinnert, zusammengefügt. Mit Feelwood brachte Egger erstmals beidseitige Synchronporen-Oberflächen für Möbel auf den Markt. Diese Oberflächen zeichnen sich dadurch aus, dass ihre haptische Struktur spürbar und sichtbar dem optischen Verlauf der Maserung folgt und so den Eindruck von echtem Holz unterstreicht.

Aller Anfang ist schwer

Mit der Produktion von Eurolight Leichtbauplatten hatte Egger im Stammwerk St. Johann in Tirol bereits vor sieben Jahren begonnen. Wie es so oft bei Innovationen der Fall ist, brauchte es eine gewisse Anlaufzeit, bis der Markt die Vorteile des Produkts aufgreift. Die ersten fünf Jahre waren von intensiven Gesprächen und Beratungstätigkeiten geprägt. Der Erfolg war bedingt, aber gerade in den vergangenen beiden Jahren wurde die Auslastung immer besser.
„Wir konnten seit 2011 einen Umsatzzuwachs von 30 % verzeichnen. Dies belegen die Möglichkeiten von Leichtbau, die wir schon frühzeitig erkannt haben. Natürlich ist sehr viel Vorarbeit zu leisten, um die Kunden von den Produktvorzügen zu überzeugen und dieses Potenzial auch zu nutzen“, erläutert Danzl.
Auch in diesem Jahr rechnet Egger für Eurolight mit einer Umsatzsteigerung. Ungeachtet dessen wird die weiterhin sich verschärfende Holzversorgungssituation in West-, aber auch Osteuropa für den Nachdruck sorgen, Investitionen auf der Kundenseite in Anlagentechnologie und Produktdesign zu forcieren.GE