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ACB-Torrefizierungsreaktor der Andritz-Pilotanlage in Frohnleiten, die eine Kapazität von 1?t/h aufweist © Andritz

30 % höherer Heizwert

Ein Artikel von Christoph Zeppetzauer | 17.09.2013 - 15:30
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ACB-Torrefizierungsreaktor der Andritz-Pilotanlage in Frohnleiten, die eine Kapazität von 1?t/h aufweist © Andritz

Die ACB-Torrefizierung (Accelerated Carbonized Biomass) wurde von einem österreichischen Konsortium, bestehend aus Andritz, Polytechnik sowie Wild & Partner, unter der Federführung von Andritz entwickelt. Als wissenschaftlicher Partner fungierte dabei das Österreichische Forschungsinstitut (OFI). Die grundlegenden Forschungsarbeiten wurden 2007 begonnen. 2009 wurde ein Projekt gemeinsam mit den Gemeindebetrieben Frohnleiten zur Realisierung einer Pilotanlage gestartet. Dieses wurde durch das Klima- und Energiefond-Programm „Neue Energien 2020“ gefördert.

Was heißt Torrefizierung?

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Das Rohmaterial wird zerkleinert und von Störstoffen befreit, bevor es in der Torrefizierungssanlage zu Brennstoff verarbeitet werden kann © Christoph Zeppetzauer

Der Begriff „Torrefizierung“ leitet sich vom französischen Wort „torréfier“ ab, das „rösten“ bedeutet und ursprünglich hauptsächlich in der Kaffeeverarbeitung verwendet wurde. Bei diesem thermischen Verfahren handelt es sich um eine milde Pyrolyse, welche bei relativ niedrigen Temperaturen (250 bis 300° C) in sauerstoffarmer Atmosphäre abläuft. Dabei wird die in der Biomasse enthaltene Hemizellulose zersetzt. Die entstehenden niederkalorischen Bestandteile, wie Wasser, CO2, CO und verschiedene organische Säuren, werden in die gasförmige Phase übergeführt. Der verbleibende Feststoff hat um bis zu 30 % weniger Masse, aber nur um etwa 10 % weniger Energieinhalt. Durch die Torrefizierung steigt der Heizwert der Biomasse um bis zu 30 %. 1 t Kohle hat einen Heizwert von 28 bis 35 GJ, 1 t gewöhnliche Holzpellets kommt auf rund 15 bis 19 GJ und 1 t torrefizierte Briketts auf 21 bis 24 GJ. Ein weiterer Vorteil sind die aufgrund der geringeren Masse deutlich reduzierten Transportkosten sowie die verbesserte Mahlbarkeit.

Wie funktioniert Torrefizierung?

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Torrefizierte Briketts weisen eine weit höhere Energiedichte und daher einen um bis zu 30?% höheren Heizwert auf © Andritz

Im Wesentlichen umfasst der ACB- Torrefizierungsprozess fünf Stufen:Trocknung der BiomasseTorrefizierung der BiomasseSchwachgasverbrennung (Energiebereitstellung)Konditionierung der torrefizierten BiomasseVerdichtung der torrefizierten Biomasse (Brikettierung, Pelletierung)Die Biomasse wird zunächst in einem Bandtrockner auf mehr als 90 % Trockensubstanzgehalt getrocknet. Anschließend erfolgt in einer rotierenden, indirekt beheizten Trommel die Weiterbearbeitung. Hierbei wird unter Luftabschluss und Wärmeeinwirkung (250 bis 300° C) die Hemizellulose in der alternativen Biomasse in die Gasphase übergeführt (Pyrolyse). Dadurch steigen die Energiedichte und damit der Heizwert der alternativen Biomasse. Anschließend wird die torrefizierte Biomasse gekühlt und entweder in einer Pelletspresse oder einer Brikettspresse verdichtet. Das bei der Torrefizierungsreaktion entstehende Schwachgas wird in einem Biomasserostofen mitverbrannt und liefert somit einen Großteil der erforderlichen Prozesswärme. Folgende Vorteile ergeben sich in der Verbrennung durch torrefizierte Biomasse:erhöhter Heizwert (21 bis 24 GJ/t), verglichen mit normalen Holzpellets (15 bis 19 GJ/t)geringerer Energieaufwand durch verbesserte Mahlbarkeit (im Vergleich zu herkömmlichen Holzpellets)geringere Transportkostenhohe Zufeuerungsraten (zum Beispiel in Kohlekraftwerken zur Reduktion der CO2-Emissionen)hohe Rohstoffverfügbarkeit

Die ACB-Pilotanlage

Die erste Pilotanlage in Österreich wurde auf dem Gelände der Abfallbehandlungsanlage Frohnleiten errichtet und umfasst den kompletten ACB-Prozess. Die Anlage hat eine Kapazität von 1 t/h an torrefiziertem Material und dient der Optimierung des Verfahrens im industriellen Maßstab sowie der Erprobung von unterschiedlichen biogenen Rohstoffen für die Weiterverarbeitung zu hocheffizientem Brennmaterial. Der Schwerpunkt der ACB-Technologie liegt zukünftig nicht auf der Torrefizierung von holzartiger Biomasse, sondern von alternativer Biomasse, wie etwa Grünschnitt oder Abfällen aus der Landschaftspflege.

Briketts aus Grünschnitt

Kürzlich wurde gemeinsam mit Komptech, Frohnleiten, und den Gemeindebetrieben Frohnleiten eine Pilottestreihe erfolgreich abgeschlossen, die aus Grünschnitt und Landschaftspflegematerial hochwertige Briketts mit kohleähnlichen Heizeigenschaften herstellt. Die Aufbereitung von Grünschnitt vor der Torrefizierung erfolgt mit Trennaggregaten von Komptech, die das Ausgangsmaterial zerkleinern und von Störstoffen, wie Steinen und Metall, befreien. Durch Siebungen werden mineralische Feinanteile, wie Erde, entfernt, damit der Brennstoff möglichst wenig Asche enthält. Der so aufbereitete Rohstoff wird der ACB-Torrefizierung zugeführt. Der im Grünschnitt vorherrschende Holzmix erweist sich für die Verarbeitung als sehr geeignet. Bei gut definiertem Eingangsmaterial mit geringem Fremdstoffanteil werden durch die Torrefizierung Brennstoffqualitäten erreicht, die sich optimal für den Einsatz als hocheffiziente Ersatzbrennstoffe eignen. Dazu sagt Klaus Trattner, Senior Manager Thermal Systems bei Andritz Separation: „In enger Zusammenarbeit mit unserem Partner haben wir das Ziel erreicht, aus minderwertiger alternativer Biomasse möglichst hochwertiges Brennmaterial zu erzeugen.“

Wo liegen die Chancen?

Damit lässt sich auch im österreichischen Umfeld jenes Konzept verwirklichen, das generell als Triebfeder hinter der Torrefizierung von Biomasse steht: Aufwertung von Stoffmengen, die bislang aus der Verwertungskette ausscheiden oder die gar nicht in die Verwertungskette gelangen. Letzteres trifft im internationalen Umfeld auf Regionen zu, die abseits großer Verkehrsrouten liegen und in denen ein Überangebot an Biomasse herrscht. Durch die Torrefizierung werden der Transport, die Lagerung und die Verfeuerung der Biomasse im großen Maßstab ermöglicht.

Kapazitäten nach Kundenbedarf

Je nach gewünschter Kapazität bietet Andritz zwei Ausführungen von Torrefizierungsanlagen an. Für sehr große Kapazitäten bis zu 1 Mio. t/J liefert man Anlagen, bei denen ein vertikales druckbeaufschlagtes Fließbett als Torrefizierungseinrichtung dient. Für kleine und mittelgroße Linien mit einer Kapazität von 50.000 bis 250.000 t/J können Anlagen des Typs ACB angeboten werden. Für beide Anlagetypen gibt es erste erfolgreiche Referenzen, wie die 2011 in Betrieb genommene Anlage in Frohnleiten oder jene in Stenderup/DK, die seit Herbst 2012 läuft.

Bedarf gibt es weltweit

Andritz verfolgt derzeit mehrere Torrefizierungsprojekte weltweit. Potenzielle Kunden sind vor allem Pelletshersteller, die ihre Produktpalette um torrefizierte Pellets oder Briketts für Kohlekraftwerke erweitern wollen. Dr. Doris Thamer, Application Manager Organic Waste & Biomass, präzisiert: „Schon heute werden in den Kohlekraftwerken der EU 4,5 Mio. t Biomasse jährlich mitverfeuert. Während diese Kraftwerke mit Hackschnitzeln – aufgrund der Probleme mit der Vermahlung – durchschnittlich eine Zufeuerungsrate von 15 % erreichen, sind mit torrefizierter Biomasse bis zu 100 % realisierbar.“